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Potsdam-Mittelmark: Kommunale Hilfe für Milchbauern kaum möglich

Beelitz sucht nach Wegen, seine Milchbauern zu stärken / Marktregulierung gefordert

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Beelitz - 2000 Euro – soviel Geld verlieren die Beelitzer Milchbauern laut eigenen Angaben pro Tag. Nur eine Handvoll Betriebe produziert hier noch Milch, aber sie alle leiden unter dem aktuellen Tiefstpreis. 20 Cent pro Liter bekommen sie, 34 bräuchten sie mindestens, um wirtschaftlich zu arbeiten. Die Linksfraktion hat in der Stadtverordnetenversammlung am Montagabend beantragt, den bedrohten Bauern wenigstens die Grundsteuer für ein Jahr zu erlassen, „um Hilfe vor Ort zu leisten“, wie es hieß.

Dem Vorstoß wurden allerdings kaum Chancen eingeräumt. „Juristisch ist es nicht möglich“, sagte der Vorsitzende der Stadtverordneten Klaus Tischmeyer (SPD). Zudem sei es auch nicht erstrebenswert, so der UKB-Abgeordnete und Beelitzer Landwirt Karl-Heinz Hocke. „Zu glauben, dass dadurch die Probleme gelöst werden, ist Augenwischerei“, sagte er. Nur auf höherer Ebene, bei Land, Bund und EU, könnten wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Auch eine Stundung der Gewerbesteuer, wenn einem Betrieb die Insolvenz droht, wurde abgelehnt – dann müsste der nämlich sämtliche Bilanzen offenlegen.

Immerhin haben die Linken mit ihrem Antrag die Diskussion angestoßen. „Die Bauern sind am Ende, verlieren das, was sie in den letzten 19 Jahren erwirtschaftet haben“, verdeutlichte Bürgermeister Thomas Wardin (SPD) den Ernst der Lage. Leider seien sich die Milchbauern untereinander nicht immer einig und würden miteinander konkurrieren. „Es müssten sich alle zusammentun und sagen: Wir produzieren jetzt weniger“, so Wardin. Er schlug die Bildung von regionalen Wirtschaftskreisläufen vor, in denen die Milchbauern zum Beispiel mit Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen regelmäßige Abnehmer bekommen. „Mit einer Vermarktung in der Region wären die Betriebe auch unabhängiger“, pflichtete Stadtverordnete Elke Seidel (GFT) bei. Der Bürgermeister kündigte an, sich mit Landes- und Kreisbauernverband sowie den hiesigen Bundes- und Landtagsabgeordneten an einen Tisch zu setzen und Lösungen zu suchen.

Unterdessen kursiert in der Stadt ein Papier mit radikaleren Vorschlägen zur Rettung der Milchwirtschaft. Der Verfasser, der namentlich nicht genannt werden will, fordert darin ein Regulierungssystem für den Milchmarkt einschließlich einer Abgabe für Überproduktionen und verweist auf die Beispiele USA und Kanada. Dort legt der Staat fest, wie viel produziert werden darf und wie viel Geld die Bauern bekommen, während hohe Zölle die Märkte vor Billigimporten schützen. Hierzulande gibt es nur die Europäische Milchquote: Die ist in den vergangenen Jahren erhöht worden und soll 2015 ganz auslaufen. Die Landesregierung müsse entscheiden, welche Milchstandorte von Bedeutung sind, wird nun aus Beelitz gefordert, wobei das Arbeitsplatzangebot in der jeweiligen Region eine Rolle spielen sollte. Die Standorte sollten dann durch Landesbürgschaften unterstützt werden, so dass eine Stammherde gesichert ist. „Denkbar wäre auch ein gestaffelter Milchpreis“, wobei ein Drittel mindestens kostendeckend vergütet werden müsste. Thomas Lähns

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