
© Albrecht Klink
Von Henry Klix: Lenin ohne Mütze
An der Baumgartenbrücke entsteht ein neues Kunstwerk – und wirft bei den Passanten Fragen auf
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Schwielowsee - Seine Holzkameraden heißen Benno, Ulla oder Herr Jürgens. Sie sind knubbelig, verschränken wichtig die Arme auf dem Rücken, jubeln über ein Fußballtor, melden sich brav wie in der Schule oder zeigen froh in den Himmel. Den Bildhauer Albrecht Klink interessieren weder Pathos noch Heilsbringer. Derzeit ist der Berliner Künstler in Geltow bei der Erschaffung von Felix Krone zu beobachten. Sind seine Figuren gemeinhin so um die 30 Zentimeter hoch, so hat das Werk, dass an der Baumgartenbrücke entsteht, erhebliche Übergröße: Felix Krone misst gut und gerne das Zehnfache, doch trotz seiner direkt aus einem 110 Jahre alten Eichenstamm erwachsenen Wucht zaubert er bei fast allen, die hier per Fahrrad, Auto oder per pedes vorbeikommen, ein Lächeln aufs Gesicht.
„Wo hat denn der Lenin seine Mütze“, fragt ein Radfahrer. Eine Spaziergängerin bleibt mit ihrem Mann stehen, kommt mit Klink ins Gespräch und freut sich, was aus einer kranken Eiche so alles rauszuholen ist. „Klasse!“ Und eine Autofahrerin hält mehrfach an, um aus dem Fenster Handyfotos aus verschiedenen Perspektiven zu schießen. Kommunikation statt Selbstverwirklichung. Klinks künstlerischer Anspruch scheint bereits aufzugehen. Nur einmal, sagt er, da sei ein Passant sauer gewesen. „Hier an die Geltower Baumgartenbrücke gehört doch der Theodor Fontane hin, und nicht irgendein Felix“, habe der gesagt.
Felix Krone hat dazu still seine Krone vor dem Bauch gehalten und die Augen ins Irgendwo gerichtet. Wo schaut er hin? Was macht er mit der Krone? Warum steht er hier am Ufer? Das ist doch kein König? Unabstrakte Fragen, aus denen sich gute Geschichten entwickeln ließen. Und so etwa ist es vom Künstler auch gemeint. „Hier geht es nicht um die erhabene Krone der Schöpfung, sondern zum Beispiel darum, wie es jeder mit seiner eigenen Krone so hält“, sagt Albrecht Klink. Eine ganze Serie von Kronenfiguren sind bereits entstanden, wie die Zeigenden gehören sie zum festen Repertoire des Künstlers.
Albrecht Klinks Vater und Großvater waren Bildhauer, der Urgroßvater Steinmetz. Und dieses oder jenes sakrale Schnitzwerk im Würtembergischen stammt von seinen Ahnen. Kunst, so hat es Albert Klink als Kind mit auf den Weg bekommen, ist etwas ernstes schweres, Problem-bezogenes. Davon hat er sich gelöst. „Ich möchte keine Probleme darstellen, sondern Lösungen“, sagt der 47-Jährige. „Lustige Rollen mit Tiefgang sind im Theater ja auch seltener als tragische“, sagt er.
Wie er an die Baumgartenbrücke gekommen ist, ist eine mit Holzkumpels dekorierte Geschichte für sich. Als direkt vor dem Eingang des Fercher Museum der Havelländischen Malerkolonie die schöne alte – aber leider morsche – Kastanie gefällt werden musste, erinnerte man sich im Rathaus an den Holzbildhauer, der 2008 bei der Caputher Kunsttour ausgestellt hatte. Klink wurde gefragt, ob sich aus der Kastanie nicht etwas schöpfen ließe. Er ließ schon seine Kettensäge warm laufen, doch leider stellte sich heraus, dass der hohle Stamm nicht zum Gesamtkunstwerk taugt.
Aus den Seitenstämmen schnitzte Albrecht Klink immerhin noch die „Fercher Serie“, zehn kleinere Figuren, von denen drei schon verkauft sind, darunter übrigens der dritte „Zeigende“ in diesem Jahr. Dann fiel einer Mitarbeiterin des Bauamtes zum Glück noch ein, dass eine kranke Eiche – Stammdurchmesser 1,40 Meter – an prominenter Stelle fallen muss. Der Stamm blieb stehen, nur die Krone fiel – und Albrecht Klink übernahm das Projekt hier auf eigene Rechnung. In die Potsdamer Havel hat er sich längst verliebt. „Ich kenne keine Landschaft, die schöner ist.“
Neben Motorsäge und Winkelschleifer wird in den nächsten Tagen zunehmend der Stechbeitel zum Einsatz kommen, Albrecht Klink denkt gerade über die Schattenwirkungen im Achselbereich seiner neuesten Schöpfung nach. Zum Schluss bekommt Felix Krone auch noch einen Farbanstrich – blaue Hose, rote Jacke, goldende Krone – kein echtes Gold, versteht sich, Felix liebt es schlicht.
Irgendwann im August, hofft Klink, wird Felix Krone fertig sein, auf jeden Fall zur Caputher Kunsttour. Bis dahin wird Albrecht Klink wohl auch noch einige Dutzend weitere Flyer der Kunsttour (29./30. August sowie die drei nachfolgenden Wochenenden) verteilt haben, zu der er seine Werke wieder im Garten von Sigrid Müller-Holtz am Caputher Gemünde ausstellen wird – einfach, stark und frohen Mutes.
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