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Potsdam-Mittelmark: Kompromiss für Altanschließer

Verband „Nieplitz“ will ermäßigten Beitrag für DDR-Abwasser-Anschlüsse erheben. Und das erst bis 2015

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Beelitz / Seddiner See - Altanschließer im Bereich des Wasser- und Abwasserzweckverbandes „Nieplitz“ (WAZ) können relativ entspannt in die Zukunft blicken: Sie sollen nur einen ermäßigten Beitrag für ihre Abwasseranschlüsse aus DDR-Zeiten zahlen, und das erst innerhalb der nächsten vier Jahre. Das erklärte Verbandsgeschäftsführer Karl-Heinz Brügmann am Dienstagabend im Ortsbeirat Beelitz. Während andere Zweckverbände bereits die ersten Beitragsbescheide verschicken und zum Beispiel in Teltow die Bürger auf die Barrikaden gehen, setzt man in Seddiner See und Beelitz auf Kompromisse.

„Die Kunden bekommen genügend Zeit, das Geld anzusparen“, so Brügmann weiter. Betroffen seien vor allem Grundstückseigentümer in der Beelitzer Altstadt sowie dem Platanen-Quartier. Auch in den Neuseddiner Wohngebieten wird der Verband nachträglich Anschlussbeiträge erheben. Dort wären dann vor allem die Wohnungsgesellschaften betroffen. Der WAZ-Chef unterstrich, dass die Beiträge erhoben werden müssen. Das brandenburgische Oberverwaltungsgericht hatte 2007 geurteilt, dass Hausbesitzer, die noch zu DDR-Zeiten an das zentrale Abwassernetz angeschlossen worden sind, jetzt nachträglich Beiträge zahlen sollen. Die Landesregierung hat das Kommunalabgabengesetz dementsprechend geändert (PNN berichteten). Betroffene sehen sich zu Unrecht in die Pflicht genommen, da sie ihre Anschlüsse entweder vor der Wende bezahlt oder selbst gelegt hatten. „15 Jahre lang haben wir diesen Leuten gesagt: Ihr müsst nichts zahlen – nun tritt das Gegenteil ein“, bemerkte auch der Beelitzer Ortsvorsteher Hartwig Frankenhäuser (FDP) kopfschüttelnd.

Das Landes-Innenministerium hat in einem Rundschreiben an die Verbände Anfang Februar eingeräumt, dass man auch differenzierte Beiträge erheben könne. Grundsätzlich werden die Anschlussbeiträge nach den Investitions- und Instandhaltungskosten berechnet, die der Verband insgesamt hat. Das heißt: Für alle Leitungsnetze, Pumpwerke und Kläranlagen zahlen alle Kunden gleichermaßen. Der WAZ „Nieplitz“ drängt nun auf eine Sonderregelung: Seine Altanschließer sollen nur für Anlagen zahlen, die sie selbst seit der Wende genutzt haben.

In Beelitz wären dies das Klärwerk sowie das Leitungsnetz in der Altstadt. Dadurch ergebe sich ein ermäßigter Beitragssatz von 1,37 Euro pro Quadratmeter „anrechenbarer Fläche“. Diese bemisst sich nach verschiedenen Kriterien wie bebaubarer Grundstücksfläche oder Geschosszahl. Die Neukunden zahlen einen Satz von 2,38 Euro.

Weil sich der Zweckverband für diese Variante entschieden hat, muss nun auch eine neue Beitragssatzung aufgestellt werden. Die Verbandsversammlung soll das Regelwerk am 21. Juni beschließen. So verschiebt sich auch die Zahlungsfrist für die Altanschließer: Bis zu vier Jahre nach Verabschiedung der ersten rechtskräftigen Beitragssatzung habe man laut eigener Auffassung Zeit, die Altanschließer zur Kasse zu bitten. Der WAZ „Nieplitz“ argumentiert, dass die alte Beitragssatzung von 2006 nicht rechtssicher sei und die Frist deshalb dieses Jahr einsetze.

Nicht jeder Verband kommt seinen Altanschließern so weit entgegen: Sowohl beim Zweckverband „Mittelgraben“ als auch „Der Teltow“ wird der volle Betragssatz von 3,79 Euro beziehungsweise 2,89 Euro pro Quadratmeter der Anrechnungsfläche fällig. Nur so werde das Prinzip der Gleichbehandlung gewahrt, argumentieren die Verbände. Während am Mittelgraben, also in Nuthetal und Michendorf, kaum Grundstücke zu DDR-Zeiten angeschlossen wurden, sind in der Region Teltow rund 40 Prozent der Hauseigentümer betroffen. Viele vor allem ältere Paare müssten zwei volle Monatsrenten an den WAZV zahlen, schlug vor Kurzem die Bürgerinitiative „Wir in Seehof“ in den PNN Alarm. Sie empfiehlt deshalb, das neue Abgabengesetz mit einer Verfassungsklage zu Fall zu bringen.

Protest regt sich indes auch in Stahnsdorf: Heute Abend hat die Wählergruppe Bürger für Bürger zu einer Informationsrunde zu den umstrittenen Beiträgen eingeladen. Treffpunkt ist die „Waldschänke“ in der Wannseestraße 21, Beginn ist um 18.30 Uhr. Thomas Lähns

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