Potsdam-Mittelmark: „Kohl hat Sie verstanden“
Potsdamer Handwerkskammer feierte im Caputher Gildehaus 20 Jahre Selbstverwaltung
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Schwielowsee / Potsdam - Wolfgang König wedelte im Tagungspräsidium mit einer weißen Fahne. Es war der 3. März 1990, der damalige Vorsitzende der Potsdamer Handwerkskammer hatte in der schwierigen Umbruchzeit eine knifflige Aufgabe: Vor zwanzig Jahren wurde – erstmals in demokratischer Wahl – von 57 Delegierten ein zwölfköpfiger Vorstand der Potsdamer Handwerkskammer gewählt. Über die Zukunft der Kammer herrschte seinerzeit alles andere als Einigkeit. Doch die Fahne wirkte: Die Veranstaltung ging friedlich über die Bühne.
Klaus Windeck wurde damals erster Handwerkskammer-Präsident und füllte dieses Amt bis zum Jahr 2007 aus. Und Wolfgang König wurde, wie sich Windeck gestern in Caputh erinnerte, unter 25 Bewerbern zum Hauptgeschäftsführer bestimmt. „Das war keine schlechte Wahl“, so Windeck. Ein bisschen DDR habe es damals noch gegeben: König kam auf hundert Prozent der Stimmen, gestern eröffnete er das Buffet.
Die Handwerkskammer traf sich zum zwanzigsten Jubiläum ihrer Selbstverwaltung im Caputher Gildehaus, rund 120 Gäste waren dabei, acht Mitglieder aus dem Gründungs-Vorstand stellten sich zum Einnerungsfoto auf. Unter den Gratulanten waren Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Die Linke) und Ministerpräsident a.D. Manfred Stolpe (SPD).
Die Handwerker hätten damals zu den ersten gehört, die die Zeichen der Zeit verstanden, sagte Stolpe. „Das Misstrauen gegenüber Halunken hatten sie ja schon vorher gelernt, das half in der neuen Zeit.“ Stolpe rief auch ins Gedächtnis, dass Kammerpräsident Windeck schon Wochen vor ihm bei Kanzler Kohl gewesen war. „Der hat Sie auch besser verstanden als mich.“ Schon Monate vor der Wiedervereinigung hatten die Handwerker am 21. Juni 1990 in Zwickau die deutsche Einheit vollzogen – die Potsdamer gaben den Anstoß, besonders Klaus Windeck in seiner Funktion als Sprecher der 15 DDR-Handwerkskammern. Die ersten Potsdamer Obermeister waren schon Anfang 1990 ins unbekannte Westberlin gereist, um sich das Handwerker-Bildungszentrum am Mehringdamm anzuschauen. Das Bildungszentrum Götz ist heute ein Vorzeigeobjekt in Sachen betrieblicher und überbetrieblicher Nachwuchs-Förderung.
„Alles war neu, alles war anders“, erinnerte sich der heutige Kammerpräsident Bernd Ebert. Überfluss rückte an die Stelle des Materialmangels, die Jagd nach Aufträgen ersetzte die Planwirtschaft. Viele Handwerker stellten sich der Herausforderung: Von damals 5800 privaten Handwerksbetrieben und 212 Produktionsgenossenschaften ist die Mitgliederzahl der Potsdamer Handwerkskammer bis heute auf 16 900 Unternehmen gewachsen, wie Bernd Ebert nicht ohne Stolz vorrechnete. „Während in den 90er Jahren die Großbetriebe und Kombinate über die Treuhand abgewickelt wurden, wuchs das zarte Pflänzchen Handwerk in atemberaubendem Tempo.“
Auch in der jüngsten Krise habe sich das Handwerk als Stabilitätsfaktor erwiesen, sagte der Kammerpräsident. „Wenn man dagegen die Summen sieht, die den großen Banken bewilligt wurden, nachdem sie uns alle in die Krise hineinmanövriert haben, und diese Milliarden mit den Fördermitteln für den Mittelstand vergleicht, dann kann man nur sagen: Es läuft etwas schief in der Marktwirtschaft.“
Wirtschaftsminister Christoffers versprach, das Handwerk auch in Zukunft zu unterstützen: Zwar sei Brandenburg von der Finanzkrise weniger betroffen als andere Bundesländer, da man nicht so exportabhängig ist. Man werde aber auch nicht so schnell von einer Erholung der Märkte profitieren. Unter den Fonds, die zur Stärkung des wirtschaftlichen Eigenkapitals märkischer Unternehmen geplant seien, soll auch einer für die Handwerkerschaft sein. Und mit dem im neuen Vergabegesetz fixierten Mindestlöhnen hoffe man auch auf „mehr Regionalität“ bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Henry Klix
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