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An den Beginn der Befreiungskriege gegen Napoleon vor 200 Jahren wurde am Wochenende in Geltow erinnert. Zu den Initiatoren der Zeitreise gehörte der Historiker Frank Bauer  hier in historischer Uniform.

© Manfred Thomas

Von Thomas Lähns: Kanonendonner in Baumgartenbrück

Schill-Biwak führte die Geltower und ihre Besucher auf eine Zeitreise

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Schwielowsee – Authentischer hätte das Bild kaum sein können: Eine ganze Zeltstadt ist am Wochenende im Geltower Brückenpark entstanden. Schnur an Schnur knapp 50 Stoffbehausungen, vor den meisten ein kleines Küchenfeuer, um Suppe oder Kaffee warm zu halten. Während Frauen mit Töpfen hantieren oder sich Stickereien widmen, sitzen Männer beieinander und tauschen Gefechtserfahrungen aus. Viele von ihnen sind in den schwarzen Uniformen des Lützowschen Freikorps hergekommen, aber auch reguläre Truppen sind dabei: preußische Infanteri, Artillerie und Husaren. Hin und wieder erschüttert ein lauter Knall das Gelände: Auf der Freifläche nebenan exerzieren Kanoniere mit einem Sechspfünder.

Mit ihrem Schill-Gedenk-Biwak haben die Geltower eine Zeitreise unternommen: 200 Jahre zurück zum Anfang der Befreiungskriege gegen Napoleon. 1809 startete Major Ferdinand von Schill mit seinem 2. Brandenburgischen Husarenregiment zu einem Feldzug gegen die Besatzer. Die Truppe, die zum Schluss auf knapp 2000 Mann angewachsen war, ritt von Berlin aus durch Preußen, Sachsen, die Altmark und Mecklenburg, schlug ihr Lager am 28. April in Geltow auf. Nur einen Monat später fiel der Kommandeur in Stralsund. Er hatte ein Fanal gesetzt, auch wenn es noch vier Jahre dauerte, bis andere seinem Beispiel gefolgt und gegen das französische Kaiserreich in den Krieg gezogen sind.

Zwei dieser Offiziere, Generalfeldmarschall Blücher und sein Stabschef Gneisenau, sind - so scheint es zumindest - am Wochenende in Geltow dabei. „Aber Blücher selbst war nur einmal in Waterloo - ich war schon drei Mal dort“, sagt der Mann in grau-blauer und hoch dekorierter Husarenuniform augenzwinkernd. Er heißt eigentlich Klaus Beckert, stammt aus Leipzig und ist Mitglied im Verein „Völkerschlacht 1813 e.V.“. Seit den 80ern spielt er den Blücher, sei es bei Jubiläumsfeiern oder wenn historische Schlachten wie die letzte gegen Napoleon von 1815 nachgestellt werden. Die Ähnlichkeit ist frappierend, „aber das meiste macht die Uniform“, sagt der Darsteller.

Unter einem Pavillon sitzen Beckert und sein Kollege Michael Reibert alias Gneisenau mit einem weiteren Offizier zusammen: Oberstleutnant Ferdi Akaltin, Kommandeur des Stabs- und Fernmeldebataillons des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr. Seine Leute haben sich unter die beruflichen Vorfahren gemischt und präsentieren eigene Einsatztechnik wie Waffen und Fahrzeuge. Seit einem Jahr hat die Pateneinheit der Gemeinde Schwielowsee zusammen mit dem Historiker Frank Bauer und Geltows Ortschef Heinz Ofcsarik die Veranstaltung geplant. „Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, mit der Bevölkerung in engeren Kontakt zu kommen“, sagt Akaltin, der solche Begegnungen für sehr wichtig hält. In Sachen Befreiungskriege ist er Experte, hat zu dem Thema promoviert. Schill habe in seinen Augen eine ungeheure Tat vollbracht: „Er hat gezeigt, was bei uns heute grundsätzlich ist: Das Prinzip ist Gehorsam, aber der Mensch steht über diesem Prinzip“, so Akaltin.

Bundeswehr und Gemeinde sind bei dieser Gelegenheit noch enger zusammengerückt. Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) ist zudem stolz, dass man sich am Schwielowsee mittlerweile über die Ortsteilgrenzen hinaus auch mit der Historie beschäftige. Schon lange vor dem Biwak sind der Schill-Gedenkstein und das Plateau zwischen Franzensberg und Baumgartenbrücke mit Haushaltsmitteln saniert worden, auch für die Veranstaltung wurde Geld gegeben. „Neben Tourismus und sozialer Infrastruktur zeichnet mittlerweile auch die Geschichte unsere Gemeinde aus“, so Hoppe.

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