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Potsdam-Mittelmark: Kreatives aus der Rebe
Hof Lindicke präsentiert bei der Jungweinprobe die Weine des Erntejahrs
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Werder (Havel) - Ein Hauch von Geranien- und Pfirsichduft entsteigt dem Glas Müller-Thurgau. „Sobald ich den Geruch in der Nase habe, weiß ich eigentlich schon, wie er schmeckt“, sagt Doris Watzke, Handelsvertreterin von Weinbau Lindicke. Auf der langen Tafel im Schützenhaus sind an diesem Freitagvormittag bereits 19 Weinflaschen aufgereiht, am Abend werden noch einmal 14 dazukommen. Dann werden rund 200 weininteressierte Gäste zur Jungweinprobe erwartet. „Wir sind bis auf den letzten Platz ausverkauft“, sagt Kerstin Otto vom Verein zur Förderung des historischen Weinanbaus im Raum Werder, der die Jungweinprobe organisiert.
Christian Kruft, Kellermeister im Weinbaubetrieb Lindicke, ist gespannt, wie seine diesjährigen Gärergebnisse ankommen werden. „Wir hatten im Gegensatz zu anderen Regionen sehr vorteilhaftes Wetter.“ Der Kernling, ein weißer Spätlesewein, ist Krufts Favorit. Da er aus dem Rheinland stamme, sei er in erster Linie Rieslingtrinker, sagt der 26-Jährige. „Aber der Kernling kann da ganz gut mithalten.“ Kruft lebt erst seit anderthalb Jahren in Werder. Er hatte sich bei Lindickes beworben, um mehr Raum zur Kreativität zu haben. Die spielt auch bei der Weinherstellung eine Rolle: „Man kann zum Beispiel die Maischezeiten in die Länge ziehen, neue Hefen ausprobieren oder auch mal einen Weißwein direkt im Holzfass vergären“, erklärt Kruft.
Über Qualität und Geschmack des fertigen Produkts entscheidet das Mostgewicht, also die Dichte des verwendeten Traubenmosts. Das Mostgewicht wird in Grad Oechsle angegeben und ist auch Indikator für den Alkoholgehalt des Weins – je höher der Oechsle-Wert, desto höher die Prozente.
In Werder sei der Weinanbau wegen des Sandbodens eine Herausforderung, die er aber gern angenommen habe, sagt Kruft. „Man ist überrascht, was bei einem solchen Boden trotzdem möglich ist, wenn man die richtigen Tricks kennt“, sagt der Kellermeister. Beim Anbau spielt auch eine Rolle, dass sich das Klima in den vergangenen Jahrzehnten erwärmt hat. „Wir haben in Werder inzwischen klimatische Verhältnisse wie vor zehn, 15 Jahren in Rheinhessen“, so Kruft. Dadurch kann die Ernte wesentlich früher beginnen, so gebe es Federweißer teilweise schon im August.
Was die Reihe der Weinsorten im Schützenhaus deutlich zeigt, ist, dass im Werderaner Boden und bei Werderaner Klima viel Variation möglich ist. Neben dem deutschen Klassiker Müller-Thurgau gibt es den im Geschmack an südländische Weine erinnernden Regent-Rosé oder auch den intensiv rauchigen Muscaris, der durch seine Muskataromen geschmackliche Ähnlichkeit mit einem Gewürztraminer hat. „Bei unserer ersten Brandenburger Jungweinprobe haben wir im Jahr 2000 mit fünf Weinen angefangen“, sagt Kerstin Otto. Dass es inzwischen 33 seien, sei ein Zeichen für die Qualität der hiesigen Weine. „Ich denke, es kommt auch bei den Leuten, die in Werder wohnen, immer mehr die Erkenntnis durch, dass die Qualität der Weine sich sehen lassen kann“, sagt Otto.
Auf dem Baumblütenfest werde das Weingut Lindicke zwar nicht mit einem Stand vertreten sein, sagt Kerstin Otto. Die Straußwirtschaft Weintiene sei aber geöffnet. Julia Frese
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