Potsdam-Mittelmark: Klinkenputzen für das Wohl des Waldes
Marc Schulz ist neuer Baumschutzbeauftragter in Michendorf. Er weiß: Ohne Kompromisse geht es nicht
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Michendorf - Wenn Marc Schulz zu Michendorfs Häuslebauern kommt, geht sein Blick erst einmal nach oben: Welcher Baum sollte erhalten werden, welcher kann für das Eigenheim weichen? Es ist ein Kampf gegen die Kettensäge, den er führt. Denn immer wieder sind Bürger versucht, auf ihrem Grundstück radikal Platz zu schaffen. „Man muss den Spagat hinbekommen zwischen den Belangen des Einzelnen und denen der Gemeinde“, sagt Schulz über seine neue Aufgabe. Der 31-Jährige ist neuer Baumschutzbeauftragter der Gemeinde. Er löst Gerhard Mühlbach ab, der dieses Ehrenamt insgesamt 25 Jahre lang inne hatte.
„Die Leute empfinden es vielleicht als Bürokratie, aber es geht nicht anders“, sagt Marc Schulz. Denn Bäume halten den Naturhaushalt intakt und beleben das Ortsbild – so steht es auch in der kommunalen Baumschutzsatzung, die vor sechs Jahren in Kraft gesetzt wurde. Gerade die beiden Ortsteile Wilhelmshorst und Michendorf werben mit ihrem Waldcharakter und wollen ihn erhalten. Deshalb muss jeder, der einen Baum fällen will, einen Antrag beim Ordnungsamt stellen. Die Verwaltung bittet dann den Baumschutzbeauftragten um eine Einschätzung.
Und die ist bei Schulz schon aus beruflicher Sicht professionell, denn er studiert Forstwirtschaft an der Fachhochschule Eberswalde, schreibt zurzeit seine Diplomarbeit. Darin geht es um die Verbreitung der Robinie in Nordostdeutschland. Schon längst habe es einen Paradigmenwechsel in der Forstwirtschaft gegeben, weg von der Monokultur hin zum stabileren Mischwald. Vor seinem Studium hatte der Ur-Michendorfer eine Ausbildung zum Tischler absolviert und in diesem Beruf, den schon sein Großvater ausübte, unter anderem in Italien gearbeitet.
Längst habe der Baumschutz Einzug in die Köpfe der Bürger gehalten, schätzt Schulz. Bei seinen ersten Gutachterterminen hat er bereits Bäume zum Fällen markiert – kranke Gehölze, die ohnehin bald absterben, oder Bäume, die einem Neubau definitiv im Wege stehen. Passanten hätten über den Zaun gerufen: „Den können sie doch noch stehen lassen.“ Aber es müssen auch Kompromisse geschlossen werden – diesen Rat habe sein Vorgänger ihm mit auf den Weg gegeben, so Schulz. Und die sehen meistens so aus, dass Ersatzpflanzungen vereinbart werden.
Den Bürgern sei der Baumschutz ein Anliegen, sagt auch der bisherige Beauftragte Mühlbach. „Und wenn man mit ihnen spricht, kann man Einiges erreichen.“ Der 80-Jährige war ein Viertel Jahrhundert als grünes Gewissen unterwegs – erst in Wilhelmshorst, ab 2003 in der Großgemeinde. Mit seiner Kompetenz als Diplom-Forstwirt und seiner verständigen Art hat er seinen Anteil daran, dass gerade in den 1990ern, als viel gebaut wurde, der Waldcharakter im Ort erhalten blieb. „Zuletzt haben die Bürger schon von sich aus angerufen und um eine Einschätzung gebeten“, sagt er. Aus Altersgründen hat Mühlbach dieses Amt nun abgegeben, bleibt aber weiterhin SPD-Gemeindevertreter und stellvertretender Ortsvorsteher. Und für seinem Nachfolger im Baumschutz-Amt werde er auch weiterhin da sein, verspricht er. Thomas Lähns
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