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Potsdam-Mittelmark: Kleine Gesten für Amtmanns Hilfe

Ständig wandern Geschenke über die Tische der Kreisverwaltung. Die meisten Mitarbeiter melden das

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Potsdam-Mittelmark - Es reicht von von Gebäck, Kaffee, Schnaps und Büchern über Werbematerial bis hin zum Hundert-Euro-Schein: Immer wieder werden Mitarbeiter der Kreisverwaltung mit Geschenken bedacht. Manche sind als Dank für die zügige Bearbeitung von Anträgen gemeint, andere sollen das Wohlwollen des Amtmannes für anstehende Verwaltungsakte sichern. Sie alle sind streng genommen ein Fall für den Staatsanwalt. Der Korruptionsbeauftragte des Landkreises Reinhard Neubauer hat jetzt seinen aktuellen Bericht für die Jahre 2009 und 2010 vorgelegt. Neue Bestechungsskandale tauchen darin zwar nicht auf, allerdings hat Neubauer die Erkenntnis gewonnen, dass die kleinen Gesten ein zentrales Problem im Landkreis seien.

Vor allem zur Vorweihnachtszeit würden sich die die Geschenke, meist mit einem Wert unter zehn Euro, häufen. So seien von Mitarbeitern der Verwaltung Ende 2009 insgesamt 33 Präsente bei ihm abgegeben worden, 2010 seien es dann immer noch 25 gewesen. Die Mitarbeiter würden solche Vorfälle immer häufiger melden, so Neubauer. Während andere Behörden auch solche kleinen Gesten von Bürgern sofort der Staatsanwaltschaft anzeigen, gibt es im Landkreis Potsdam-Mittelmark zuerst einmal eine schriftliche Belehrung darüber, warum nicht einmal Werbegeschenke angenommen werden können. Denn hängt zum Beispiel erst einmal ein Kalender einer bestimmten Baufirma an der Wand, könnten sich Konkurrenten genötigt fühlen, auch etwas zu schenken. Oder sie gewinnen den Eindruck, dass die Kreisverwaltung generell empfänglich für solche Gesten sei, so Neubauer. Sämtliche Geschenke werden an die Tafeln gespendet.

Auch als besagter Hundert-Euro- Schein über den Tisch der Ausländerbehörde gereicht wurde, gab es nur eine Belehrung. Weil der Bürger einsichtig und reumütig war, habe man von einer Anzeige abgesehen. „Auch war das Beweismittel nicht mehr präsent“, heißt es in dem Bericht vielsagend. In vier Fällen hätten Mitarbeiter der Verwaltung auch Einladungen zu Grillfesten erhalten, die sie ablehnten. In einem Fall sind Gutscheine an den Landkreis geschickt worden, auch diese wurden nicht angenommen.

Ein weiteres Themenfeld, dem sich der Korruptionsbeauftragte gewidmet hat, war die Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Insgesamt sieben Verfahren hat er moniert, allem voran die Ausschreibung zum Bau der Konzertorgel in der Petzower Kirche. Dabei soll eine Orgelbaufirma aus Bad Liebenwerda einer Anfrage zum Vergabeverfahren an den Landkreis zwei 50-Euro-Scheine beigefügt haben. Dennoch erhielt das Unternehmen den Zuschlag, weil die Ermittlungen angedauert hatten und die Unschuldsvermutung galt. Das sei zu vertreten gewesen, so Neubauer. In einem weiteren Fall hat die Hochbauverwaltung selbst grenzwertig gehandelt: Zwei große Bauvorhaben seien in eine Vielzahl von Aufträgen unterteilt worden, so dass eine Ausschreibung unterblieben sei. Die Aufträge wurden auf diesem Wege freihändig und damit direkt vergeben. „Es wurde jedoch zugesichert, dass freihändige Vergaben künftig nicht erfolgen – oder dokumentiert werden“, resümiert Neubauer.

Schließlich finden sich auch die jüngsten medienwirksamen Fälle mutmaßlicher Vorteilsnahme in dem Bericht wieder, darunter die Flugreise des früheren Landrates Lothar Koch (SPD) in die Mongolei, die nicht als Dienstreise abgerechnet worden war und die dubiose Rolle des Ex-Leiters der Unteren Wasserbehörde Axel B. als Berater des Golf und Countryclubs Seddiner See. B. soll zudem ohne Rücksprache mit der Bauaufsicht einen Steg am Seddiner See genehmigt haben.

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