Potsdam-Mittelmark: Lebensabend in „Klein Werder“
Die Bewohner des neuen Seniorenzentrums „Am Schwalbenberg“ bewahren sich ein Stück Blütenstadt
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Die Bewohner des neuen Seniorenzentrums „Am Schwalbenberg“ bewahren sich ein Stück Blütenstadt Werder - Seit September wohnt Erika Riske im „Hohen Weg“, sie hat hier ein kleines Zimmer bezogen. Die Bewohner des neuen Seniorenzentrums „Am Schwalbenberg“ wollen auf Werder nicht verzichten: Die Flure tragen die Namen bekannter Straßen der Blütenstadt. Auf der Fensterbank von Erika Riske reihen sich Kakteen, an den Wänden hängen Bilder von ihren Enkeln sowie ein Stillleben, welches sie selbst vor über 60 Jahren gemalt hat. Die 83-jährige sitzt am Tisch und isst Kuchen. „Ich habe mich schon ganz gut hier eingelebt“, sagt sie. Nur das Telefon geht noch nicht, das sei schade – sie würde gern mal ihre Familie anrufen. Die letzten technischen Arbeiten müssen am neuen Werderaner Standort der Arbeiterwohlfahrt noch erledigt werden. Die meisten Nachbarn zwischen „Traubenallee“ und „Inselbrücke“ haben ihre Wurzeln an der Havel. Und die noch leeren Wände sollen demnächst Bilder und Gemälde von ortsansässigen Künstlern zieren. Auch wenn für viele der Bewohner ein Spaziergang schwer wird, haben sie die Stadt durch die originelle Namensgebung der Flure doch immer vor Augen. 73 alte Menschen haben in dem neuen Gebäudekomplex im Rotkehlchenweg eine Heimstatt gefunden. Darüber hinaus gibt es vier Kurzzeit- und zwölf Tagespflegeplätze. Zum Service gehört auch eine ambulante Betreuung für das Gebiet um Werder. Die Ausstattung und zahlreiche technische Finessen machen das Seniorenzentrum zu einem sehr modernen Altersruhesitz: Es gibt verschiedene Therapieräume, ein großzügig bemessenes Restaurant mit offener Küche, eine Hörbibliothek. Jedes der Einzelzimmer hat ein eigenes Bad, die Jalousien schließen sich automatisch bei zu starker Sonne. Vor über einem Jahr wurde mit dem Bau im Rotkehlchenweg begonnen. Das über fünfeinhalb Millionen Euro teure Bauvorhaben wurde zu 80 Prozent von Land und Bund bezuschusst. Der Awo-Bezirksverband Potsdam hat damit fast all seine Pflegezentren – neun sind es insgesamt – auf den neuesten Stand gebracht. Zum Abschluss soll nun noch der „Wachtelwinkel“ saniert werden, die bisherige Residenz der Werderaner Senioren. Dass das Seniorenzentrum seit jeher ein fester Bestandteil des Stadtlebens ist, unterstreicht die Therapeutin Katja Pompe. So gebe es seit Jahren einen engen Kontakt mit der Realschule „Carl von Ossietzky“. Alle 14 Tage kommen Schüler vorbei und besuchen die Senioren, reden mit ihnen. Auch anfängliche Berührungsängste der neuen Nachbarn im Rotkehlchenweg konnten abgebaut werden. Pflegedienstleiterin Linett Schuldt kennt alle Bewohner persönlich: ihre Interessen, ihre Lebensläufe, ihre Schicksale. Als sie den Aufenthaltsraum im obersten Stock betritt, wirft sie ein freundliches „Guten Morgen!“ in die Runde. Fröhlich grüßen die Senioren im Chor zurück. „Na, wie geht''s ihnen denn heute? Gut geschlafen?“, fragt sie einen nach dem anderen, drückt dabei herzlich die Hände. Schuldt spricht automatisch lauter, wenn sie sich an ihre Schützlinge wendet. Die halten ihr ebenso automatisch das Ohr entgegen. „Danke!“ Im südlichen Flügel wohnt Heinrich Kimpfel, ein besonders aktiver Rentner. Er engagiert sich im Heimbeirat, berichtet Linett Schuldt. „30 Jahre habe ich in Potsdam gewohnt, auf dem Kiewitt“, erzählt der Mann. Aber hier sei es ja auch ganz nett. Von seinem Balkon aus könne er alles beobachten, „was soll man sonst auch machen“. Den Balkon teilt er sich mit Günther Bahms aus dem Nebenzimmer. Gern wollen beide für ein Foto posieren. „Du musst in die Kamera lächeln, pass“ aber auf, dass die Zähne drin bleiben“, frozzelt Kimpfel. Auch die freche Mundart haben sich die Bewohner in „Klein Werder“ bewahrt. Thomas Lähns
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