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Potsdam-Mittelmark: Kraterstimmung an der Autobahn

Im Wald zwischen der A 115 und dem Teltowkanal musste eine Fliegerbombe gesprengt werden – auf der Straße kam es zu chaotischen Szenen

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Stahnsdorf - Zuerst eine kleine Detonation, mit der das Wild verscheucht wurde, dann der große Knall: Punkt 14.22 Uhr wurde am Mittwoch eine fünf Zentner schwere amerikanische Fliegerbombe im Dreilindener Forst zwischen der A 115 und dem Teltowkanal gesprengt. Zuvor hatte Mike Schwitzke vom Kampfmittelbeseitungsdienst Brandenburg vergeblich versucht, sie zu entschärfen. „Der Heckzünder war durch Korrosion stärker angegriffen als gedacht.“

Alle Tricks und Kniffe halfen nichts, „er hatte sich festgefressen und ließ sich nicht entfernen“, berichtete der 41-Jährige später. Nach einer Stunde entschloss er sich dann zur Sprengung. Die Bombe riss ein Loch mit einem Durchmesser von sieben Metern in den Waldboden. Gezündet wurde per Funk aus 800 Metern Entfernung. Kurzzeitig stand dem Sprengmeister bei der Aktion der Schweiß auf der Stirn. Doch es war nicht die Angst, wie er sagte. „Vielmehr hatte ich mich etwas zu warm angezogen.“ Für ihn sei das ein ganz normaler Job, dennoch gibt es ein festes Ritual: Nach jeder Entschärfung oder Sprengung ruft er zuerst seine Ehefrau an.

Über 100 Einsatzkräfte von Polizei, Ordnungsämtern und Feuerwehr waren seit den frühen Morgenstunden unterwegs, um das Gelände in einem Radius von 900 Metern abzusichern. Etwa 200 Menschen mussten ihre Häuser verlassen, der Großteil von ihnen aus der Kleinmachnower Wohnsiedlung Dreilinden. Aber auch in Albrechts Teerofen, der kleinen Berliner Enklave im Brandenburger Land, mussten einige Häuser evakuiert werden. Eine Bewohnerin traf die Polizei bei ihrer Kontrolle am Vormittag noch an, sie hatte den Flyer in ihrem Briefkasten nicht bemerkt.

Insgesamt seien die Evakuierungsmaßnahmen aber problemlos verlaufen, sagte der Stahnsdorfer Ordnungsamtsleiter Steffen Weickert, der den Einsatz leitete. Die Zusammenarbeit mit den anderen drei beteiligten Kommunen Berlin, Potsdam, Kleinmachnow habe sehr gut funktioniert, befand auch Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers (Bürger für Bürger).

Große Probleme gab es indes während der notwendigen Sperrung der angrenzenden Autobahn. In und um Potsdam ging fast nichts mehr. Am Güterfelder Eck und auf der Nuthe-Schnellstraße entstanden kilometerlange Staus. Zudem gab es leichtere Unfälle. Auch aus Wannsee in Richtung Potsdam stockte der Verkehr.

Das Chaos war teilweise selbst verschuldet. Angekündigt war, dass die Autobahn zwischen der Anschlussstelle Babelsberg und dem Kreuz Zehlendorf ab 11.30 Uhr gesperrt wird. Aus Süden kommend wurde der Verkehr auf der A 115 jedoch nicht schon an der Anschlussstelle Babelsberg gestoppt, sondern an dem dahinter liegenden Rastplatz Parforceheide. Viele Autofahrer fuhren also praktisch in eine Sackgasse und mussten dort warten. Es kam zu chaotischen Zuständen. Die Autofahrer wendeten auf der Autobahn, um zur Abfahrt zurückzufahren. Schließlich entschied die Einsatzleitung am frühen Nachmittag, die Sperrung für einige Minuten aufzuheben, damit die eingekesselten Autofahrer weiterfahren konnten. Ein Polizeisprecher verteidigte diese Regelung. Wäre der Autobahnverkehr bereits ab Babelsberg nach Potsdam und Teltow abgeleitet worden, hätte man das ohnehin schon ausgelöste Verkehrschaos noch verstärkt, hieß es.

Die Fliegerbombe war am Freitag in dem Stahnsdorfer Waldstück nur 200 Meter entfernt von der Autobahn gefunden worden. Sie stammt offenbar aus jenen Kriegstagen, an denen die US-Army massiv versuchte, die Brücken über dem Teltowkanal zu zerstören. Mike Schwitzke hat 20 Bombentrichter in dem Waldareal an der Autobahn gezählt, auf der anderen Seite des Teltowkanals noch einmal zehn. „Es ist damit zu rechnen, dass hier noch mehr Blindgänger liegen“, so der Experte. Deshalb hat er dem Waldeigentümer, den Berliner Forsten, empfohlen, das gesamte Gebiet systematisch absuchen zu lassen. Im kommenden Jahr soll damit begonnen werden.

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