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KulTOUR: Lebendige Abstraktion

Saisonauftakt in der Galerie Töplitz

Stand:

Von Gerold Paul

Werder (Havel) - Wie ein Spatz hinter den Spiegel schaut, ob da noch etwas sei, so will auch der Maler auf den Grund der Dinge kommen. Er sucht das Wesen in der Erscheinung, das Allgemeingültige hinter den Fassaden der Welt, auch hinter der eigenen.

Wählt er für seine Findungen eine abstrakte oder formale Formensprache, so kommt dabei meist „abstrakte Kunst“ heraus, klar. Diese Stilrichtung fehlte in der Galerie Töplitz bisher. Ob sie beim Verein Havel-Land-Art fortan eine Rolle spielen kann und wird, soll die erste Ausstellung vor Ort ab heute ergründen. Zwei Damen und ein Herr werden sich den Galerieraum für eine Woche teilen – und fürwahr, welche „Wege der Abstraktion“ da auch beschritten sein mochten, diese Bilder und Collagen vertragen sich im rohen Gemäuer gleich neben der Kirche völlig problemlos.

Die Potsdamer Malerin Dörte Behrendt liebt den Winter, die Stille, „das Durchsichtige“, wie sie sagt. Um ihren künstlerischen Werdegang in Richtung Abstraktion zu demonstrieren, hat sie drei konventionelle Bilder mitgebracht: Eis- und Schneelandschaften von der Glienicker Brücke und dem Heiligen See. Beim Vergleich mit den beiden „Winter-Zyklen“ daneben erkennt man schnell, was daraus geworden ist: Vor weißem oder wenigstens hellem Hintergrund lösen sich die Formen dieser Veduten, fast pastellen, in pures Licht auf und erzeugen dabei Spiegeleffekte mit sich selber. Wunderbar. Das Bild „Potsdamer Winter“ sieht zwar ziemlich abstrakt aus, offenbart sich dem Kenner dann aber ganz schnöde als ein kupfernes Blechdach am Alten Markt, nur von oben her gesehen. Ganz „natürlich“ also.

Für die Berliner Künstlerin Renate Pallmann ist Abstraktion „mehr“ als der pure Naturalismus. Mehr bedeutet bei ihr Zuwachs an Reflexion, aber auch an Phantasie. Diese Melange findet man nicht gerade oft. Als Erfahrenste unter den Dreien hat sie sich ihren „Spieltrieb“ bewahrt, was sich auch gut als Herzens-Humor übersetzen ließe. Mit bewundernswerter Leichtigkeit bringt sie Malerei und Collage-Material zusammen, macht Menschen und Tiere im scherenschnittähnlichen Ganzbild-Raster zu fabelhaft-mythischen Nachbarn. An den Werken „Kopf und Bauch“, „Mond-Express“ oder „Aufstieg“ entdeckt man sogar etwas ganz Besonderes: Im Gegensatz zu den totenstarren, nur formbewussten Abstraktionen, wie man sie in so vielen Galerien findet, leben die Schöpfungen Renate Pallmanns, ohne überhaupt gestorben zu sein. Sie schwimmen, schweben, fliegen. Lauter „Glanzteile“ voller Humor. Wie sie das schafft, verrät ihr Methodik-Bild „Mit dem Messer“.

Andreas Kramer setzt seine Palette zwar mit größter Zurückhaltung ein, trotzdem ist er der Farbintensivste in Töplitz. Völlig unklar, ob er überhaupt „ein Abstrakter“ ist. Für ihn gehören Figur und Landschaft in jedes Bild. Beides inspirierte ihn in Syrakus und bei den Olympischen Spielen in Hellas, immerfort bis heute. In Berlin und Venedig als Maler und Lehrbeauftragter lebend, hat es ihm das vielgesichtige Blau angetan, Bildgrund, Himmel und Zeichen für höhere Würden. Wie ihn das Kontinuum mehr als das Wechselhafte interessiert, so entwickelte er auch einen tieferen Sinn für „Schichtungen“. Sie fehlen in keinem der Bilder. Maltechnisch beginnt er meist mit Acryl, dann trägt er Öl darauf, immer wieder. Doch auch ein Ästhet wie er braucht mal eine „Traumzeit“. Sein perspektivischer Bildaufbau ist so raffiniert, dass aus „abstrakt“ ganz unversehens wieder "konkret" wird. Klar, „wir suchen immer, was wir kennen!“

Ausstellung bis zum 17. April in der Töplitzer Galerie Havel-Land-Art, An der Havel 68. Heute findet um 16 Uhr ein Eröffnungskonzert in der Dorfkirche statt.

Gerold Paul

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