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Potsdam-Mittelmark: Kochen für die Karriere

In Teltow zeigten junge Nachwuchsköche ihr Können und träumen von Sternen und Spitzengastronomie

Von Eva Schmid

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Teltow - Von wegen Brandenburg sei eine kulinarische Wüste: Zumindest die Nachwuchsköche aus der Region wollen jetzt das Gegenteil beweisen. Da wird Tigerforellenmousse und Flusskrebs-Pana- Cotta aufgetischt, als Hauptspeise gibt es Lammrollbraten mit Pilzfarce und Rotwein-Rosmarinreduktion. Zum Dessert ein Rosmarin-Sorbet und dazu ein gratiniertes Pfefferminz-Ananasragout. Niveauvolle Küche, mitten in Teltow.

Zwölf junge Köche zeigten am gestrigen Freitag ihr Können bei einem Wettbewerb, den der Berlin-Brandenburgische Landesverband der Köche ausgerufen hatte. Teams von drei Berufsschulen traten gegeneinander an. Sie hatten fünf Stunden Zeit, eine Menge feinster Zutaten und die Vorgabe, ein Vier-Gänge- Menü zu zaubern. Eine Herausforderung für die Lehrlinge, die in verschiedenen Restaurants im Land ihr Handwerk lernen. Doch ihr Ziel ist ehrgeizig, sie wollen in die Spitzengastronomie – dafür muss viel geübt werden.

Spitzengastronomie heißt auch Stress: Es klappert laut in der Teltower Großküche vom Ausbildungsverbund, rhythmisch schwingt der Schneebesen in der Hand von Simeon Sievert. Der 17-jährige Lehrling, der in einem Hotel in der Prignitz ausgebildet wird, muss schnell noch den Tomatenschaum schlagen – dieser soll auf die Suppe, die schon längst hätte serviert werden müssen. „Schneller, hopp, hopp – wir hängen“, ruft einer der Juroren laut in den Raum. Die geladenen zwölf Gäste würden warten. Simeon schlägt konzentriert, unter seiner großen Kochmütze treten erste Schweißperlen hervor. Trotz der Hektik sind seine Mitschüler aus der Prignitzer Berufsschule entspannt – für sie sei gute Vorbereitung alles. Tatsächlich glänzen ihre Arbeitsflächen, benutzte Pfannen und Töpfe werden nach Gebrauch sofort abgewaschen.

Anders sieht es bei dem Team der Berliner Azubis aus. Da herrscht kreatives Chaos. Kein Wunder bei den kleinen Kunstwerken, die dort entstehen. Die Lehrlinge aus der Gruppe arbeiten unter anderem im Estrel-Hotel. Sie setzen auf die kandierten Walnüsse, kleine Antennen, die lange in die Höhe ragen – der schöne Effekt kommt durch einen dünnen Karamellstreifen zustande. Profane Kroketten formen sie zu Würfeln und ummanteln sie mit Thymianpanade. Die eckige Krokettenform sei nötig, weil man bereits so viele runde Formen auf dem Vorspeisenteller habe, erklärt einer der Berliner Nachwuchsköche.

Doch nicht immer ist das, was toll aussieht, auch lecker: Die fünf Juroren sind kritisch. „Der Geschmack muss stimmen“, sagt einer von ihnen und verzieht kurz das Gesicht, als er einen kleinen Happen von dem kunstvoll verzierten Teller der Berliner probiert. „Nee, das hier ist verloren“, sagt er und wendet sich ab.

Auch wenn manche Speisen nicht ausreichend gewürzt sind oder das Gemüse fast roh ist, sind die Juroren insgesamt sehr zufrieden, die meisten Gerichte schmecken lecker. „Die Lehrlinge kochen auf einem hohen Niveau“, sagt Wettbewerbsleiter Volker Tabatt. An der Menüauswahl und dem Anrichten merke man, wie ehrgeizig sie seien. Und das obwohl die Bedingungen für Köche nicht die besten sind.

„Die jungen Leute wollen in Branchen, in denen man mehr verdient“, sagt der Chef des Landesverbandes, Daniel Schade. Von einem dramatischen Rückgang bei den Auszubildenden berichtet er. Ein ausgelernter Koch komme auf rund 1600 Euro im Monat. Der Verdienst eines Spitzenkoches könne um das fünffache höher liegen. „Aber das ist ein Job, bei dem man bis zu 14 Stunden täglich in der Küche steht, da gibt es dann keine Freizeit mehr.“ Der Arbeitsaufwand sei enorm: An einer Vorspeise würden bis zu sechs Köche arbeiten. Aufzusteigen in den Sternenhimmel und den Status von Branchenstars wie Tim Raue oder Kolja Kleeberg zu erreichen, würden nur die wenigsten schaffen.

Doch ganz ohne Träume hält man die Lehre nicht durch. Der 17-jährige Kochlehrling Simeon Sievert will hoch hinaus, auch wenn es anstrengend wird. Er will im Ausland arbeiten, sich einen Namen machen. „Als Koch kommt man gut herum.“ Später, wenn er mal älter werde, könne er immer noch im Büro arbeiten. Er liebt die Arbeit am Herd, sie sei kreativ. Nach einem langen Arbeitstag ist davon aber nicht mehr viel übrig. „Dann mache ich mir zu Hause nur noch eine Tiefkühlpizza.“

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