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Von Tobias Reichelt: Kein Anschluss im Teltower Callcenter

O2 und Arvato halten sich mit Zukunftsaussagen zurück / Verdi kritisiert Wirtschaftsministerium

Stand:

Teltow - Das frühere O2-Callcenter in Teltow hat offenbar kaum noch eine Perspektive. Anfang Februar hatte sich ein Großteil der Belegschaft des Standortes in der Rheinstraße gegen die Übernahme durch die Bertelsmann-Tochter Arvato ausgesprochen. Die Angestellten fürchteten um ihre Jobs. Nicht zu Unrecht, wie sich jetzt zeigt. Weder an den Aussagen von O2 noch von Arvato lässt sich ablesen, dass das Callcenter eine Zukunft hat.

„Ziel der Lösung mit Arvato war es, dass die Kriterien für die Fördergelder bis Ende des Jahres erfüllt werden“, sagte O2-Sprecher Albert Fetsch auf Nachfrage gegenüber den PNN. Das Land Brandenburg hatte dem Mobilfunker O2 den Aufbau seines Regionalbetriebs Ost und des Callcenters in Teltow gefördert. Insgesamt flossen in den vergangenen zwölf Jahren 15,44 Millionen Euro. Die an einen Teil der Fördergelder geknüpfte letzte Bindungsfrist – die Zeit, in der ein geförderter Betrieb keine Stellen abbauen darf – läuft Ende dieses Jahres aus.

Viel weiter will auch Arvato-Sprecher Gernot Wolf nicht in die Zukunft des Teltower Callcenters blicken: „Wir werden das Callcenter in diesem Jahr weiter betreiben.“ Näheres wollte er nicht sagen. „Sie wissen ja, wir haben ein weiteres Service-Center in Potsdam“, fügte er hinzu. Auf die Frage, ob eine Zusammenlegung denkbar sei, will Wolf nicht antworten. Das Unternehmen hatte 20 Angestellte von O2 übernommen. Um den Betrieb in Teltow aufrechtzuerhalten, wurden 70 Leih- und Zeitarbeiter eingestellt.

Von 190 O2-Angestellten hatten 170 die Übernahme des Teltower Callcenters abgelehnt. „Die Mitarbeiter sind freigestellt“, sagte O2-Sprecher Fetsch. Kündigungen gab es nicht, noch nicht. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat laufen. „Wir haben immer klar gesagt, es gibt zwei Möglichkeiten: Kündigung oder Weiterbeschäftigung“, sagte Fetsch.

Die Chancen auf eine Weiterbeschäftigung dürften allerdings nicht gut sein: Der Mobilfunker O2 betreibt keine weiteren Callcenter in der Region, die nächstgelegen Standorte wären Rostock und Hamburg. Die Kündigungen hingegen könnten sich bis Jahresende hinziehen.

Das brandenburgische Wirtschaftsministerium sieht dennoch keine Veranlassung, den Fördertatbestand erneut zu prüfen, sagte Sprecher Steffen Streu. Ende vergangenen Jahres blieb das Ministerium damit erfolglos. Konkret ging es um die Rückzahlung einer Teilsumme von 3,6 Millionen Euro. „Wir beobachten die Situation“, sagte Streu. Arvato habe mit dem Callcenter alle Rechte und Pflichten übernommen. Zudem sei es allein die Entscheidung der O2-Mitarbeiter gewesen, den Wechsel zum neuen Arbeitgeber nicht mitzuvollziehen.

Das kann Verdi-Sprecher Jan Jurczyk nicht nachvollziehen: „Die O2-Mitarbeiter hatten keine freie Entscheidung zu treffen, sie hatten die Wahl zwischen Pest und Cholera.“ Sich gegen die Übernahme auszusprechen, sei die einzige Möglichkeit gewesen, sich als Mitarbeiter zum Verkauf zu verhalten, so Jurczyk. Er sprach von einem üblichen Gang, dass O2 nun wohl die Kündigungen bis zum Jahresende hinauszögere. Dann ist die Bindefrist ausgelaufen. „Das ist möglicherweise ein Anlass für das Ministerium, jetzt nicht genau hinzusehen“, vermutet Jurczyk. Auch beim neuen Callcenter-Betreiber Arvato sieht er schwarz. So hatte das Unternehmen 2007 in Potsdam ein Callcenter der Telekom übernommen. Zwei Jahre später wurde es zugunsten des zweiten Arvato-Standortes in Potsdam geschlossen. 49 Mitarbeiter wurden gekündigt. „Das ist der typische Arvato-Stil“, sagte Jurczyk.

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