Potsdam-Mittelmark: Kurs auf 725-jähriges Jubiläum
Plessows bewegte Geschichte soll in Erinnerung bleiben
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Werder · Plessow - Genau 720 Jahre alt ist das Dorf Plessow in diesem Jahr geworden. Beinahe unbemerkt ist dieser runde „Geburtstag“ vergangen. Das 725-jährige Jubiläum soll jedoch festlich begangen werden, sagte Lothar Schneiderwind den PNN. Er ist Ortschronist und war von 1965 bis 1993 Bürgermeister der Gemeinde Plötzin, zu der Plessow gehört. Heute sind beide Ortschaften der Stadt Werder angegliedert.
Letztmalig gefeiert wurde in Plessow das 700-jährige Ortsjubiläum im Jahr 1987. Im Zuge der „Masseninitiative ,Schöner unsere Städte und Gemeinden - Mach mit!“ leisteten die Einwohner damals laut Chronik 700 Arbeitsstunden, um ihrem Dorf ein würdiges Aussehen zu verleihen. Ein Vierteljahrhundert später soll nun wieder an die erste urkundliche Erwähnung Plessows erinnert werden. Sie stammt von 1287 und resultiert daraus, dass das Nachbardorf Stargesere, Vorgänger von Neu-Plötzin, samt Gotteshaus, das als Mutterkirche fungiert hatte, abbrannte. Infolgedessen unterstellte Bischof Heidenicus von Brandenburg die Plessower Kirche der zu Plötzin als Filial.
1351 kam Plessow in den Besitz der Familie von Rochow, die allein in der Zauche 20 Dörfer besaß. Kriegszüge und Fehden des streitbaren Adelsgeschlechts führten zu Brandschatzungen, Plünderungen und notorischem Geldmangel, so dass der Ort zeitweise verpfändet werden musste. Im 16. Jahrhundert übernahm Hans XIII. das väterliche Gut und ließ eine barocke Saalkirche an Stelle der abgebrannten hölzernen Vorgängerin errichten. Unter seinem Sohn Hans XIV.wurde während des Dreißigjährigen Krieges damit begonnen, ein Wohngebäude mit Torhaus, dem heutigen Seitenflügel, und neue Wirtschaftsbauten zu errichten, einen Garten und Weinberg anzulegen. Die jetzt noch sichtbare Erweiterung des Seitenflügels um die Dachgeschossebene erfolgte zwischen 1910 und 1920. Die Kirche verdankt ihre heutige Gestalt Hans Wilhelm von Rochow. Unter seinem Patronat wurden zwischen 1866 und 1870 der Westturm errichtet und das gesamte Gotteshaus im neugotischen Tudorstil gestaltet.
Den Gutsherrn Hans Wilhelm von Rochow nannte der letzte deutsche Kaiser einen „Junker von echtem Schrot und Korn“. Ob das deshalb geschah, weil jener nach einer Glücksspielkontrolle den Berliner Generalpolizeidirektor von Hinkeldey im Duell erschoss und zu Festungshaft verurteilt wurde, ist nicht bekannt. Der Fall erregte noch nach Jahren so viel Aufsehen, dass ihn Egon Erwin Kisch in Form in einer Reportage aufgriff.
Ende April 1945 wurde Plessow durch die Rote Armee besetzt. Wenige Tage später mussten alle Einwohner unter Mitnahme des Notwendigsten den Ort verlassen. Sie fanden bei Verwandten, Bekannten oder in Obstbauhütten eine Bleibe und durften das Dorf nur über die Wiesen betreten, um Vieh zu versorgen und „Russenkühe“ zu melken. Nach einigen Wochen endete die Vertreibung, die erst vor kurzem der Chronik anvertraut wurde.
In das Herrenhaus kam 1948 die Wirtschaftsschule des Landes Brandenburg, 1951 die Fachschule für Außenhandel und 1963 die Bildungsstätte der DDR-Zollverwaltung. Heute werden im Bildungszentrum der Bundesfinanzverwaltung mit dem restaurierten Herrenhaus, dem sanierten Wohnheim und neuen Sozialgebäuden Zöllner für den einfachen und mittleren Dienst ausgebildet. Wenn im März 2008 das neue Verwaltungsgebäude und im Mai die Schießhalle fertig sein werden, ist der Aus- und Umbau des Objekts beendet. Dann feiert auch die Plessower Feuerwehr ihren 75. Geburtstag, quasi schon mal als Probe für das 725-jährige Ortsjubiläum im Jahre 2012. Josef Drabek
Josef Drabek
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