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Potsdam-Mittelmark: Kaufmänner in die Rathäuser

Das kommunale Finanzmanagement soll nach dem Vorbild der Betriebswirtschaft geregelt werden – Stahnsdorf als Testkommune interessiert

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Das kommunale Finanzmanagement soll nach dem Vorbild der Betriebswirtschaft geregelt werden – Stahnsdorf als Testkommune interessiert Von Peter Könnicke Stahnsdorf. Die Thüringer erproben es, die Saarländer untersuchen es, die Hamburger tun es bereits: Bundesweit wird in Städten und Gemeinden nach neuen Wegen gesucht, um den Fluss des Geldes durch die Kommunen besser verfolgen und steuern zu können. Das neue Schlagwort, dass dabei auf jedem Treffen der Innenminister der Länder fällt heißt „Doppik“. In Brandenburg sind die Vorbereitungen zur Einführung eines neuen kommunalen Finanzmanagement abgeschlossen, Innenministerium und der Städte- und Gemeindebund haben Kommunen aufgefordert, sich für Pilotprojekte zu bewerben. In Stahnsdorf zeigt sich Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) äußerst interessiert. Die von ihm gern propagierte „Haushaltsklarheit und -wahrheit“ würde durch einen weitaus gründlicheren Blick auf die Vermögenslage des Ortes unterstrichen werden. „Das ist wesentlich schärfer und ehrlicher“, bewertet Enser die kaufmännische Doppik. Den Gemeindevertretern wird Enser noch in diesem Monat vorschlagen, Stahnsdorf als interessierte Testgemeinde anzumelden. Was für jeden Buchhalter in einem Unternehmen gängige Praxis ist, soll in Rathäusern und Gemeindeämtern Einzug halten: die doppelte Buchführung in Konten – kurz Doppik – mit einer Darstellung von Soll und Haben. Die Doppik ermöglicht erstmalig einen vollständigen Überblick über das Vermögen einer Kommune und macht den tatsächlichen Verbrauch der öffentlichen Ressourcen sichtbar. Spiegelte bislang die Kameralistik nur den Geldverbrauch, also Einnahmen und Ausgaben wider, soll das kaufmännische Rechnungswesen den tatsächlichen Mittelverbrauch vollständig erfassen, abbilden und dabei dokumentieren, wie sich staatliches Vermögen und Verpflichtungen der öffentlichen Hand entwickeln. In einer Eröffnungsbilanz sind alle Vermögensbestände der Kommune erscheinen: Grundstücke, Straßen, Rücklagen. Die erstmalige Erfassung ist aufwändig, doch wird in der jährlichen Fortschreibung der Erhalt oder der Verbrauch der Ressourcen sichtbar. Durch die Doppik werden Ertrag und Aufwand gegenübergestellt. Übersteigen Aufwendungen die Erträge, wird Vermögen verzehrt. Würde in einer Kfz-Werkstatt die Reparatur eines Autos mehr kosten, als am Ende durch die Rechnung an den Kunden in die Kasse kommt, ist das Ergebnis unschwer vorauszusehen: der Betrieb geht pleite. In Kommunen wie Stahnsdorf passiert das gleiche, nur ist der Prozess durch die traditionelle Rechnungspraxis nicht so offensichtlich erkennbar: 120 000 Euro sind im diesjährigen Haushalt für die Instandhaltung von Straßen eingestellt, 120 000 Euro werden am Ende des Jahres auch ausgegeben sein. Die Kameralistik bildet diesen Geldverbrauch ab. Die Doppik tut mehr: Die verlangt am Ende des Jahres in einer Bilanzrechnung eine Wertangabe der Straßen. Der Wert hat sich durch ledigliche Instandhaltungen nicht erhöht. „Dadurch wird viel deutlicher, dass dieses Geld nur konsumiert und nicht investiert wurde“, lobt Enser die Darstellung. Die finanzrelevanten Entscheidungen der Gemeindevertretung würden mehr Transparenz erlangen: Wenn nach dem Ausgeben gemeindlicher Gelder als Ergebnis eine Null stehe, werde so mancher Etatansatz mit mehr Verantwortung hinterfragt werden, erwartet Enser. Der Ruf, dass Kommunen nach den strengen wirtschaftlichen Regeln eines Betriebes geführt werden soll, ist nicht neu. Bereits in den 1970er Jahren versuchten Finanzwissenschaftler das städtische Rechnungswesen umzukrempeln. Heute ist die Einführung der Doppik in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich vorangeschritten. In Brandenburg soll 2007/08 der Einsatz betriebswirtschaftlicher Instrumente und Methoden im städtischen Finanzmanagement gesetzlich festgeschrieben werden. Dass sich Stahnsdorf im Vorfeld als Testkommune anbietet, begründet Enser auch mit der neu eingeführten EDV-Technik, die für eine doppische Haushaltsführung geeignet ist. „Eine schlüssige Geschichte,“ meint Enser. Er würde sich zudem wünschen, dass sich Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow gemeinsam für das Pilotprojekt bewerben.

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