Potsdam-Mittelmark: Königliche Insel-Silhouette
Die Heilig-Geist-Kirche in Werder wird 150 Jahre alt / Der Heimatverein feiert in seiner Jahresbroschüre ein bisschen mit
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Werder (Havel) - Sie fehlt auf fast keinem Werder-Bildnis – die Heilig-Geist-Kirche auf der Inselstadt. Gemeinsam mit dem Rathaus und der Mühle gibt sie der Stadt ihre prägnante Silhouette. In diesem Jahr wird die Kirche 150 Jahre alt. Die jährlich erscheinenden Heimatgeschichtlichen Beiträge widmen diesem Anlass 72 Seiten – die Hälfte der diesjährigen Ausgabe.
Der Tag der Kirchweihe wird am 18. April um 18.58 Uhr (für das Baujahr) mit einem Fest in der Kirche gefeiert. Bereits am 13. April beginnt eine Festwoche mit Gottesdiensten, Konzerten, Veranstaltungen und Ausstellungen. Pfarrer Immo Riebicke ist froh, dass sich die Kirche zu ihrem Geburtstag auch baulich in einem guten Zustand präsentiert: Die umfangreiche Dachsanierung konnte im Sommer 2006 abgeschlossen werden. Ältere bauliche Mängel wurden dabei abgestellt. Zwar muss in den nächsten Jahren auch die Fassade noch saniert werden, die bauliche Substanz ist aber schon jetzt nicht mehr bedroht, wie Riebicke betont.
Die Festschrift zum Jubiläum konnte in den Heimatgeschichtlichen Beiträgen integriert werden, die Baldur Martin als Vorsitzender des Heimatvereins Werder jedes Jahr herausgibt. Zwölf Autoren beleuchten das Jubiläum unter verschiedenen Aspekten. So erinnert Josefa Mestwerdt an die Kirchweihe am 18. April 1858, der Programmentwurf der Einweihungsfeier ist erhalten. Die Idee zur „Kleinstadt-Kathedrale“ ist Friedrich Wilhelm IV. zu verdanken, wie Andreas Kitschke in einem Kapitel zur Baugeschichte schreibt. Der Vorgängerbau soll unansehnlich gewesen sein. Der bekannte Schinkel-Schüler August Stüler verlieh der neuen Kirche die endgültige Form. Schon damals wurde mit dem neogotischen Bau bewusst die bis heute erlebbare Silhouette angestrebt, von der sich dann auch Fontane bei seinen Wanderungen begeistert zeigte.
1904 wurde die Kirche neu und etwas düster ausgemalt, erst bei der Restaurierung zwischen 1989 und 1993 bekam sie die originale Farbfassung von Stüler zurück. 1996 wurden die im Zweiten Weltkrieg zur Rüstung beschlagnahmten Bronzeglocken wieder neu eingebaut.
Birgit Zander stellte zum Jubiläum eine Liste der Werderaner Pfarrer seit 1554 zusammen, auch einige Fotos und Abbildungen von ihnen finden sich in der Broschüre (oben). Mehrere Artikel sind der DDR-Zeit und den Wendejahren gewidmet: Wurden 1949 noch 80 Jungs und Mädchen konfirmiert, so schrumpfte diese Zahl in den DDR-Jahren auf 20. Feierabendbrigaden erhielten und sanierten seinerzeit den Kirchenbau.
Eberhard Schalinski berichtet, wie er als Pfarrer die Wende in Werder erlebte. Er erinnert daran, dass es im Herbst 1989 nicht nur in Leipzig wöchentliche Friedensgebete gab, sondern auch in Berlin, Potsdam und in Werder. Die Basisgruppe des Neuen Forums durfte sich im Gemeindehaus in der Damaschkestraße versammeln. Am 29. Oktober lud die Kirchengemeinde zu einer Veranstaltung zum Thema „Was will das neue Forum“ ein. Mit einer Verstärkeranlage wurde die Diskussion auf den dicht gefüllten Vorplatz übertragen. Schalinski wurde nach der Veranstaltung von einem SED-Funktionär mit Gefängnis gedroht. Seit 1988 war er Deportations-Kandidat, wie er später in seiner Stasi-Akte nachlesen konnte.
Weitere Artikel der Heimatgeschichtlichen Beiträge sind in diesem Jahr u.a. dem Maler Karl Hagemeister, dem Dichter Christian Morgenstern und der Dokfilmerin Gitta Nickel und ihrer jeweiligen Beziehung zu Werder gewidmet. Die Broschüre ist für 9 Euro in Werders Buchläden und natürlich beim Kirchenjubiläum erhältlich. Henry Klix
Festwoche im Internet unter:
www.pfarrsprengel-werder.de
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