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Von den einst 60 bewohnten Parzellen sind seit der Wende einige völlig verwahrlost.

© A. Klaer

Gartensiedlung Kleinmachnow Süd-Ost: „Klein Moskau“ verloren

23 Kleinmachnower sind hauptwohnrechtlich in der Siedlung "Klein Moskau" gemeldet. Das Gebiet soll aber ein "Wochenendhausgebiet" werden. Der Bauausschuss bringt nun den Bebauungsplan auf den Weg.

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Kleinmachnow - Das Votum zum Bebauungsplanverfahren „Gartensiedlung Kleinmachnow Süd-Ost“ im Bauausschuss war keine Überraschung: Sechs Ja-Stimmen, eine Gegenstimme. Langsam wird klar, dass Familien aus neun Häusern der Siedlung, die im Volksmund „Klein Moskau“ heißt, kein Dauerwohnrecht zugestanden wird. Das Quartier – nach der Wende zum Außenbereich erklärt – soll „Wochenendhausgebiet“ werden. Insgesamt sind hier 23 Kleinmachnower hauptwohnsitzlich gemeldet, darüber hinaus knapp 40 Laubenpieper.

Aufgrund des vernässten Bodens eigne sich die Fläche nicht als Wohngebiet, hätten Untersuchungen ergeben, hieß es in der Sitzung. Dass das benachbarte Penta-Hotel auf gleichem Grund errichtet worden sei, wie Bürger anmerkten, spielt für die Mehrheit der Gemeindevertreter keine Rolle. Sie fürchten Schadensersatzansprüche, sollte der Boden wegsacken.

Kein Kompromiss

Über drei Stunden harrten am Montagabend im Sitzungsraum etwa zehn Betroffene auf den Besucherstühlen aus, ehe der Tagesordnungspunkt 11.1.2. behandelt wurde. Zuvor hatten einige Senioren – der Hitze wegen – die Sitzung verlassen müssen. Nach der Abstimmung war denen, die ausgeharrt hatten, Enttäuschung und Wut ins Gesicht geschrieben. „Jetzt ist die Katze aus dem Sack“, kommentierte Jörg Wolgem von der Interessenvertretung „Ringweg-Siedlung“ das Ergebnis.

Alle Beteuerungen, eine Lösung für die Bewohner zu finden, seien vom Tisch, so Wolgem. „Kein einziger Punkt unserer zahlreichen Vorschläge wurde berücksichtigt, nicht ein einziger Kompromiss eingegangen“, warf er dem Gremium vor. Der Bebauungsplan habe den gleichen Inhalt wie das umstrittene Papier aus dem Jahre 2010, als das Planverfahren begann – das mit dem Beschluss vom Montag wieder auf den Weg gebracht wurde.

Betroffene wurden mit bürokratischer Arroganz nach Hause geschickt

Wolgem schilderte, dass Betroffene, die in der Verwaltung Hilfe suchen, mit bürokratischer Arroganz „nach Hause“ geschickt würden. „Doch ihr Zuhause werden sie ja bald verlieren, weil Behörden sich hinter Vorschriften verstecken“, appellierte Wolgem vergeblich an den Ausschuss, „diese menschliche und finanzielle Katastrophe zu verhindern“.

Anders die Sicht mancher Gemeindevertreter. Auf Nachfrage meinte Barbara Sahlmann (Grüne): „Bei einigen dieser Häuser handelt es sich um reine Spekulationsobjekte, die verkauft werden sollen.“ Zudem seien die Siedler selbst schuld – ein paar hätten geklagt, um Bauanträge durchzusetzen. „Dadurch wurden wir gezwungen, zu handeln.“ Für eine sozialverträglichere Lösung plädierte Katharina Storch (BIK). Würden Bewohner aus ihren Häusern vertrieben, sieht sie ein Imageproblem für die Gemeinde.

Ältere Bewohner dürfen noch bleiben

Beschwichtigend meinte Bürgermeister Michael Grubert (SPD): „Wir sind bestrebt, dass Bewohner ohne Dauerwohnrecht, vor allem ältere, dort noch wohnen können. Allerdings kann dieses Recht nicht übertragen werden.“Ähnliches meinte wohl Ausschusschef Matthias Schubert (SPD), als er vom Sozialstaatsprinzip sprach, auf das man vertrauen müsse, im Gegensatz dazu sei „die Rechtssituation in der DDR ungenau“ gewesen.

Doch sein Vortrag sorgte eher für Verwirrung, denn kurz zuvor hatte die Verwaltung informiert, dass Dokumente einer Wohnungszuweisung oder ein Steuerbescheid mit dem Vermerk „Wohnhaus“, die aus Reichs- oder DDR-Zeiten stammen, nun zum Dauerwohnen berechtigen würden. Das trifft auf Bewohner von drei Häusern zu. Keine Chance haben Bewohner, die Dokumente aus BRD-Zeiten besitzen.

Verstoß gegen Datenschutz?

Einen Überblick vermittelt eine Karte auf dem Internetportal der Gemeinde. Danach haben aktuell 15 Hausbesitzer Dauerwohnrecht, bei neun ist die Genehmigungslage unklar. Zudem gibt es eine Liste mit Adressen zur Aktenlage, was Siedler als Datenschutzverstoß empfinden. Auch 16 Ruinen findet man dort – weil Bewohner aufgaben, als ihnen das Wohnrecht untersagt wurde. 

Kirsten Graulich

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