
© R. Hirschberger/dpa
Ernte in Potsdam-Mittelmark: Kein gutes Jahr
In der Region hat die Getreideernte begonnen. Warum Bauern aus Potsdam-Mittelmark aber nicht besonders optimistisch sind.
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Nuthetal - Ein schwerer Mähdrescher schaukelt über das holprige Pflaster vom Hof der Agro Saarmund, nimmt Fahrt auf und verschwindet schließlich hinter einer dichten Staubwolke. Wie überall in der Region hat auch bei dem Nuthetaler Landwirtschaftsbetrieb die Ernte begonnen, das Getreide muss zügig vom Feld. Knapp ein Dutzend Saisonarbeiter hat die Genossenschaft derzeit auf dem Acker, die das Getreide mähen, pressen und in die Lagerhallen fahren. Doch ob der Wetterkapriolen der vergangenen Wochen sind die Erwartungen an die Ernte gedämpft.
Wasser auf den Feldern - und andernorts anhaltende Trockenheit
Agro-Saarmund-Vorstand Reinhard Moehring rechnet in diesem Jahr mit einer „eher durchschnittlichen Ernte“. Während es in anderen Teilen der Region kräftig schüttete und das Wasser auf den Feldern stand, hat bei der Nuthetaler Genossenschaft eher die anhaltende Trockenheit für Verluste gesorgt. „Wir haben Flächen, da ist das Getreide schon vor einem Monat nicht mehr gewachsen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Meik Schmidt.
Seit gut einer Woche sind die Mähdrescher im Dauereinsatz, bis August wird geerntet, spätestens im Oktober neu bestellt. „Die Gerste ist bereits runter, jetzt müssen Raps und später noch der Roggen geerntet werden“, sagt Schmidt.
Vor allem muss es schnell gehen, bevor das Korn den Reifezenit überschritten hat, Keimlinge bildet und der Ertrag weiter geschmälert wird. „Mit der Zeit wandelt sich die im Korn enthaltene Stärke in Protein um, dann kann aus einem Roggen für die Brotherstellung schnell Roggen werden, der nur noch als Futter geeignet ist“, sagt Moehring. Auch wenn es regnet, drohen weitere Verluste.
Insgesamt erwarten die Bauern ein schlechtes Jahr
Die Preise, die zurzeit auf dem Markt für die Ernte zu erzielen sind, lassen die Landwirtschaftsbetriebe zudem nicht in Jubel-Arien ausbrechen. Der Rohstoffmarkt sei zum Spielball der Börsen geworden, die Getreidepreise liegen etwa zehn bis 20 Prozent unter dem Vorjahr, sagt Moehring. „Für die Landwirtschaft erwarten wir insgesamt eher ein schlechtes Jahr“, sagt auch die Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes Potsdam-Mittelmark, Silvia Wernitz. Auch sie begründet dies mit den Wetterkapriolen und der instabilen Preislage.
Vielerorts zwingt der niedrige Milchpreis die Bauern in die Knie. Seit die EU den Milchmarkt nicht mehr reguliert, befindet sich der Preis im freien Fall. Mit 20 Cent pro Liter erzielen die Bauern heute nur die Hälfte des Preises, der eigentlich zum Überleben notwendig wäre, heißt es. Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg schlägt der niedrige Milchpreis inzwischen auch auf den Kuhbestand durch. So habe die Zahl der Milchkühe im Land im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent abgenommen, die Zahl der Milchkuhhalter ging sogar um fast fünf Prozent auf 700 zurück, gleichzeitig sank die Zahl der Rinder insgesamt. „Die Zahl der Tiere zu reduzieren, ist für viele der einzige Weg, wenn auch ein schmerzhafter Prozess“, sagt Meik Schmidt.
Zum Glück auf die Milchproduktion verzichtet
Auch in Potsdam-Mittelmark sei die Lage nach Angaben des Kreisbauernverbandes „dramatisch“, drücke sich aber noch nicht in Zahlen aus, so die Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes. Halte der Negativ-Trend an, könnte dies in Zukunft aber die Folge sein, so Wernitz. Die Agro Saarmund kennt solche Probleme nicht. In den 1990er-Jahren entschied sich das Unternehmen, auf die Milchproduktion zu verzichten. „Zum Glück“, sagt der Vorstandsvorsitzende heute. Die Bedingungen für die Milchproduktion seien insgesamt nicht optimal. Neben den hohen Kosten, die durch die Erträge immer weniger gedeckt werden können, werde es immer schwerer, junge Leute für das Melken zu begeistern. Inzwischen würden hierfür polnische Wanderarbeiter beschäftigt, erklärt Schmidt.
Die Agro Saarmund hat für die vorhandenen Bedingungen mit einem hohen Grünland-Anteil und relativ schwacher Bodenqualität die aus ihrer Sicht „ideale Lösung“ gefunden. Von den rund 3600 Hektar, über die der Pflanzen- und Tierproduktionsbetrieb von Teltow über Stahnsdorf bis nach Michendorf verfügt, werden etwa die Hälfte als Wiesen und Weideflächen für die Rinderzucht genutzt. Heute bietet das Unternehmen die komplette Kette „von der Geburt des Kalbes bis zum Fleisch am Haken“ an, sagt Moehring. Mit 800 bis 1000 Tieren sei der Bestand zudem über Jahre relativ konstant. Trotzdem ist auch der im Speckgürtel Berlins tätige Betrieb nicht ohne Sorgen. Vor allem der Landverlust mache der aus einer Vielzahl LPG-Betrieben hervorgegangenen Genossenschaft zu schaffen. Von Jahr zu Jahr verschlinge der Straßen- und Wohnungsbau Ackerflächen. Rund 150 bis 200 Hektar habe die Agro Saarmund in fünf Jahren bereits für Bauvorhaben der Gemeinden oder privater Investoren eingebüßt. Die Ausgleichszahlungen seien gering und würden den Verlust nicht aufwiegen, erklärt Reinhard Moehring. „Acker ist eben kein Bauland.“
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