KulTOUR: Links Wald, Lücke, rechts Wald
Caputher Ausstellung des Kulturforums Östliches Europa zum „Dönhoffschen Königsschloss“
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Schwielowsee - Weil das „Kulturforum Östliches Europa“ in Potsdam keine eigenen Ausstellungsräume hat, muss man, falls es etwas mitzuteilen gibt, auf Partnersuche gehen. Fürs Preußische, Herrenhäuser und Größeres, ist das Schloss Caputh stets dankbarer Kommanditist gewesen. So auch jetzt, wenn man gleichsam die Ausstellung zum Buch „Friedrichstein. Das Schloss der Grafen von Dönhoff in Ostpreußen“ präsentiert. In prominenter Besetzung wird die Fotoschau heute im Westflügel eröffnet. Neben dem Chef der Stiftung und der Direktorin des Deutschen Kulturforums Osteuropa sind die Mitherausgeber GMD Christian Thielemann, München, und Kilian Heck, zugleich Kurator der Schau, dabei. Großer Bahnhof im kleinen Caputh.
Warum eigentlich? Abgesehen von den allgemeinen „Schularbeiten“ wie Erinnerungsarbeit, Aufarbeitung von Geschichte und Zukunftsbewältungung mit den heutigen Bewohnern der einstigen Ostgebiete, geht es um die Vergangenheit des Dönhoffschen Anwesens, nahe Königsberg gelegen. Es wurde Anfang des 18. Jahrhunderts für Otto Magnus Graf Dönhoff (1665-1717) gebaut, ein weiteres Werk des Architekten Jean de Bodt, der am Berliner Zeughaus und dem Potsdamer Stadtschloss Anteile hatte. Schloss Friedrichstein galt als Stammsitz der einstmals westfälischen Adelssippe, die sich im polnisch-litauischen Gebiet „zu einer „bedeutenden Magnatenfamilie“ (Flyer) emporschwang. 1633 der Reichsgrafenstand, vier Jahre später der Reichsfürstenstand für einen Zweig der Familie. Ein Teil der Dönhoffs diente den Habsburgern (und starb dabei aus), ein anderer den Hohenzollern. Anfang 1945 wurde dieses als „Königsschloss“ geltende Bauwerk von den Russen niedergemacht, seine Ruinen später abgetragen.
Anhand historischer Fotos kann der Betrachter nun im Nachhinein anschauen, wie fürstlich die Dönhoffs bis zum Zusammenbruch lebten, Möbel, Tapisserien und Kunstwerke sind zum Teil erhalten. Sogar ein Kant-Manuskript hat man gefunden. Es gibt Abbildungen aus dem Park und von völlig maroden Nebengelassen. Die Texttafeln informieren über die Geschichte der Familie, wollen das gewaltige Anwesen zugleich in den Kontext anderer Herrenhäuser einordnen. Ostpreußens Elite war ja für Land und Leute „kulturprägend“. Heute, war vorab zu hören, interessiere sich die polnische wie auch die russische Jugend sehr für die deutsche Geschichte des fremd erworbenen Bodens. Zwei untereinander gehängte Fotos zeigen, wie sehr man einem Phantom nachjagt – oben: Links Wald, dann Schloss, rechts Wald. Unten: Links Wald, Lücke, rechts Wald. Die Lücke bezeichnet den Ausstellungs-Gegenstand. Deshalb solches Eingedenken?
Den Veranstaltern, so wurde versichert, geht es mitnichten um ein „Hurra, wie schön war Ostpreußen!“, sondern um eine Art Retrospektive für die moderne Rezeption: Schaut, so sah das damals aus. Die Kuratoren des Caputher Schlosses hatten dieses Angebot ausdrücklich für 2009 reserviert, auch wegen des Dreikönigstreffens. Mehrere Veranstaltungen werden es bis Oktober begleiten. Zur Vernissage (heute um 15 Uhr im westlichen Seitenflügel) wird eine Vertreterin aus dem Hause Dönhoff erwartet.
Gerold Paul
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