Erste Konsequenzen nach Urteil aus Karlsruhe: Kanalbeiträge müssen nicht bezahlt werden
Kleinmachnow/Michendorf - Einen Tag nach dem Altanschließer-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes haben die Wasser- und Abwasserzweckverbände „Der Teltow“ und „Mittelgraben“ erste Konsequenzen gezogen: In einer Sondersitzung der Verbandsvorsteher Michael Grubert und Reinhard Mirbach wurde entschieden, den Vollzug der in den vergangenen Wochen erlassenen Beitragsbescheide bis zum Ende der Widerspruchsverfahren auszusetzen. Kunden, die den Bescheiden widersprochen haben, müssen also nicht zahlen.
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Kleinmachnow/Michendorf - Einen Tag nach dem Altanschließer-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes haben die Wasser- und Abwasserzweckverbände „Der Teltow“ und „Mittelgraben“ erste Konsequenzen gezogen: In einer Sondersitzung der Verbandsvorsteher Michael Grubert und Reinhard Mirbach wurde entschieden, den Vollzug der in den vergangenen Wochen erlassenen Beitragsbescheide bis zum Ende der Widerspruchsverfahren auszusetzen. Kunden, die den Bescheiden widersprochen haben, müssen also nicht zahlen.
Die neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts werde ab Januar geprüft, so Grubert und Mirbach in einer gemeinsamen Pressemitteilung. „Natürlich werden auch all diejenigen, die bereits den Beitrag entrichtet und keinen Widerspruch eingelegt haben, gleichermaßen in die Prüfung der Rechtslage miteinbezogen.“ Es werde im Sinne der Gleichbehandlung entschieden. „Alle Bescheidempfänger werden wir unaufgefordert im neuen Jahr informieren.“
Seit der Wende läuft ein Streit um Gebühren für Abwasseranschlüsse aus DDR-Zeiten. Bisher mussten die auch nachträglich gezahlt werden. Nach dem Urteil das Bundesverfassungsgerichts soll das ein Ende haben. Es hat auch Auswirkungen auf die Nacherhebung von Kanalbeiträgen, wie sie derzeit im Mittelgraben- und Teltowverband läuft. Weil in den Nachwendejahren angeblich zu wenig kassiert wurde, sind Kanalbeiträge jetzt zum zweiten Mal erhoben worden.
Hintergrund ist sowohl bei den Alt- als auch bei den Neuanschließern eine Klarstellung des Landes vom Februar 2004 im Kommunalabgabengesetz, mit der die Risiken der vierjährigen Verjährungsfrist für solche Vorgänge auf die Verbraucher abgewälzt wurden. Die Frist beginnt demnach erst mit der ersten gültigen Satzung. Wurden Satzungen durch Rechtsprechung aufgehoben, begann die Frist von Neuem. Von drei Rechtsinstanzen wurde das so bestätigt, erst das Bundesverfassungsgericht sah den Vertrauensschutz und das Rückwirkungsverbot verletzt.
Mirbach und Grubert lieferten gestern eine erste vorsichtige und etwas umständliche Interpretation des Urteils: Beitragspflichtige für jene Grundstücke, die vor dem Februar 2004 an die öffentliche Anlage angeschlossen waren, könnten nicht mehr zu einem Beitrag herangezogen werden, wenn zuvor schon einmal eine – selbst unwirksame – Beitragssatzung erlassen worden ist und die Verjährung abgelaufen war.
„Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hebt damit die Rechtsprechung der brandenburgischen Gerichtsbarkeit aus den vergangenen zehn Jahren auf“, heißt es in der Mitteilung weiter. Auf die Auswirkungen auf die abkassierten Altanschließer in den Verbänden gingen die Vorsteher gestern noch nicht explizit ein. Dem Vernehmen nach wird aber auch für diese Fälle die neue Rechtslage intensiv geprüft.
In beiden Verbänden wurden insgesamt gut zehn Millionen Euro Altanschließerbeiträge eingenommen. Aus den aktuellen Nacherhebungen wurden Einnahmen von über zehn Millionen Euro kalkuliert, aber auch Rückzahlungen von sieben Millionen. Nicht auszuschließen sei, dass Beiträge, die jetzt womöglich zurückzuzahlen sind, auf Abwassergebühren umgelegt werden müssen, wie es aus mehreren Verbänden bereits hieß. Henry Klix
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