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Steht wegen ihres Umgangs mit Kritik in der Kritik: die Haveltherme in Werder.

© Ottmar Winter PNN

Kritik an Haveltherme in Werder: Wer meckert, kriegt Post vom Anwalt

Die Haveltherme in Werder lässt kritische Google-Bewertungen im Netz prüfen – manche Kritiken wurden gelöscht. Gäste der Therme sind deswegen wütend.

Die Haveltherme in Werder wirbt damit, Erholung im „Premium Spa“ zu bieten. Einige Gäste waren mit dem Angebot allerdings nicht zufrieden: „[E]in paar lieblose Kunst-Palmen und (...) dreckige Duschen ließen bei unserem Besuch zu keiner Zeit das Premium-Spa-Flair aufkommen. (...) Der einzige Lichtblick war das stets freundliche und bemühte Personal“, schrieb ein Besucher in einer Rezension auf der Plattform Google.

Wenig später, so berichtet er öffentlich im Internet, habe er eine Nachricht von den Inhabern erhalten und seine Bewertung war gelöscht.

Ein anderer Besucher beschwerte sich ebenso via Google-Rezension, dass er nicht ins Schwimmbad hineingelassen worden sei. Er berichtet, dass er daraufhin eine Nachricht von Google bekommen habe: Er solle beweisen, dass er in der Haveltherme gewesen sei. „Wie denn, wenn ich nicht einmal reingekommen bin?“, fragt er.

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Auch Tagesspiegel-Mitarbeiterin Nantke Garrelts ist es passiert: Sie hat eine kritische Bewertung hinterlassen, und obgleich sie auch positive Aspekte ihres Haveltherme-Besuchs hervorgehoben hatte, bekam sie eine E-Mail von Google: „Wir bitten Sie (...), die Angaben Ihres Erfahrungsberichts sowie die Hintergründe wie insbesondere den Zeitraum, in dem Sie die beschriebenen Erfahrungen gemacht haben, möglichst konkret darzulegen“, steht in dem Schreiben.

„Bitte gehen Sie dabei auch explizit auf die einzelnen Punkte des Beschwerdeführers ein und schicken Sie uns Nachweise“, heißt es darin weiter.

Bewertungen löschen als Geschäftsmodell

Das Bedürfnis von Unternehmen, unliebsame Kritik im Netz löschen zu lassen, ist offenbar groß. Zahlreiche Agenturen und Rechtsanwälte werben damit, schlechte Bewertungen verschwinden zu lassen. „Du hast Angst vor einem Imageschaden durch negative Bewertungen auf Google oder anderen Portalen? (...) Die Bewertungslöscher entfernen für Dich negative Rezensionen und helfen Dir, Deinen Ruf nachhaltig aufrechtzuerhalten“, heißt es auf einer Website.

Ein juristisch zulässiges Vorgehen? „Wir bewegen uns bei derlei trivial erscheinenden Fällen in Wirklichkeit in einer komplexen Lage, in der diverse widerstreitende Interessen zu berücksichtigen und vom Recht in Einklang zu bringen sind“, sagt Björn Steinrötter, Juniorprofessur für IT-Recht und Medienrecht an der Uni Potsdam.

„Insgesamt gilt: Die Interessen und Rechte des Bewerteten müssen ebenso Beachtung finden wie diejenigen der bewertenden Internetnutzer auf Meinungsfreiheit“, sagt Steinrötter. Hinzu träten das Informationsinteresse der Allgemeinheit und die wirtschaftlichen Interessen der Plattformen, so der IT-Rechtler. Dabei gelte prinzipiell, dass es für die Plattform unzumutbar wäre, sämtlichen nutzergenerierten Content vor der Onlinepublikation im Einzelnen inhaltlich zu prüfen.

Komplexe Rechtslage

Umstritten unter Rechtsexperten sei allerdings, was denn nun zumutbar ist. Herauskristallisiert habe sich das Verfahren, dass zunächst die Plattform, in diesem Fall Google, den Sachstand ermittelt, wobei auch eine Stellungnahme des jeweiligen Nutzers anzufordern sei.

An diesem Verfahren gibt es aber auch Kritik, sagt Steinrötter: Abgesehen davon, dass die Plattform zum Richter avanciere, schaffe dieser Ansatz einen Anreiz, im Zweifel einen Beitrag eher zu löschen, „da die Prüfung der Rechtswidrigkeit eines Inhalts zu aufwendig gerät“.

Haveltherme räumt möglicherweise unberechtigte Löschungen ein

Die Pressestelle von Google in Deutschland teilt auf Anfrage mit: „Wenn eine Bewertung den Richtlinien widerspricht, kann sie für eine Review geflaggt werden, sodass sie anschließend auf der Grundlage unserer Richtlinien untersucht wird.“ Laut Google würden Rezensionen von maschinellen Systemen und menschlichen Mitarbeitern geprüft, die Plattform gehe aber auch auf konkrete Beschwerden ein.

Tatsächlich gab es Bewertungen von Personen, die die Therme gar nicht besucht haben.

Andreas Schauer, Geschäftsführer der Haveltherme

„Tatsächlich gab es Bewertungen von Personen, die die Therme gar nicht besucht haben. Das und unsachliche Bewertungen führten dazu, dass bei Google ein Antrag auf Prüfung gestellt wurde“, lässt Andreas Schauer, Geschäftsführer der Haveltherme, zu dem Vorgehen seines Unternehmens mitteilen.

Google habe die Nutzer-Rezensionen dann geprüft und über das weitere Vorgehen entschieden. Nicht auszuschließen sei, dass dies auch zu unberechtigten Löschungen geführt habe. „Wir prüfen das gegen und werden dies wiederum Google melden“, so Schauer.

Besucherin Garrelts konnte ihren Besuch in der Haveltherme ganz einfach nachweisen, sie hatte die Eintrittskarten online bestellt. Als sie persönlich in der Therme vorsprach, um sich über den Umgang mit Kritik zu beschweren, bekam sie zwei Gutscheine in die Hand gedrückt. Einlösen möchte sie diese aber nicht.

„Nein, ich gehe da nie wieder hin“, sagt Garrelts. „Ich finde die Anlage eigentlich schön, aber wer eine Kanzlei oder Agentur damit beauftragt, unliebsame Bewertungen entfernen zu lassen, der hat in meinen Augen ein Verständnis von Meinungsfreiheit, das in der DDR hängen geblieben ist.“

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