Potsdam-Mittelmark: Kontaktbörse in der Lobby
Beim Technologie-Tag Teltow im Courtyard Hotel freute sich so manch erfolgreicher Unternehmer, auch mal einen märkischen Politiker kennenzulernen
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Beim Technologie-Tag Teltow im Courtyard Hotel freute sich so manch erfolgreicher Unternehmer, auch mal einen märkischen Politiker kennenzulernen Von Peter Könnicke Teltow. Jörg Schönbohm macht große Augen: „Wo sitzen Sie?“ „Hier in Teltow“, antwortet Herwig von Nettelhorst unaufgeregt. „In der Oderstraße.“ Wieder so eine Firma, von der man gar nichts weiß, raunt Brandenburgs Vize-Premier Schönbohm seiner Ministerkollegin Johanna Wanka zu. Dabei ist die „getemed Medizin- und Informationstechnik AG“ die bundesdeutsche Nummer Eins auf ihrem Gebiet. Kein Unternehmen betreibt die Entwicklung der Telemedizin – die Überwachung und Datenverarbeitung von Gesundheitszuständen – so erfolgreich wie das Teltower Expertenteam. Auch getemed-Vorstandschef von Nettelhorst hat sich gestern beim Technologie-Tag im Teltower Courtyard-Hotel über neue Bekanntschaften gefreut. Seit sechs Jahren verteidigt das Unternehmen seine Spitzenposition von der Oderstraße aus, zum ersten Mal schüttelte der Firmenchef gestern einem märkischen Politiker die Hand. Erstmals hat er den Bürgermeister der Stadt gesehen. Die Erfahrungen mit dessen Rathaus-Crew sind zudem nicht die besten: Als sich die Firma mit dem Gedanken beschäftigte, in Teltow einen eigenen Firmensitz zu bauen und sich in den städtischen Amtstsuben nach einem Grundstück erkundigte, gab es die wenig hilfreiche Antwort: „Gehen Sie zu einem Makler.“ Missglückte Unternehmenspflege am Technologiestandort Teltow. Dass die Einstellung zum technologieorientiert Mittelstand nach den Pleiten märkischer Großprojekte wie Chipfabrik, Cargolifter und Lausitzring einen grundlegenden Wandel erfährt, machte bereits der Besuch von Ministerpräsident Platzeck zu Jahresbeginn bei Vorzeige-Unternehmen der Region deutlich. Für den gestrigen TechnologieTag, auf dem sich auf Einladung des Unternehmerverbandes und der Mittelstandsvereinigung 40 Firmen präsentieren, übernahmen mit Wanka und Ulrich Junghanns gleich zwei Landesminister die Schirmherrschaft, flankiert von Innenminister Schönbohm. In ihrer Eröffnungsrede betonte Wanke dann eifrig die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Ein Ergebnis erfolgreicher Kooperation sei bereits die Einwerbung von Drittmitteln bei Unternehmen durch die Universitäten. Von 1999 bis 2002 waren dies im Jahresdurchschnitt 6,5 Millionen Euro. Allerdings fließe dabei nur ein geringer Anteil aus brandenburgischen Firmen an die Hochschulen. Doch auch diese könnten das Potenzial märkischer Bildungsschmieden besser nutzen: Weiterbildungsangebote, die Mitwirkung der Wirtschaft in der Lehre, das Arbeiten in Netzwerken, nennt Wanka. Sie kündigte eine gemeinsame Initiative mit Wirtschaftsminister Junghanns an, mit der hiesige Unternehmer der Technologiebranche als Referenten in Vorlesungen an Brandenburger Hochschulen auftreten. Eine „erfolgversprechend Idee“, befindet Teltows Wirtschaftsförderer Peter Rönnebeck. Denn bislang würden qualifizierte Uni-Absolventen Brandenburg verlassen, ohne die Potenziale am Arbeitsmarkt zu kennen. Anderseits beklagen Unternehmen einen Mangel an talentierten Nachwuchskräften. „Um Technologiefirmen anzusiedeln und zu stärken, hat Wissenschaft eine ganz wichtige Funktion“, betont auch Johanna Wanka. Von Großunternehmen wie dem Stromlieferant e.dis und der Erdgas Mark Brandenburg, über Bildungsstätten, Banken und den Europark Dreilinden bis zu Mittelständlern und Kleinfirmen präsentierte sich gestern die ganze Bandbreite des regionalen Wirtschaftspotenzials. „Teltow zeichnet sich allein durch die Masse der angesiedelten Firmen aus“, beschreibt Eckhard Westphal einen Vorteil des Standortes. Westphal ist Chef der Teltower Niederlassung von „vedior“, einem der weltweit größten Personaldienstleisters mit Büros in 33 Ländern. Seit zwei Jahren gibt es die Filiale in Teltow, von der etwa 60 Kunden betreut werden. Westphals Überzeugung: Nur mit der richtigen Standortpolitik werde es gelingen, innovative Unternehmen in der Region zu halten. Trieben einst teure Mieten in Berlin Firmen wie „getemed“ von der Spree an die Oderstraße, beobachte Westpahl inzwischen eine zunehmende Abwanderung. „Wir müssen den Dialog ergebnisorientierter führen“, mahnt daher auch Wanka. Ein Tag wie gestern erschien dafür bestens geeignet. „Ja doch“, nickt Westpahl eifrig, er habe „kräftig“ Kontakte geknüpft. Die Hotel-Lobby des Courtyard avancierte zur bunten Kontaktbörse. „Heute hat man mal die Chance, Leute kennenzulernen“, zeigte sich auch getemed-Vorstand von Nettelhorst gesprächsfreudig und erwartungsfroh. „Es ist ganz gut zu wissen, wie die Einstellung der Politik uns gegenüber ist“, bewertet er die neue Bekanntschaft mit Wanka und Schönbohm. Der Händedruck ließ sogar die Baupläne wieder aufleben. „Wenn wir in den nächsten Jahren erfolgreich sind – warum nicht!“
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