
© Manfred Thomas
KulTOUR: Malerdorf „auf dem Weg zum Expressionismus“
Museum der Havelländischen Malerkolonie zeigt Ausstellung zur Landschaftsmalerei der zweiten Generation mit Werken von Zeller, Moll und Heckendorf
Stand:
Schwielowsee - Warum nur in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nahe liegt? Die neue Ausstellung „Auf dem Weg zum Expressionismus“ im Museum der Havelländischen Malerkolonie in Ferch hält so viel Erstaunliches bereit, dass es sogar ferne Kunsthäuser in Europa interessieren sollte. Ganz bescheiden tarnt sich die wieder von Stefanie Krentz konzipierte Schau als Nachfolgerin der „ersten Malergeneration“ am Schwielowsee um Karl Hagemeister und Carl Schuch. Bereits am ersten Tag kamen hundert Besucher in die Ausstellung.
Allerdings möchte die Kustorin den Titel auf „Weg“ betont wissen, denn in etlichen Bildern stecke doch noch „der Impressionismus“. Klar, die stadtflüchtigen Maler-Pioniere waren ja ausgezogen, nach der mehr oder weniger „reinen“ Natur zu suchen. Die zweite Generation, das sieht man sehr schön, interessierte sich wieder mehr für den Menschen – mal in, mal ohne viel Landschaft. Sie alle sind im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts geboren. Übrigens lässt man „den Expressionismus“ in Ferch weit kommen, das jüngste Bild – Magnus Zellers „Seelandschaft“ – stammt aus dem Jahr 1955.
Die Gliederung im Kossätenhaus ist so klar wie genial: Die Abteilung „Garten und Schöpfung“ stellt zwei jüdische Künstler vor, beide in NS-Vernichtungslagern getötet. Während die bekannte Porträtmalerin Julie Wolfthorn neben Dora Hitz und Käthe Kollwitz damals zu den führenden Künstlerinnen Deutschlands zählte – ihre Bekanntschaft mit der berühmten Familie Muthesius dokumentiert ein Gartenbild ihrer Hand – zählt Emil Pottner zu den Neuentdeckungen. Er hatte es 1912 in Berlin gewagt, sich dem jüdischen Galeristen Paul Cassirer entgegenzustellen. 1907 siedelte er sich am Schwielowsee an. Neben farbigen Holzschnitten und Druckgrafik sind in Ferch auch hübsche Tierplastiken von ihm zu sehen. Sein Ölbild „Gänse und Enten am Ufer“ (1917) ist ein echter Hingucker.
Die zweite Abteilung, „Panorama und Idyll“, wird durch Theo von Brockhusen und Franz Heckendorf repräsentiert. Letzterer war als bekennender Expressionist ein erklärter Feind impressierender „Farbflecke“. Der Neu-Geltower sah und malte gleichsam „von oben“ – so, wie er es als Flieger in Weltkrieg Eins gelernt hatte.
Abteilung Drei: „Figur und Landschaft“. Auch hier zwei interessante Handschriften: Marg (Margarete) Moll bekam ihren ersten Zeichenunterricht bei Oskar Moll, ihrem späteren Mann. 1906 mietete das Paar ein Bauernhaus in Caputh. Ihr Name ist eng mit Henri Matisse und Lovis Corinth (ihm gebührte ein Ehrenplatz in der Beelitzer Straße 1!) verbunden. Der künstlerische Ziehvater so vieler „Schwielowsee-Kolonisten“ porträtierte sie, der Franzose führte sie in die Kunst der Skulptur ein, ein bronzener Fischerkopf gibt Zeugnis davon. Bei Max Kaus (zweite Neuentdeckung) sieht man dann, wie sich der Proporz gegenüber der ersten Maler-Generation umkehrt: Jetzt tritt die Landschaft hinter dem Figürlichen zurück. Neben seiner opulenten „Pferdeschwemme" zeigt das Museum auch filigrane Grafik, badende junge Damen. Von Kaus führen Spuren zu Einstein und dem Expressionisten Erich Heckel – da flicht sich rund um Ferch wohl noch einiges zusammen!
Magnus Zeller vertritt die letzte Rubrik „Aufruhr und Rückzug“ im Solo. Bei ihm ist der expressionistische Stylus wohl am klarsten vertreten, etwa in "Reiter im Gewitter" von 1926, Reflex auf den Tod seiner Frau. Endlich hat ihn jemand vom Status eines „Landschaftsmalers“ erlöst!
Geöffnet bis 31. Oktober, mittwochs bis sonntags jeweils von 11 bis 17 Uhr
Gerold Paul
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