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Potsdam-Mittelmark: Letzte Chance für Uferstraße

65 statt 130 Baumfällungen – Kreisstraßenbetrieb diskutierte mit Bürgern eine neue Ausbauvariante

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Schwielowsee - Videofahrten auf der Strecke, animierte Fahrten auf der Neubaustrecke, Planzeichnungen, Simulationen, Statistiken und sogar Darstellungen der Baumkronen: Eine so gründlich vorbereitete Straßensanierung erlebt man selten. Am Donnerstagabend hat der Kreisstraßenbetrieb mit drei Laptops und zwei Beamern in einer Bürgerversammlung die Vorentwürfe für die enge und marode Kreisstraße Caputh-Ferch vorgestellt. Selbst solche Veranstaltungen gehen über das Übliche hinaus. Dass man so penibel ist, hat einen Grund: Der Sraßenausbau soll nächstes Jahr beginnen, das Projekt ist ein Politikum. Das zeigte sich auch am Donnerstagabend.

Der Geschäftsführer des Kreisstraßenbetriebs, Jürgen Kettler, kam zu Beginn der Veranstaltung vor lauter Zwischenrufen aufgewühlter Protestler kaum zu Wort. Allerdings gab es unter den etwa vierzig Gästen im Caputher Gildehaus eine Mehrheit von etwas stilleren Befürwortern einer Sanierung, unter ihnen der Caputher Ortsvorsteher Jürgen Scheidereiter (UB). Als er um Fairness und eine sachliche Diskussion bat, konnte Kettler schließlich doch noch loslegen.

Mancher hat in dem Nadelöhr schon seinen Autorückspiegel gelassen, im Begegnungsfall gilt das Gesetz des Stärkeren. Laut Kettler gehe es bei der Sanierung um mehr Sicherheit und Klarheit für alle Verkehrsteilnehmer. Sie sollen eindeutig wissen, wo sie warten müssen und fahren dürfen. Die Ausbaukritiker fürchten um das Landschaftsbild am Schwielowseeufer, vor zwei Jahren wurde eine erste Planung, die einen durchgehend zweispurigen Ausbau vorgesehen hatte, über Bord geworfen und die Sanierung verschoben. Man sei den Kritikern mit der jetzigen Variante „bis zur Grenze der Vertretbaren“ entgegengekommen, so Kettler. Statt anfangs 130 sollen 65 Bäume für den Straßenausbau gefällt werden. Deshalb wird es eine durchgehende Aufweitung auf 5,50 Meter – das sind zwei schmale Spuren – nur auf der Caputher Hälfe der Strecke geben. Bei Tempo 60 bleibt es so oder so.

Die Fercher Hälfte der 2,4 Kilometer langen Uferstraße wird mit einem Dutzend rund 60 Meter langer einspuriger Engstellen versehen, von Ferch wird man sie bevorrechtigt passieren können. „Wir haben die Engstellen so gelegt, dass möglichst viele Bäume gerettet werden“, so Kettler. Anfahrschäden, Krankheiten, Alter – das Baumgutachten hätte auch als Begründung für die Fällung aller 130 Bäume gereicht, stellte er klar.

Dennoch war auch am Donnerstag noch von einer „Verschleuderung von Steuergeldern“ die Rede, Wortattacken gab es zu den geplanten Leitplanken. SPD-Ortsverbandschefin Heide-Marie Ladner kritisierte: „Ich sehe bis auf den Asphalt keine Verbesserung gegenüber der jetzigen Situation.“ Und die zwinge zum Langsamfahren, ergänzte ein anderer. Also Tempo 40 ausweisen und alles so lassen, wie ein Vorschlag lautete?

Ferchs Ortsvorsteher Roland Büchner (BBS) erinnerte daran, dass der Gemeinderat die neue Ausbauvariante bereits einstimmig befürwortet hat. Es gebe viele gefährliche Situationen auf der Strecke, längst nicht alle stünden in der Unfallstatistik. Durch die Sanierung bekomme man eine bessere Straße, gerade für Touristen, die sich nicht auskennen. „Der Kompromiss ist gut. Ich sehe nicht mehr, dass wir durch die Fällungen den Erholungscharakter verlieren.“ Viele gaben ihm recht: Der jetzige Zustand sei untragbar, sagte eine Bürgerin. Mit den Änderungen sei das Projekt auch umweltfreundlich. Es sei „fast ein Wunder“, dass noch kein schlimmer Unfall passiert ist, befand eine andere.

Stimmt der Kreistag der Finanzierung zu, soll die Sanierung in zwei Abschnitten erfolgen: Im Sommer 2013 wird die erste Fercher Hälfte gebaut, im Frühjahr 2014 die zweite Hälfte bis kurz hinter Flottstelle. Die Aufweitung auf die Zweispurigkeit erfolgt zum Seeufer hin, die Hangseite der Uferstraße soll für den Ausbau nicht angefasst werden. Für die Bauzeit von insgesamt sieben Monaten ist eine Vollsperrung erforderlich.

Von den Baukosten von etwa 1,4 Millionen Euro werden 75 Prozent gefördert. Auch das ist für Jürgen Kettler ein Argument, das Projekt jetzt anzugehen. „Es ist die letzte Chance, in ein paar Jahren wird der Bund die Mittel einschmelzen.“

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