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Potsdam-Mittelmark: Kein Boot in Werder
ILB zahlte für Segeljachten auf der Ostsee mit Fördermitteln für Haveltourismus
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Werder (Havel) / Potsdam - Es ist bestimmt ein schöner Ostseetörn mit aufgeblähten Segeln, beginnend auf Rügen, durch den Strelasund und den Fehmarnbelt. Und kurz vor der Kieler Förde funkelt dann das Ziel: der Wendtorfer Strand. Die luxuriös ausgestatteten Segeljachten, die dafür bei einem mecklenburgischen Charterbetrieb gemietet werden können, kosten pro Woche ordentliche vierstellige Beträge. Brandenburgs Landesrechnungshof hat sich in seinem jüngsten Jahresbericht allerdings gefragt, wie auf so hoher See der märkische Wassertourismus angekurbelt werden soll.
Worum geht es: Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) hat einer mecklenburgischen Firma den Kauf von 21 hochseetauglichen Segeljachten mit 1,25 Millionen Euro bezuschusst. Dazu reichte, dass der Charterbetrieb ein „bedarfsweise besetztes“ Minibüro in Werder hat – im Gewerbegebiet Derwitz, wo mangels Wasser nie ein Segel blinkte. Es soll sich nach PNN-Informationen um die Goor GmbH aus Putbus handeln. Sie wäre eines von 37 Unternehmen, die von einem fragwürdigen Förderprogramm für Luxusjachten, bei dem in den Jahren 2007 bis 2010 insgesamt 18,3 Millionen Euro ausgereicht wurden, profitierten (PNN berichteten). Fünf weitere Unternehmen aus Werder strichen dabei nach PNN-Informationen weit über drei Millionen Euro ein, drei weiteren Werderaner Antragstellern funkten die Rechnungsprüfer dazwischen.
Die Prüfer prangern an, dass mit dem massiven Fördermitteleinsatz kaum ein Arbeitsplatz geschaffen wurde – und die wenigen im Niedriglohnbereich. Und sie monieren, dass die Wirtschaftsförderung mitunter, wie offenbar im Fall der Firma Goor, ganz anderen Bundesländern zugute kam. Das missbrauchsanfällige Förderprogramm wurde daraufhin eingestellt. Die ILB sah sich genötigt, in drei Fällen die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Ob es sich um Subventionsbetrug handelt, wäre somit gegebenenfalls auch im Fall Goor die große Frage.
Manches scheint auch jetzt noch darauf hinzuweisen. So gibt es in der Internet-Buchungsmaske des Bootsvermieters nur zwei Start- und Zielpunkte: Putbus und Wendtorf. Warum nicht auch Werder oder irgendein Ort im Brandenburgischen dort auftaucht, wenn doch von dort die Gelder sprudelten, war gestern nicht zu erfahren: Goor-Geschäftsführer Hanjo Thamm wollte sich nicht äußern und bestritt, jemals Zuschüsse aus Brandenburg erhalten zu haben. Dass es sich bei dem vom Landesrechnungshof angeprangerten, fast irrwitzigen Fall um sein Unternehmen handelt, wurde den PNN derweil von mehreren Seiten bestätigt.
Im Einzelnen lief das laut Rechnungsprüfungsbericht so: Im März 2010 war einer mecklenburgischen Firma der Zuschuss für eine neue Charterstelle in Werder bewilligt worden. Im Oktober 2010 stellte die ILB dann fest, dass es überhaupt keine Anhaltspunkte für eine unternehmerische Tätigkeit in Werder gab und die beantragten neuen Jachten bereits in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein beworben wurden. Die Landesbanker baten immerhin, über den Übergabetermin in Werder informiert zu werden. Die Firma antwortete, dass das Werderaner Büro so lange bedarfsweise besetzt sei, bis „langfristig gesicherte Einnahmen“ erzielt werden. Die ILB ließ sich damit abspeisen: Bis Februar 2011 floss das Geld für einen Charterbetrieb, der sich auf ein 15 Quadratmeter großes, meist unbesetztes Büro in Derwitz beschränkte. Die Sorglosigkeit erinnert ein bisschen an einen anderen prominenten Förderfall aus Werder, das Resort Schwielowsee.
Wie weiland bei Axel Hilpert mehrten sich auch hier die Verdachtsmomente: Den Kaufpreis für die Jachten bezahlte das Unternehmen größtenteils vor der Lieferung – an ein personell verflochtenes Unternehmen. Die ILB erfuhr davon im März 2011 per Akteneinsicht. Ein Vierteljahr später tauchten dann die Rechnungsprüfer an Havel und Ostsee auf. Sie stellten fest, dass der Zweck der Förderung, ein Geschäftsbetrieb mit fünf Arbeitsplätzen in Werder, nicht erfüllt war und die bezuschussten Jachten im Baltischen Meer pendelten. Die mecklenburgischen Subventionsempfänger begründeten das diesmal allen Ernstes damit, dass das Büro in Werder zu klein sei – aber vergrößert werden soll.
Der Landesrechnungshof geht derweil davon aus, dass ein Chartergeschäft hier nie wirklich geplant war. Von der Potsdamer Staatsanwaltschaft wurde gestern bestätigt, dass die ILB den Fall angezeigt hat, weitere Informationen gab die Ermittlungsbehörde nicht heraus. (mit thm)
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