Von Henry Klix: Kunst aus allen Rohren
Werders neue Stadtgalerie könnte das Pendant zum Fercher Kossätenhaus bilden / Frank W. Weber mit einer „Bestandsaufnahme“
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Werder (Havel) - Den Namen konnte nur ein Künstler selbst erfinden: Die neue Stadtgalerie in Werders Schützenhaus soll „Kunst-Geschoss“ heißen. Der Vorschlag kommt vom Maler und Grafiker Frank W. Weber, seit 30 Jahren als bildender und konzeptioneller Künstler in Werder tätig. Er ist Kurator der Eröffnungsschau – und hat sich im Rathaus auch als künftiger Treuhänder der neuen Stadtgalerie empfohlen.
Am 30. August soll es soweit sein – dann wird um 13 Uhr bei einem Tag der offenen Tür mit dem neuen Bürgerzentrum im Schützenhaus auch die Galerie im Dachgeschoss offiziell ihre Türen öffnen. Die Neugier ist riesig – die Wünsche, was die Galerie künftig zu leisten hat, vielfältig. Weber erlebt die durchaus lebendige Werderaner Kunstszene als einen „üppigen Strauch, an dem es aber auch viel Wildwuchs gibt“. Alles zurückschneiden, dann als schönen, geraden Strauch wieder hochziehen – das könnte zu einer Aufgabe der Stadtgalerie werden, entwirft der 49-Jährige „ein schönblumiges Bild“.
Er stellt sich eine Achse zwischen der 230 Quadratmeter großen Stadtgalerie und dem kleinen Kossätenhaus vor, dass kürzlich in Ferch eröffnet wurde und künftig die „Alten Havelländischen Maler“ lebendig halten will. „Ferch hat keine Möglichkeiten, sich in die Neuzeit zu erweitern“, meint Weber. Das Kunst-Geschoss könnte also zur Plattform für die heute in der Region aktiven Künstler werden, die sich hier mit ihren deutschen und internationalen Kollegen vergleichen.
Weber weiß, wovon er spricht, vor zehn Jahren war er mit dem Berliner Galeristen Velio Bergemann maßgeblich an der Reaktivierung der „Havelländischen Künstlerkolonie“ beteiligt. Er will sie mit Namen wie Mies van der Rohe, Käthe Kollwitz oder Magnus Zeller nicht auf die Landschaftsmalerei beschränkt wissen.
Aus dem thüringischen Artern stammend ist Weber längst zu Werderaner Größe gewachsen, baute hier nach der Wende am Neuen Forum, setzte durch, dass an der Realschule eine Tafel mit Namen des Häufleins Jugendlicher angebracht werde, die in den Fünfzigern mit freiheitlichem Übermut gegen die Staatsmacht gekämpft hatten. Auch das Mahnmal auf dem Inselfriedhof für die Opfer von Krieg und Gewalt stammt von ihm. Er entwarf die beliebten Aktien zum Wiederaufbau der Bismarckhöhe oder veranstaltete eine „Künstlerfütterung“ zum Baumblütenfest. Sein bildkünstlerischerStil folgt, mit viel Sinn fürs Detail, ein wenig der Neuen Sachlichkeit aus den 20er Jahren.
In einer „1. Bestandsaufnahme“ soll nun mit der Galerieeröffnung allen Werderaner Künstlern ein Podium gegeben werden, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Profis, Halbprofis und Kunstamateure, 26 von ihnen haben die gesetzte Bewerbungsfrist genutzt und werden mit jeweils zwei Bildern oder Skulpturen dabei sein. Gewollt bunt ist der Ausstellungsflyer geraten. Eine schlichte, kleine Ehrung zum 160. Geburtstag Karl Hagemeisters ist auch geplant – mit einigen Werken, die das Rathaus von ihm besitzt, der Ehrenbürgerurkunde und einem vielleicht mit blühenden Stauden geschmückten Porträt. Hagemeister soll auch künftig als „graue Eminenz“ über die Stadtgalerie wachen, vielleicht am Galerieeingang. Die an sich geplante Werderaner Jubiläumsschau der Hagemeister-Kennerin Anja Möller ließ sich in der Stadtgalerie nicht umsetzen – und ist schließlich geplatzt (PNN berichteten).
Nach der Bestandsaufnahme wurde der Kulturlandausstellung „Mit der S-Bahn ins Grüne“ zugesagt. Nachfolgend will Weber nach und nach den vier an der Eröffnungsschau beteiligten Profis die Gelegenheit geben, sich vorzustellen. Den Anfang soll der renommierte Brandenburger Kunstpreisträger Arno Schmetjen machen. „Da kann einfach niemand etwas dagegen haben“, sagt Weber. Grit Rademacher, Kathrin Klemm und Weber selbst sind drei weitere Berufskünstler, die folgen könnten.
Und nicht zuletzt will Weber die Städtepartnerschaften Werders mit künstlerischem Leben füllen: Pleinairs mit Künstlern aus Oppenheim, Hjorring (Dänemark), Tczew (Polen), Birzai (Litauen), Almdorf (Deutschland) und Muan-Gun (Korea) stehen in seinem Galerie-Konzept.
Als Konzeptkünstler weiß er, wie ein Dialog mit dem Publikum funktioniert. Und doch werde es nicht einfach, ständig allen Ansprüchen gerecht zu werden. Der Kunstbetrieb sei eine „Leiter“ – und renommierte Künstler würden nur an entsprechenden Orten ausstellen. „Werder“ könnte künftig womöglich einer von ihnen heißen. Drei Jahre werde es wohl dauern, dem „Kunst-Geschoss“ ein Gesicht zu geben. Das, sagt Weber, wäre dann die Gelegenheit für die Bestandsaufnahme Nummer Zwei.
„1. Bestandsaufnahme“, 30. August bis 5. Oktober im „Kunst-Geschoss“ des Schützenhauses, Uferstraße 10. Geöffnet Mittwoch , Donnerstag, Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr. Im Internet unter www.kunst-geschoss.de
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