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Potsdam-Mittelmark: Kammerspiele sind wieder feste Adresse
Genossenschaft benötigt Jahreszuschuss von 100 000 Euro – und wird wohl immerhin 75 000 bekommen
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Kleinmachnow - Carolin Huder und ihr Team haben es geschafft – fast jedenfalls. Die Neuen Kammerspiele in Kleinmachnow sind zwei Jahre nach dem Betreiberwechsel wieder eine feste Adresse im Ort – wobei in finanzieller Hinsicht noch ein paar Fragezeichen hinter der Zukunft des Kultur- und Kinohauses stehen. „Wir werden überrollt und sind fast nur am Reagieren“, sagt Huder. „Mit diesem Ansturm haben wir nicht gerechnet.“ Huder hat ausgerechnet, dass in diesem Jahr bislang etwa 25 000 Gäste die Veranstaltungen und Angebote des Hauses genutzt haben. Allein rund 10 000 Kinobesucher wurden gezählt, wobei der Film „Monsieur Claude und seine Töchter“ in Kleinmachnow zum Straßenfeger wurde.
Huder hat als Geschäftsführerin der „Kulturgenossenschaft Neue Kammerspiele“ das Veranstaltungskonzept vor einem Jahr einjustiert – offenbar erfolgreich. Neben anspruchsvollem Kino gibt es Konzerte, Lesungen, Theater und Kabarett. Während im Kino derzeit Filme wie „Die Geliebten Schwestern“, „Das Salz der Erde“ oder „Quatsch und die Nasenbärbande“ laufen, treten auf der Bühne das Berliner Kaiser-Cornet-Quartett, die Maxim-Kowalew-Donkosaken oder das Pappalapapp-Materialtheater für Kinder auf. Zum Jahreswechsel gibt es einen Hip-Hop-Jam und ein Karaoke-Konzert. Schulklassen nutzen den Standort für Filmvorführungen und Diskussionen, alles zu moderaten Preisen.
Durch die neue Kultkneipe „Schröders“, die vor einem halben Jahr hier den Betrieb wieder aufnahm, wird zusätzliches Publikum angelockt. Nebenbei wird die denkmalgeschützte Bühne als Probenort, zum Beispiel von der Musical-Manufaktur, genutzt. „Wir sind ein Ort geworden, wo man sich gern aufhält und immer jemanden trifft“, sagt Valeska Hanel, die Huder als Kinoexpertin und PR-Frau zur Seite steht. Vier Leute sind bei der Genossenschaft fest angestellt, hinzu kommt ein Team von etwa 20 Aushilfskräften.
Finanziell bleibt der Betrieb des Hauses ein Balanceakt, sagt Huder. Die Gemeinde hat für die vergangenen zwei Jahre insgesamt 400 000 Euro bereitgestellt, um dem Kulturbetrieb und dem alterschwachen Haus wieder auf die Beine zu helfen. Die Ton- und Lichtinstallation wurden davon aufgerüstet, dringende Reparaturen vorgenommen und mit Brandschutzeinbauten begonnen, die bis März abgeschlossen werden sollen. 130 000 Euro sind von der Anschubfinanzierung noch übrig, sagt Huder.
Die neuen Betreiber haben ihrerseits für Einnahmen gesorgt. In die Kulturgenossenschaft haben 170 Mitglieder eingezahlt, für die Umstellung auf digitale Kinotechnik wurden Fördermittel in Größenordnungen eingeworben. Derzeit werden Stuhlpatenschaften vergeben, um die 270 Kinosessel aus den 30er-Jahren, die zur denkmalgeschützten Einrichtung gehören, neu beziehen zu lassen. Für die Hälfte der Sessel ist das Geld schon da, den Paten wird es durch ein Schildchen auf den Lehnen gedankt.
Doch der Betrieb des Hauses verschlingt jährlich 350 000 Euro, die sich nicht komplett aus den Erlösen decken lassen. Der Andrang macht auch einen hohen Personaleinsatz notwendig, sagt Huder – wobei man auf Einhaltung sozialer Standards achtet. Ein Schwerbehinderter gehört zum Team und auch Schülerpraktikanten lernen hier den Kulturbetrieb kennen. „Auf dem Niveau und zu diesen Eintrittspreisen können wir nur mit einem Gemeindezuschuss weiterarbeiten“, sagt Carolin Huder. Den jährlichen Zuschussbedarf beziffert sie m it 100 000 Euro. In der Gemeindevertretung soll am Donnerstagabend zumindest über einen Zuschuss von 75 000 Euro für die kommenden zwei Jahre entschieden werden, etwas gespart werden muss also auf jeden Fall, weiß Huder.
Der Vorsitzende des Kulturausschusses der Gemeinde, Wolfgang Nieter (CDU), glaubt immerhin, dass die Chancen für die Förderung gut stehen. „Der Betrieb der Kammerspiele läuft gut und das Angebot wird angenommen“, sagte Nieter gegenüber den PNN. Dass der große Ansturm dauerhaft zu zusätzlichen Kosten führen soll, will ihm allerdings nicht in den Sinn.
Nieter hatte auch gehofft, dass von der Anschubfinanzierung mehr in die Sanierung des Hauses und weniger in den Betrieb gesteckt wird. „Die Genossenschaft muss darauf achten, dass ordentlich und transparent gewirtschaftet wird.“ Er begrüßt, dass die Zahlung des Zuschusses daran gebunden ist, dass die Genossenschaft einen Wirtschafts- und Investitionsplan für die nächsten beiden Jahre liefert. Das Projekt Kammerspiele sollte „wohlwollend, aber nicht unkritisch“ begleitet werden, so Nieter.
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