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Potsdam-Mittelmark: Leben ist auch Sterben

Die Hospizidee in Potsdam-Mittelmark sucht mehr Öffentlichkeit und Förderer

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Potsdam-Mittelmark - Paul Kyssel-Steepless, Koordinator des ambulanten Hospizdienstes für Potsdam-Mittelmark, gebürtiger Brite und Wahlpotsdamer, wünscht sich mehr Öffentlichkeit für den Hospizgedanken. Kürzlich bat er zu einem Pressegespräch ins Kloster Lehnin, um Öffentlichkeit zu schaffen für die Arbeit seiner zur Zeit vierzig ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Sie sind entweder erwerbstätig, zum Beispiel als Krankenschwester oder Berufsoffizier, oder im Rentenstand. Aber auch junge Menschen gibt es, die sich in einer vierzigstündigem, intensiven Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizhelfer qualifiziert haben.

Meistens ist es die eigene Erfahrung mit dem Abschied von einem nahe stehenden Menschen, die die Betreffenden hierher führten, weiß Kyssel-Steepless. Eine Art der Selbstsorge im Umgang mit Krankheit, Sterben, Tod und Trauer, die Menschen verändert und zugänglicher macht für den verantwortungsvollen Umgang mit den Ängsten und Unsicherheiten anderer Betroffener.

Grundsätzlich ist der Gedanke der Sterbebegleitung nicht neu – in frühchristlicher Zeit und im Mittelalter gab es diese Stätten der Ruhe und Hilfe für Sterbende. Im heutigen Verständnis der Gesundheits- und Altersversorgung in Deutschland ist der Hospizgedanke erst seit den 70ern etabliert, im Osten nach der Wende – und das Ehrenamt bildet den eigentlichen den Kern der gesamten Arbeit. Doch leicht ist es mit der Nachwuchsbildung nicht, so Kyssel-Steepless: Viele, die die Weiterbildungskurse besuchen, springen wieder ab.

Neunzig Prozent aller Menschen äußern den Wunsch, zu Hause sterben zu wollen – tatsächlich sterben auch im Landkreis weit über siebzig Prozent in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, erklärt Kyssel-Steepless. Eine Aufnahme des Kranken bei Angehörigen ist oft kaum möglich, Pflege und Betreuung können allenfalls organisiert werden. Mit der Begleitung, die sich jeder wünscht, hat das noch nichts zu tun.

In Krankenhäusern ist es schwierig, Schwerstkranken einen Tagesrhythmus zu ermöglichen, der ihrem Zustand gerecht wird. Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste haben oft schon bessere Möglichkeiten. Aber auch hier steht die Zeit und die Einstufung des Kranken in eine Pflegestufe gegen eine seelische Begleitung und gegen den mit hohem Zeitaufwand verbundenen Sterbebeistand, meint Kyssel-Steepless ...

Hier greift die Hospizidee mit ihrer Idee, das Verbleiben des Sterbenden in vertrauter Umgebung zu ermöglichen und auch den Angehörigen Beistand zu sein. Und zwar kostenlos – der Dienst von Begleitern wie Jörg Hauer, Maria Lorenz oder Heike Schwarz kann bis zu einem Jahr in Anspruch genommen werden.

Die Zusammenarbeit mit Arzt und Pflegediensten ist „eine sich entwickelnde Größe, die mitunter noch konkurriert statt kooperiert“, sagt Kyssel-Steepless. Aber auch hier würden inzwischen gute Fortschritte erzielt. Was leistet der Hospizdienst? Mitunter ist es das intensive Gespräch, mitunter das Zuhören oder der Wunsch, mit Jemandem eine Sportübertragung im Fernsehen anzusehen oder die Erinnerungen weiterzugeben, die die Angehörigen nicht mehr vorurteilsfrei hören können Zum Beispiel war es einem „Gast“ (die begleiteten Kranken sind Gäste im Leben und werden auch so genannt) eine große letzte Freude, mit seinem Betreuer in einem Cafe, in der Öffentlichkeit, einen Kaffee zu genießen.

Die letzten Freuden, die letzte Zeit in Ruhe, Respekt und Würde zu verbringen, dies zu ermöglichen, ist Sinn der ambulanten Hospizhelfer in Potsdam-Mittelmark. Die vierzigstündige Ausbildung, ergänzt durch ein vierzigstündiges begleitetes Praktikum, durch Supervision und monatlichem Gedankenaustausch, beginnt erneut im März, jeweils samstags bis Mai, und wird fortgesetzt von September bis November.

Interessierte melden sich bei Koordinator Paul Kyssel-Steeples im Kloster Lehnin zur Sprechstunde am Montag von 13 bis 17 Uhr. Telefon (033 82) 768 803 oder (0163) 689 6566.

Magda Gressmann

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