zum Hauptinhalt

Südwestkirchhof Stahnsdorf: Letzte Ruhe im Mausoleum

Brandenburgs Landesregierung will das Bestattungsgesetz ändern. Der Südwestkirchhof Stahnsdorf hofft, dadurch mehr Paten für Grabbauten zu finden.

Von Enrico Bellin

Stand:

Stahnsdorf - Die schmale Wendeltreppe schlängelt sich s-förmig hinunter in die Gruft des Mausoleums im ägyptischen Stil auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof. In strahlendem Blau fallen die Lichtstrahlen am sonnigen Montag durch die getönten Glasscheiben in die Grabkammer und auf den Sarkophag, der dort seit den 70er-Jahren leer steht. Doch die Stahlträger des 1918 erbauten Mausoleums rosten, die Außentreppe bröckelt, das Dach ist mit Plastik abgedeckt. „Allein in dieses Mausoleum müssten etwa 200 000 Euro investiert werden“, sagt Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeld. Seit Jahren suche er Paten für den Bau. Jetzt sollen sich die Chancen dafür erhöhen: Die Regierungskoalition will auch in Brandenburg wieder die Bestattung in Mausoleen erlauben. Ein entsprechender Antrag von SPD und Linke soll am Freitag im Landtag beraten werden.

Laut Ihlefeld ist das für den Südwestkirchhof eine wirklich gute Nachricht: 25 denkmalgeschützte Mausoleen stehen auf dem Areal, die meisten davon leer. Die vier Mitglieder der Familie Harteneck etwa – Berliner Kunstsammler, die das ägyptische Mausoleum errichten ließen – wurden zu DDR-Zeiten neben dem Mausoleum begraben, da schon damals die Baufälligkeit des Gebäudes die Totenruhe gefährdete. Andere Mausoleen sind besser erhalten, Patenschaften dort sind schon ab 15 000 Euro zu haben. Doch bisher seien viele Interessenten abgesprungen, da sie nicht selbst im von ihnen hergerichteten Mausoleum beigesetzt werden dürfen. „Wir haben überwiegend Berliner Publikum, dort ist das schon lange möglich“, so der Friedhofsverwalter. Die Menschen verstünden nicht, warum das in Stahnsdorf bisher nicht geht.

Erst für drei der Mausoleen gibt es Patenschaften, zwei weitere sind Ihlefeld zufolge in Anbahnung: Unter anderem wolle sich eine nach Potsdam gezogene Familie die pompöse Grabstätte der Boedefelds sichern, gegenüber der norwegischen Holzkapelle. Der Abschluss hänge unter anderem von der Gesetzesänderung ab. Wer eine solche Patenschaft abschließt, verpflichtet sich nicht nur zu einer Anfangsinstandsetzung der Bauten, sondern ist auch für deren Unterhalt zuständig. Die Gebäude bleiben im Kirchenbesitz, da die Kirche nicht verkaufen dürfe. Zwar wurden viele der meist in den 20er-Jahren gebauten Mausoleen von Familien errichtet, doch nach 60 Jahren sind sie an die Kirche gefallen, da sich die Familien ihrer nicht mehr annehmen wollten – entweder waren sie Ihlefeld zufolge nicht mehr aufzufinden, wie im Fall des ägyptischen Mausoleums, oder es sind jüdische Familien, die nach dem Zweiten Weltkrieg nichts mehr mit Deutschland zu tun haben wollen.

Durch den Denkmalschutz können Paten zwar den eingravierten Namen der früheren Besitzer nicht durch ihren eigenen ersetzen. Sie können aber kleine Schilder an der Seite oder auf daneben liegenden Steinen anbringen. Da auf Friedhöfen in Brandenburg keine neuen Mausoleen gebaut werden dürfen, ist die Patenschaft nach der Gesetzesnovelle künftig die einzige Möglichkeit für solch pompöse Grabstätten. Die gesetzliche Liegezeit von 20 Jahren nach der Beisetzung garantiert die Kirche. Da man die Patenschaften auch vererben kann, lässt sich sicherstellen, dass das Mausoleum später die ganze Familie beherbergen kann.

Wie viel Geld insgesamt in die maroden Grabstätten investiert werden muss, ist Ihlefeld zufolge noch nicht erfasst. Fördermittel gebe es keine, sodass nur die Gelder der Paten den Erhalt sichern können, und das möglichst schnell: „Wenn erst einmal ein Teil eines Mausoleums eingestürzt ist, kann man es kaum noch retten.“ Deshalb drängt auch die Regierungskoalition in ihrem Antrag, ein neuer Entwurf des Bestattungsgesetzes soll bis Sommer erarbeitet werden. Ihlefeld rechnet damit, dass der Antrag großen Anklang findet. So sei vor Kurzem auch die Abgeordnete Saskia Ludwig von der oppositionellen CDU vor Ort gewesen und habe sich für den Erhalt der Mausoleen ausgesprochen.

Wichtig ist die Gesetzesänderung nicht nur für Mausoleen: Auch unter manchem Grabstein auf dem Friedhofsgelände befinden sich Ihlefeld zufolge Grabkammern. Erst vor wenigen Wochen sei er auf eine bisher unbekannte Kammer gestoßen, selbst nach 28 Jahren auf dem Südwestkirchhof finde er solche Raritäten noch immer. Künftig könnten auch dort wieder im luftdicht abgeschlossenen Zinksarg Menschen beigesetzt werden – das sei eine hygienische Voraussetzung für diese Bestattungsart. Da die Särge nicht sehr ansehnlich sind, können sie aber etwa im ägyptischen Mausoleum wieder in den alten Sarkophag gelegt werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })