zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Landerlebnis auf dem Domstiftsgut Gut Essen in Mötzow / Hofladen in einstigen Viehställen

-

Stand:

Von Georg Jopke Das gut hundert Jahre alte Herrenhaus auf dem weiten Gutshof von Mötzow hat immer noch den Charme eines Rittergutsschlosses, obgleich es nie ein solches war. Wohl aber passten die hier einkehrenden Gäste zu diesem Ambiente. Reichspräsident Paul von Hindenburg hat sich sicher wohl gefühlt, wenn er damals in den 1920er Jahren hier Station machte. Das gehörte gewissermaßen zu seinem Pflichtprogramm, denn er war seit 1915 Domherr des Dom-Kapitels Brandenburg und sechs Jahre später ist er dann auch zum Dom-Dechanten gewählt worden. Gewöhnlich kam er dann zweimal im Jahr in die Havelstadt: Zum Generalkapitel am Michaelistag und danach im Frühsommer, wenn es um reine wirtschaftliche Dinge ging. Dann es bereiste er die kirchlichen Land- und Forstwirtschaftsbetriebe rings um die Stadt und damit eben auch das Domstiftsgut Mötzow nahe am Beetzsee. Die Liste der Besucher mit klangvollem Namen ist lang. Auch „Reichsjägermeister“ Herrmann Göring, in Nürnberg verurteilter Kriegsverbrecher, soll hier Quartier genommen haben, wenn er auf den weiten Landflächen zur Hasen- und Fasanenjagd gegangen ist. Bis in die Gegenwart war das Kirchengut Mötzow mit den dazu gehörenden Landarbeiterhäusern unweit der Brandenburger Stadtgrenze ein echter märkischer Landwirtschaftsbetrieb mit Ackerbau und Viehzucht. Nun ist daraus ein Hofladen geworden, ein „Vielfruchthof mit Landerlebnis“. In den schön ausgebauten Ställen gibt es eine moderne Gaststätte, eine ganze Reihe von Verkaufsständen hat Platz gefunden, auf dem Freigelände davor ist alte Technik zu bewundern, so Traktoren-Oldtimer und Gerätschaften der Feuerwehr. Während der diesjährigen Spargelsaison herrschte auf dem Gelände der erste Hochbetrieb. Angeboten wurde das Edelgemüse in allen Qualitätsklassen, das Restaurant mit seinen 250 Plätzen hielt Spargelgerichte in den verschiedensten Variationen bereit. Neben den Speisen und dem Werderaner Obstwein konnten die Besucher auch noch eine kleine Unterrichtsstunde mitnehmen: In einem Stallgebäude war eine Verarbeitungslinie aufgebaut, in der Spargel gewaschen, sortiert und verpackt wurde. Mit Saisonaktionen geht es weiter. Inzwischen standen neben den Beerenfrüchten die grünen Bohnen ganz oben auf der Angebotsliste, geplant wird schon für ein Erntedankfest und natürlich wird es auch einen großen Weihnachtsmarkt geben. Möglich wurde der Weg zum Hofladen, weil sich das Domstift nicht weiterhin mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigen wollte. „Die Kirche ist ja doch kein Produktionsbetrieb“. Dass sie es war, hat auch mit der jüngeren deutschen Geschichte zu tun. Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges war das Gut an einen Privatmann verpachtet. Als die Rote Armee näher rückte, ging er in den Westen. Dann kam die Bodenreform, bei der Großgrundbesitz enteignet wurde. Um dem zu entgehen, hatte die Kirche die Bewirtschaftung selbst übernommen. Über lange Jahre wirkte Hans Müller als „Chef“, der auch bei den benachbarten LPG-Vorsitzenden und Volksgut-Leitern hohes Ansehen genoss. Um die Ablieferungspflichten zu erfüllen, konnte er auch Bauinvestitionen bewirken. Als er vor knapp zwei Jahre in den Ruhestand ging, hat das Domstift die Gutsländereien in Mötzow und ebenso das benachbarte kleine Gut Grabow verpachtet: An Heinrich Thiermann aus Niedersachsen, der bereits im Beelitzer Raum beträchtliche Flächen bewirtschaftet. Unverzüglich hat er in Mötzow mit dem Anbau von Spargel begonnen. In diesem Jahr konnte die weißen Stangen bereits auf 30 Hektar gestochen werden, im nächsten Jahr soll auf 130 Hektar geschehen. Auf den Feldern gedeihen weiterhin Erdbeeren und Kulturheidelbeeren und es wird auch noch traditionelle Landwirtschaft Betrieben: Mit dem Anbau von Getreide, Raps und Mais und auch mit der Grabower Schafherde. Und in guter Pflege ist auch das ehrwürdige Schloss, das weiterhin als Büro dient. Derzeit ist hier eine umfassende Ausstellung zur Geschichte des Brandenburger Domstifts, über Rolle und Bedeutung des Doms und damit über die ganze Siedlungsgeschichte dieses Landstrichs zu sehen. Daneben wird gebaut. „Der Andachtsraum wird wieder hergestellt, der große Versammlungssaal wird bleiben. Er soll für Ausstellungen dienen“, verrät Pächter-Gattin Gertrud Thiermann, die sich um die Wochenmärkte des Familienunternehmens kümmert. Sie ist bemüht, den Hofladen noch durch Stände mit Kunstartikeln zu bereichern.

Georg Jopke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })