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Potsdam-Mittelmark: Krach um die Anhalter Bahn

Nachträgliche Änderungen im Streckenkonzept bringen mehr Züge als geplant. Lärmschutz gibt es nicht

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Nachträgliche Änderungen im Streckenkonzept bringen mehr Züge als geplant. Lärmschutz gibt es nicht Von Kirsten Graulich und Peter Könnicke Teltow – Den Anwohnern des Teltower Musikerviertels ist klar: Kommt im nächsten Jahr die Anhalter Bahn, gibt es Krach. Denn für den Bereich südlich der Mahlower Straße sind keine Schallschutzmaßnahmen vorgesehen wie auf der gegenüber liegenden Seite an der Parkstraße. Auch im jüngsten Bauausschuss wurde das Thema von SPD-Vertreter Frank Fromm angesprochen. Die Antwort von Bauamtsleiter Bernd Wiebrecht: Das Planfeststellungsverfahren sei bereits gelaufen. Seinerzeit habe die Deutsche Bahn als Grund für den Verzicht einer Schallschutzwand erklärt, dass das Musikerviertel weiter entfernt von der Trasse sei als der Siedlungsbereich an der Parkstraße. Deshalb sei die Bahn nicht verpflichtet, hier Maßnahmen zu treffen, sagte Wiebrecht. Die Trasse, die einst gekappt worden war, soll nun wieder Leipzig und Halle mit Berlin verbinden. Allerdings sollen für eine Übergangszeit auch die ICE-Züge nach Dresden über diese Strecke fahren, bis im Jahre 2012 die Dresdner Bahn fertig gestellt ist. Der CDU-Stadtverordnete Ulrich Langner, der selbst einmal den Bahnkonzern tätig war, regte deshalb an zu prüfen, ob mit dieser nachträglichen Änderung des Bahnkonzeptes die im Planfeststellungsbeschluss angegebene Zahl der Züge eingehalten werde oder überschritten würde. Treffe letzteres zu, müsse das Planfeststellungsverfahren erneut aufgerollt werden, da die Grundlage nun eine andere sei als damals. Wiebrecht versprach, den Beschluss dahingehend zu überprüfen. Die Bahn sieht indes keine rechtlichen Grundlagen, die Planfeststellung, die Ende der 90er Jahre erfolgte, in Frage zu stellen, wie Bahnsprecher Michael Baufeld den PNN sagte. Die errechneten Lärmpegel würden Grenzwerte nicht überschreiten. Er räumte aber ein, dass die Bahn einen aktiven Lärmschutz errichten müsste, wenn der Lärmpegel über den Grenzwerten liegt. Auch die vorgegebene Zahl der Züge werde eingehalten, so wie es der Planfeststellungsbeschluss vorsehe, sagte Baufeld. „Es ist nicht so, dass auf einer Trasse zwei Strecken betrieben werden“, versicherte der Bahn-Sprecher. Doch die neu ins Leben gerufene Bürgerinitiative des Musikerviertels vermutet, dass mehr Züge über die Gleise rattern werden. Wurde bisher mit 218 Zügen gerechnet, was bedeute, dass alle sechs bis sieben Minuten ein Zug fährt, verringere sich nun nach Informationen der Initiative der Takt auf fünf Minuten. Bis zu 324 Zügen würden so täglich die Strecke befahren, was eine überdurchschnittliche Auslastung bedeute. Diese Strecke wäre dann die meistbefahrenste in Deutschland, vermuten die Anwohner des Musikerviertels. Bahnsprecher Baufeld kann die Zahlen nicht bestätigen. Das Linienkonzept gelte ab 28. Mai 2005. Dort sind für den Bahnhof Südkreuz, Berlins erster Adresse im Süden, wo die Anhalter Bahn in die neue Nord-Südverbindung mündet, derzeit 216 Stopps am Tag vorgesehen – eine Größenordnung, von der bislang die Bürgerinitiative ausging. Neben dem normalen Verkehr auf der Anhalter Bahn würde lediglich zusätzlich alle zwei Stunden der ICE nach Dresden verkehren, so Baufeld. „Von einer überdurchschnittlichen Auslastung kann nicht die Rede sein“, widerspricht er. Doch auch im Teltower Siedlungsteil Sigridshorst befürchtet man unruhige Zeiten, wenn neben der S-Bahn demnächst auch die Züge der Anhalter Bahn rollen werden. Denn trotz schnell wachsender Gehölze, die im Bereich der Trasse als Schallschutz gepflanzt wurden, fürchten auch hier viele Lärm. „Wir können unser Haus, das wir vor drei Jahren gebaut haben nicht einmal wieder verkaufen“, klagt Susanne Abt aus Sigridshorst, denn ihr Grundstück habe nun nicht mehr viel Wert, vermutet sie. „Mir war gar nicht klar, dass so viele Züge hier vorbeifahren werden.“ Susanne Abt überlegt nun, ob sie wegen des Schallschutzes eine verglaste Terrasse anbaut, um wenigstens etwas von ihrem Garten zu haben. „Denn richtig draußen sitzen können wir dann nicht mehr.“ „Inbetriebnahme der Anhalterbahn ab Juni 2006 – können Teltows Bürgerinnen und Bürger dann noch ruhig schlafen?“ fragt der Teltower FDP-Ortsverband heute ab 18 Uhr im Bürgerhaus, Ritterstraße 10. Gast ist u.a. der Bundestagsabgeordnete Hellmut Königshaus aus Berlin.

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