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2014 wird wieder gewählt. Gerade in der Kommunalpolitik spielen Wählergruppen und Bürgerbündnisse eine wichtige Rolle.

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Potsdam-Mittelmark: Kommunalpolitik ohne Parteien ?

Vor der Kommunalwahl werben etablierte Parteien um Nachwuchs, denn sie hinken einem Trend hinterher

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Potsdam-Mittelmark - Gerold Maelzer zählt die politischen Erfolge seiner Stahnsdorfer Wählergruppe gerne auf: Ein neues Gymnasium, eine sanierte Grundschule und eine Sporthalle sieht er auf der Habenseite. „Wer etwas bewegen will, der braucht keine Parteien“, sagt der Sprecher von Bürger für Bürger. Seit den Kommunalwahlen 2008 bilden die Anhänger der Gruppe die stärkste Kraft im Gemeindeparlament und stellen sogar den Bürgermeister.

Die etablierten Parteien spielen in der Kommunalpolitik Potsdam-Mittelmarks hingegen immer seltener die Hauptrolle – ein Trend, der viele Orte erfasst hat: Stahnsdorf, Beelitz, Schwielowsee, die Liste ist lang. Oft stellen Wählergruppen und Bürgerbündnisse die größten Fraktionen. Die Parteien hinken dem Trend hinterher. Im Jahr vor der Kommunalwahl sind bei ihnen deshalb neue Ideen gefragt.

Eine hat jetzt die SPD aufgebracht. Dort können sich Interessierte – ob Mitglied oder nicht – bei der Partei für ein Schulungsprogramm bewerben: Wie werde ich Lokalpolitiker? In Seminaren zu den Themen Kommunalrecht, Haushaltsrecht und öffentliche Auftritte sollen die Teilnehmer auf die Wahl und ihre Arbeit in der Politik vorbereitet werden. Dazu gibt es Gesprächsrunden mit Gemeindevertretern, Abgeordneten, Landräten und Ministern. „Wir wollen die Menschen fit machen für kommunale Mandate“, sagt Sören Kosanke, SPD-Chef in Potsdam-Mittelmark. Natürlich gehe es auch darum, Mitglieder zu gewinnen, gesteht er offen ein. Zwar ist der SPD-Unterbezirk Mittelmark mit 700 Mitgliedern der zweitgrößte im ganzen Land, trotzdem gibt es in einigen Kommunen im Kreis keinen einzigen SPD-Vertreter mehr in den Gemeinderäten.

„Die Menschen interessieren sich für die Belange vor Ort, sind aber nicht bereit, dafür in eine Partei einzutreten“, erklärt Martina Weyrauch, Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung in Brandenburg, den Trend weg von der Partei. Schon seit Jahren zeichne sich das ab. Die Nachwendezeiten, in denen Menschen in Ostdeutschland in großen Zahlen in Parteien eintraten, sind vorbei. „Die Art und Weise von Politik verändert sich“, sagt Weyrauch. Die Listen der Bewerber zu den Kommunalwahlen füllten sich dank der Gruppen und Bündnisse immer noch sehr schnell. „Für unmittelbare Belange interessieren sich die Menschen am meisten“, sagt Weyrauch.

„Es ist für jede Partei schwieriger geworden“, sagt Wolfgang Erlebach, Vorsitzender der Linken in Mittelmark. Noch zähle man Neuzugänge, aber das reiche nicht, um genügend Kandidaten zur Kommunalwahl zu finden. „Es ist schwieriger geworden, weil die Bedingungen schwieriger sind“, führt Erlebach ein grundsätzliches Problem ehrenamtlicher Politik an. Die Menschen hätten ein anstrengendes Arbeitsleben. Nur wenige bringen die Energie auf, sich politisch zu engagieren. Kreistagssitzungen finden am Nachmittag statt: „Natürlich wird man als Abgeordneter vom Beruf freigestellt, aber da verdreht jeder Chef die Augen.“ Meist sitzen deshalb nur ältere Herren in den Gremien. „Das ist nicht mein Idealbild von Politik.“

Auch die Linke, CDU, Grüne oder FDP bieten Schulungen an, bislang aber nur für Mitglieder, sagt Hans-Peter Goetz, Chef der FDP im Kreis. Gerne erinnert er sich an die zurückliegende Kommunalwahl: Die Listen der FDP waren voll, viele wollten Politik machen. Doch Kandidatenüberfluss, das war einmal. Die FDP ist in der Wählergunst auf Bundesebene im Sinkflug. „Man muss kräftig werben“, sagt Goetz. Er ist trotzdem zuversichtlich. Noch immer gelinge es, Leute für die Kommunalpolitik in einer Partei zu begeistern. „Zumal es Kommunen gibt, in denen Politik Spaß macht“ – nämlich dort, wo Geld vorhanden ist und damit auch Gestaltungsspielraum, wie in Teltow.

Parteien seien wichtig, sagt SPD-Politiker Kosanke. Sie vernetzen Menschen, von der Kommune bis in den Bund. Das sei auch das Ziel der SPD-Politikerschule. Sie soll keine Kaderschmiede sein, sondern ein Treffpunkt für Mitglieder und Nichtmitglieder aus Vereinen, Verbänden oder der Feuerwehr. „Das ist keine Revolution, aber eine Möglichkeit, die Partei weiterzuentwickeln“, sagt Kosanke.

„Man muss zu neuen Formen der politischen Willensbildung finden“, sagt auch Landeszentrale-Chefin Weyrauch. Solch eine Schulung sei nicht schlecht. Der gestalterische Rahmen gerade für Kommunalpolitiker sei eng. Die großen Linien werden vom Land oder Bund vorgegeben. Der Lokalpolitiker muss deshalb fit, ausgeschlafen und flexibel sein.

Doch dafür braucht es keine Partei, sagt der Stahnsdorfer Maelzer. Politikverdrossenheit sei der Brennstoff für die Wählergruppe gewesen. Jahrelang hätten die Parteien zu wenig bewegen können. Doch genau darum gehe es den Anhängern der Wählergruppe. Auch ohne Schulungen und Kampagnen hätten sich die Wahllisten der Gruppe schnell gefüllt.

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