zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: „Kaufmarsch“ zum Discounter

20 Jugendliche demonstrierten gegen Globalisierung

Stand:

Kleinmachnow - Bei McDonalds wird Oliver den Samstagabend nicht verbracht haben. Denn der Fastfood-Konzern sei einer der großen Profiteure der Globalisierung. Und der 18-jährige Gymnasiast hat so seine Probleme mit dem wachsenden internationalen Beziehungsgefüge: Dessen alleiniger Nutznießer sei – in einfacher Klassenkampfrhetorik gesprochen – „das Kapital“. Fast überall auf der Welt könne man unter dem großen „M“ Hamburger und Pommes essen. Die Bedingungen jedoch, unter denen die McDonalds-Beschäftigten arbeiten müssen, seien „nicht tragbar“, meint Oliver. Das habe er recherchiert. Und da außerdem die Zutaten, die in der Bulettenschmiede aufs Brötchen kommen, nicht aus biologischem Anbau seien, bekommt auch McDonalds sein Fett ab, als Globalisierungsgegner am Samstag durch Kleinmachnows Straßen zogen.

Mit 50, vielleicht sogar Demonstranten, hatte Steffen Lehnert von der “solid-Ortsgruppe gerechnet. Am Ende sind es 20 Jugendliche, die zur Protestnote umdekorierte Einkaufswagen vom Rathaus-Markt zur Karl-Marx-Straße schieben. Die Dekorationen verlangen durchaus Interpretationsgeschick: Sie symbolisieren Anklagen gegen Gen-Produkte, sind Protest gegen die Pressezensur in Russland und den Irak-Krieg im Besonderen und gegen unreflektiertes Konsumverhalten im Allgemeinen. Aus einem Kleintransporter dröhnt Protest-Mugge: Man singt von Contra und Revolution.

Für ein „Beben in der Vorstadt“, wie es die „sozialistische Jugend“ angekündigt hat, reicht die Aktion es nicht. Trotzdem findet es Wolfgang Kreemke von der örtlichen Linkspartei „gut, dass sie es machen“ und die jungen Leute sich nach den Polizeiaktionen gegen G 8-Gegner dennoch auf die Straße wagen. So friedlich wie in Kleinmachnow wird sich die Polizei in den kommenden Tagen jede Protestaktion wünschen.

„Kaufmarsch gegen G 8“ haben die jungen Demonstranten ihren Protestzug genannt und einen Bogen von Heiligendamm nach Kleinmachnow geschlagen. Wenn sich im Juni die Vertreter der acht mächtigsten Industriestaaten in dem Ostseebad über die „Ausgestaltung der globalisierten Weltwirtschaft“ unterhalten, sollte man auch am Machnower See hinterfragen, was die Folgen der Globalisierung sind. Die Kleinmachnower, die am Samstagnachmittag ihren Wochenendeinkauf über den Rathausmarkt rollten, sollten überlegen, wo auf der Welt für den Discount im hiesigen Supermarkt letztlich der wahre Preis gezahlt wird. Ein Ehepaar, das der Protestbewegung neugierig begegnete, kam zu der Feststellung: „Naja, wir trinken Kaffee aus Südamerika ohne zu wissen, wie es dort auf den Plantagen zugeht.“

Dass es für fairen Konsum und Handel harter Überzeugungsarbeit bedarf, weiß Frederike aus ihrer eigenen Familie. Nicht immer könne sich die 18-Jährige bei ihren Eltern durchsetzen, im Biomarkt einzukaufen oder auf Fair-Trade-Etikette zu achten. Ihr “solid-Mitstreiter Lehnert wird gleich agitieren, dass es zum Umdenken „dauerhaften Protest“ brauche – „an jedem Ort, auch im Hinterland“. Und auch am heimischen Küchentisch der jugendlichen Demonstranten. pek

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })