KulTOUR: Landpartie zu großen Namen
Zehnte Verkaufsausstellung in der Nudower Dorfkirche mit Namen wie Barlach, Dali und Chagall
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Nuthetal - Einmal ist immer Jubiläum, auch im verträumten Nudow. Aber diesmal haben weder das schmucke Dorf noch seine 1734 erbaute Kronkirche einen runden Geburtstag. Trotzdem hat das Jubiläum mit beidem zu tun: Voller Stolz verweist der Gemeindekirchenrat samt anhängender Kirchengemeinde auf die zehnte „Bilderausstellung“ unterm Kirchendach in Folge. Das kommt nicht der zügig voranschreitenden Innenrenovierung des Gotteshauses, sondern auch den Alt- und Neu-Einwohnern zugute – wer das schier unglaubliche Interesse der Bevölkerung bei den letzten Vernissagen miterlebt hat, weiß, wovon hier die Rede ist.
Die Nudower Strategie ist so einfach, wie sie effektiv ist: Neben diversen Konzerten sollen diese hochkarätigen Ausstellungen Sammler aus Nah und Fern ins Dorf locken. Ein Teil des Erlöses kommt der Generalsanierung des Kirchleins zugute. Zusammen mit Spenden und innerkirchlichen Umlagen aus den Nachbardörfern konnte so die Sanierung der Außenseite samt Turm vollendet werden. So durfte jeder zufrieden sein, die evangelische Gemeinde, das Dorf, der Kirchbau, und natürlich die neuen Besitzer kostbarer Bilder.
Möglich wurde das alles erst durch das rührige Engagement der Kunstsammlerin Ursula Hollop aus Berlin. Sie ist sozusagen die gute Seele vom Buttergeschäft. Neunmal hat sie bereits Raritäten herangeschafft, und auch dieses Mal sind es der großen Namen wieder viele: Holzschnitte aus Ernst Barlachs „Die Wandlungen Gottes“ um 1922, zwei Lithos von Marc Chagall, ein Bischof von der Hand Salvador Dalís, aber auch Clara Poppenrath, Egbert Patzig (ehemals Rehbrücke), Kurt Mühlenhaupt und viele andere geben sich im bescheidenen Kirch-Haus die Ehre.
Wie bisher jede Ausstellung unter einem Leitmotiv stand, so auch die Jubiläums-Schau. „Landpartie“ hat Hans Fenger (1883-1980) sein idyllisches Bild genannt, darauf eine schmucke Kate im grünsten Grün zu sehen ist, im Vordergrund aber, recht stolz, steht Meister Adebar auf einem Bein. Eine ganz dezente Einladung, doch mal ins Umland zu fahren, nach Nudow zum Beispiel, wo ja auch eine glückliche Storchenfamilie wohnt.
Am ersten Sonntag im August (15 Uhr) ist Vernissage, vom Berliner Vokalensemble add9 A capella umrahmt. Dann können sich die Besucher auch vom Fortschreiten der Innenrestaurierung überzeugen, die freilich noch längst nicht abgeschlossen ist. Man hat sich ja bekanntlich auf eine Farbvariante von 1906 geeinigt, die man an einigen Stellen der Kirche innen noch oder nun wieder sieht.
Die ersten Stunden werden wohl wieder die meisten roten Punkte für „reserviert“ oder „verkauft“ bringen, aber eine zünftige Landpartie besteht ja bekanntlich nicht nur aus Chagall, Corinth und Dalí. Zum Beispiel lohnt es sich, ein paar Schritte bis zum Dorfmuseum „Nudow ... seh’ um!" zu machen.
Eine „zehnte“ in dieser Form hätte es eigentlich gar nicht mehr geben sollen. Die rührige Kunstsammlerin Ursula Hollop – die meisten ihrer Bilder kauft sie seit Jahren auf dem höchst elastischen Kunstmarkt Berlins – wollte schon einige Male dem Nudower Kunstprojekt ein Adé sagen, aber die Frauen im Ort baten sie so lange, bis sie verlängerte. Nun sei endgültig Schluss. „Ich habe es meinem Mann versprochen, und dabei bleibt es!“
Ob es jenseits des Jubiläums und ohne sie eine „elfte“ geben wird, ist so unklar, wie die Friderizianische Kirche bereits fertig wäre. Doch kommt Zeit – kommt Rat: Man wird schon sehen! Gerold Paul
4. August bis 15. September, Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr
Gerold Paul
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