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Potsdam-Mittelmark: Konfekt für die Zukunft

Akademie 2. Lebenshälfte feiert 20. Jubiläum

Von Eva Schmid

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Kleinmachnow - Es gab eine Tüte Konfekt – doch Süßigkeiten wollten nach dem Fall der Mauer die wenigsten. Die Stimmung war gedrückt, als die Akademie 2. Lebenshälfte nach der Wende Arbeitslosen erstmals ihre Hilfe anbot. „Wir haben uns gefühlt wie Erstklässler“, erinnert sich eine Rentnerin, die damals dabei war. Dennoch sei man froh gewesen, dass es jemanden gab, der einen über das, was kommen würde, informierte. Für Rolf Berthold aus Michendorf, der wie so viele seinen Job Anfang der 90er-Jahre verloren hatte, war das erste Treffen der Akademie 1992 in Teltow die Chance, „nicht in ein schwarzes Loch zu fallen“.

Der Weiterbildungsträger, der heute neun Standorte in Brandenburg betreibt, hatte Vorträge angeboten, um DDR-Bürger auf die Umbrüche vorzubereiten. „Es ging damals um Alltagsdinge, wie die Einführung in die Marktwirtschaft oder wie mache ich meine Lohnsteuererklärung“, erklärt Klaus Späthe, Mitarbeiter der Akademie. Auch im Arbeitsrecht sowie mit Versicherungen kannte man sich damals nicht aus. „Unser Angebot richtete sich vor allem an 45- bis 60-Jährige, die ihre Arbeit verloren hatten“, so Späthe.

Rund 500 arbeitslose Kursteilnehmer waren 1994 bei der Akademie registriert, im Oktober jenes Jahres wurde aus dem losen Trägerverbund ein eingetragener Verein. Unter den Kursteilnehmern waren laut Späthe Hochqualifizierte, die als Ingenieure oder Techniker in einem der drei großen Betriebe der Teltower Region, dem Carl-von-Ossietzky-Werk, dem Geräte- und Reglerwerk sowie dem Werk für Mikroelektronik in Stahnsdorf, beschäftigt waren. „Nur zehn Prozent der über 15 000 Beschäftigten aus den Werken hatten eine Chance, übernommen zu werden“, so Späthe.

Neben Computer- und Sprachkursen bot die Akademie damals Selbstfindungskurse an. Mit der Zeit wurde die Bandbreite größer: Man konnte töpfern, Aquarellbilder malen und Sportkurse belegen. Heute wird Senioren erklärt, wie sie ein Smartphone nutzen. „Vor Kurzem hat ein 98 Jahre alter Teilnehmer erfolgreich seinen digitalen Bildbearbeitungskurs abgeschlossen“, sagt Späthe. 8000 Leute hätten sich allein in diesem Jahr für das Programm interessiert.

„War unser Ziel früher, die Leute in Arbeit zu bringen, setzen wir heute auf das Ehrenamt“, so Karin Redder, die im Raum Teltow das Programm zusammenstellt. Viele rüstige Senioren könnten begeistert werden. Um ältere Ehrenamtler für ihre Aufgabe als Vorlese-Pate oder Wunsch-Großeltern zu rüsten, würden spezielle Bildungskurse angeboten. Darin werden sie fit für die Treffen mit den Kindern und Jugendlichen gemacht – und lernen auch, wie Facebook funktioniert.

Was von einst geblieben ist, ist der Mittwochstreff. Der hieß anfangs noch „Mittwochstreff für Arbeitslose“ – den Zusatz hat man längst gestrichen. Einige der Teilnehmer der ersten Stunde sind auch heute bei den Vorträgen dabei, sind froh, sich regelmäßig austauschen zu können. Auch wenn die Themen sich mit den Jahren verändert haben: „Es ist eine eingeschworene Mannschaft, die sich hier mittwochs trifft“, so Späthe. Heute geht es bei den Vorträgen nicht mehr um Haftpflichtversicherungen oder ABM, sondern die Architektur in Beelitz-Heilstätten, Reiseberichte, die Arbeit von Komponisten oder Volkskrankheiten. Eva Schmid

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