Potsdam-Mittelmark: Kunstverein Orphée ist insolvent SV-Beiträge nicht gezahlt. Streit mit Waldorfschule
Werder (Havel) - Hinter den Plänen des Vereins „Orphée Werk Kunst Atelier e.V.
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Werder (Havel) - Hinter den Plänen des Vereins „Orphée Werk Kunst Atelier e.V.“ für eine Jugendkunstakademie in Werder steht ein großes Fragezeichen: Der Verein ist zahlungsunfähig. Am 12. Februar findet im Potsdamer Amtsgericht die Gläubigerversammlung statt. Hauptgläubiger ist die Krankenkasse DAK und die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Der Verein hatte Pflichtbeiträge und SV-Beiträge seiner bis zu sechs Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß abgeführt, wie aus einem Gutachten des Insolvenzverwalters Nikolaus Schmidt in Berlin hervorgeht.
Demzufolge hat Vereinschef Werner Wendt einen Teil der Außenstände bei der DAK bereits aus seinem Privatvermögen beglichen, die IKK hat sich ihr Geld per Zwangsvollstreckung vom Geschäftskonto des Vereins geholt. Von fast 9 000 Euro Schulden waren zwar nur noch knapp 1 300 Euro übrig. Vor dem Insolvenzverfahren schützte das den Verein nicht. Als größter Posten werden nun womöglich die Kosten für Gericht und Insolvenzverwalter bleiben, insgesamt fast 8 000 Euro.
Wie es zu den Ausfällen kam, wird in dem Gutachten nicht erhellt. An sich wurden, wie es in der Expertise heißt, Gehälter und SV-Beiträge der Orphée-Mitarbeiter komplett aus Fördermitteln eines Bundesprogramms beglichen. Vereinschef Wendt räumte gestern ein, dass es eine finanzielle Schieflage gegeben hat. „Ich bin aber guter Dinge, dass wir zu einer positiven Lösung kommen.“
Der Verein war seit der Gründung 2007 in Werder recht aktiv. So baute er Räume in einer der alten Zernseekasernen, die der Waldorfschule gehören, zu Kunstateliers aus und bot dort Workshops für Kinder und Erwachsene an. Daraus sollte sich eine Jugendkunstakademie entwickeln. Vor drei Jahren wurde eine Kunstsommerakademie mit Jugendlichen aus Osteuropa und Werder auf die Beine gestellt. Außerdem geht die „Bluesnight“, zu der renommierte Musiker in die Stadt kommen, auf eine Idee des Vereins zurück. Unlängst wurde die Musikreihe von einer professionellen Agentur übernommen.
Laut Wendt gehörte eine völlig verregnete Open-Air-Bluesnight neben den Baukosten in der Kaserne zu den Gründen für die Schieflage. Der Mietvertrag mit der Waldorfschule war im Juli ausgelaufen. „Wir hätten die Räume gern weitergenutzt, aber die Zusammenarbeit hatte sich immer schwieriger gestaltet.“ So gab es immer wieder Streit, ob die Schule oder der Verein Herr über die Räumlichkeiten ist.
Wendt zufolge hat die Waldorfschule bei Orphée Außenstände von 30 000 Euro: Für die Räume in der Kaserne sei eine fiktive Miete von monatlich 1000 Euro vereinbart worden, für fünf Jahre also 60000 Euro. Das Geld sollte laut Wendt mit den Sanierungskosten seines Vereins verrechnet werden, die am Ende 90000 Euro betragen hätten. Über alle Details des Vertragsendes sei man sich Ende vergangenen Jahres einig gewesen, als die Schule die Verhandlungen plötzlich abgebrochen habe.
Schulgeschäftsführer Dieter Dörflinger sagte gegenüber den PNN: „Der Verein wollte Unsummen, ohne dass Rechnungen vorgelegen haben oder dass es eine Bauabnahme gab.“ Zudem habe Orphée die Räume über die Vertragszeit, die im Juli endete, hinaus bis zum Jahresende genutzt, weshalb die Schule darüber nachdenke, ihrerseits offene Forderungen anzumelden. Die Sanierung sei die Gegenleistung für eine kostenfreie Nutzung für die Dauer von fünf Jahren gewesen. „Etwas anderes geht aus dem Kooperationsvertrag nicht hervor.“
Insolvenzverwalter Schmidt geht in seinem Gutachten davon aus, dass Orphée seine gemeinnützigen Ziele ernsthaft verfolgt hat. Einen „Rechtsformmissbrauch“ sieht er nicht. Rund 2000 Euro hofft er, aus der Vereinsausstattung herauszuschlagen. Spinnräder, eine Kadiermaschine, Staffeleien, Nähmaschinen, Töpferwerkzeuge und Werkbänke müssten dann verkauft werden. Vereinsvorsitzender Wendt hofft, dass es nicht so weit kommt. Er kündigte einen Neustart im Bürohaus in den Havelauen an, wo der Verein Räume angemietet habe. Die hochwertigen Kursangebote von Orphée würden gut ins touristische Konzept der Stadt passen. An den Plänen für eine Akademie halte man fest. Henry Klix
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