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Potsdam-Mittelmark: Kleiner Spielraum für große Versprechen

Stahnsdorfer Spitzenkandidaten im ersten Aufeinandertreffen auf der Suche nach überzeugenden Argumenten

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Stahnsdorfer Spitzenkandidaten im ersten Aufeinandertreffen auf der Suche nach überzeugenden Argumenten Von Peter Könnicke Stahnsdorf. Edelinde Standfuß, die wie keine andere Stahnsdorferin über die politischen Geschehnisse im Ort wacht, übt sich als Lehrerin: „Dem Schilling würde ich eine Eins minus geben.“ Der Spitzenkandidat der Stahnsdorfer Bündnisgrünen habe sich am Mittwochabend gut geschlagen, als in einem Forum gefragt wurde: „Was wie weiter voranbringen in Stahnsdorf?“ Auf dem Podium fand sich Gunnar Schilling inmitten erfahrener Akteure der Stahnsdorfer Ortspolitik platziert. SPD und CDU waren durch Manfred Kokel und Gerhard Enser mit ihren Spitzenkandidaten an der Front. Als amtierende Gemeindevertreter mit erneuten Absichten zur Mandatsträgerschaft stellten sich Harald Mushack (PDS), Dietrich Huckshold (Wir Vier) und Gerold Maelzer (Bürger für Bürger) der Fragerunde, die die gesamte Bandbreite der Ortsentwicklung umfasste. Und für die FDP, die mit zwei Vertretern im neuen Gemeinderat agieren möchte, bemühte sich Georg Lehrmann um Antworten. Es war kein Abend voller Harmonie, den die gut 60 Zuhörer in der Annastraße erlebten. Doch es offenbarte sich für zahlreiche Stahnsdorfer Aufgaben und Herausforderungen Einigkeit: Einen Flächennutzungsplan, der als Richtschnur für die städtebauliche Entwicklung der nächsten 15 Jahre fungiert und deren erster Entwurf „leider in der Schublade verschwandt“ (Kokel), wurde unisono als unbedingtes Muss erklärt. Ebenso gilt die Fortschreibung eines Verkehrskonzeptes – mit aller gebotenen Transparenz – als zwingend. Für SPD-Fraktionschef Kokel sind diese Planwerke von fundamentalem Wert: „Wir brauchen diese Entscheidungen und müssen aufhören, lediglich über das Ja oder Nein für Carports zu diskutieren.“ Ein bescheidenes Haushaltsbudget, feste Rahmenbedingungen, vollendete Tatsachen sowie ein Wachstumspotenzial mit Grenzen zwingen die künftigen Stahnsdorfer Gemeindevertreter zu gemeinsamen Prioritäten. Über die weitere Sanierung der Schulen wird nicht gestritten, der Jugendklub an der Bäke wird nicht zur Disposition gestellt, der Ruf nach mehr gymnasialen Unterrichtsplätzen ist ebenso einstimmig wie der nach einem guten ÖPNV-Netz. Dass Schenkenhorst, Sputendorf und Güterfelde als kleine Ortsteile weiterhin zu integrieren sind, dort aber auch Stahnsdorf als ein Ganzes akzeptiert werden muss, steht außer Frage. Und dass es auch weiterhin bezahlbaren Wohnraum in Stahnsdorf geben wird, wollten alle auf dem Podium betont wissen. Doch gibt es auch Unterschiede – nicht nur in Nuancen. Für eine erfolgreiche Entwicklung des Gewerbegebietes hält die SPD neue Konzepte für erforderlich. „Die bisherige Vermarktungsstrategie ist gescheitert“, bilanziert der sozialdemokratische Spitzenkandidat Kokel die Arbeit des Bürgermeisters: Enser hatte die Vermarktung zur Chefsache erklärt und dabei das Instrument der Eigenregie favorisiert. Der Erfolg sei zu bescheiden, rechnet nun die SPD ab. Bürgermeister Enser verteidigt indes seinen Kurs: Vermarktung bedeute heute zum einen aktive Bestandspflege. Zum anderen werde es einen „Ausverkauf unter Wert“ mit ihm und der CDU nicht geben. Vielmehr werde er beim Verkauf von Flächen im Gewerbegebiet auf „Nachhaltigkeit“ achten. Und: Derzeit kostet der Gemeinde die eigene Vermarktungsstrategie 10 000 Euro im Jahr. Die erfolgten Ansiedlungen sieht er daher in einem angemessenen Verhältnis. Ein externer Dienstleister wäre um ein Vielfaches teurer, gibt Enser zu Bedenken, so dass ihm Güterfeldes Ortsbürgermeister Dietrich Huckshold sekundiert: „Neue Konzepte sind leicht gefordert.“ Das vom „Stahnsdorfer Ortsanzeiger“ organisierte Forum bot eine erste Bestandsaufnahme an neuen Ideen. Es war ein vorsichtiges Abtasten der Wahlkonkurrenten, ein Sondieren der Kräfte und Kenntnisse. SPD-Wortführer Kokel sieht es als Vorteil, dass in seiner Mannschaft alle amtierenden Gemeindevertreter erneut antreten. „Wir sind ein eingespieltes Team, vertraut mit den inhaltlichen Problemen des Ortes.“ Den Wert der „unverbrauchten Köpfe“ weiß hingegen der bündnisgrüne Schilling in die Waagschale zu werfen. Den Erfahrungsschatz dreier Ortsbürgermeister aus Sputendorf, Schenkenhorst und Güterfelde haben „Wir Vier“ einzubringen. „Wir wollen die Probleme der Ortsteile nach Stahnsdorf transportieren“, so Huckshold – Botschafter, nicht Bittsteller wollen die Vertreter der unabhängigen Wählergruppe sein. Eine Arbeit, die sich an der Sache orientiert, verspricht Harald Mushack für die PDS, deren Vertreter im künftigen Gemeinderat dort Mehrheiten suchen wollen, „wo sich vernünftige Lösungen für Stahnsdorf erzielen lassen“. Auch wenn sich die „Bürger für Bürger“ lediglich aus „Alt-Stahnsdorfern“ rekrutieren, sei ihr Name ortsteilübergreifendes Programm, verheißt Gerold Maelzer, während sich die FDP durch eine Verjüngungskur als attraktiv empfehlen will. Zusätzlich zu erklären hatte sich Bürgermeister Enser. Ob er von seinem Amt zurücktrete, wenn er ein Abgeordenetenmanadat erringt, wollte Moderator Manfred Pieske wissen. Die CDU, antwortete Enser, garantiere ihm „dauerhafte Mehrheiten“, die er als Bürgermeister brauche. Deshalb habe sich Enser an die Spitze der CDU Kandidaten gestellt, um für sie zu werben. Eine Erkenntnis des Abends: In Stahnsdorf, wo der Spielraum für große Wahlversprechen äußerst klein ist, wird es auch eine Frage des politischen Stils sein, die über die Zahl der Wählerkreuze entscheidet. Beifall fanden die, die in ihren Argumenten überzeugend waren, ihnen den notwendigen Nachdruck verliehen und die sich mit den Erfordernissen des Ortes vertraut zeigten. Von Edelinde Standfuß hätten daher nicht alle, aber einige, gute Noten bekommen. Dass es für den bündnisgrünen Schilling nur eine „Eins minus“ mit Abstrichen gab, liegt an seinem Plädoyer für Windfkraftanlagen. „Auch Stahnsdorf sollten seinen Beitrag zur alternativen Energiegewinnung leisten.“ Mit dieser Meinung blieb er allein.

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