
© Andreas Klaer
Pfarrer-Ehepaar aus Langerwisch: Marathon der frohen Botschaft
Weihnachten im Pfarrhaushalt: Wie Juliane Rumpel, Pfarrerin in Wilhelmshorst und Langerwisch, und ihr Mann Thomas Thieme, Pfarrer in Caputh, die Feiertage verbringen.
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Schwielowsee/Michendorf - Der Ablauf steht: Sie eilt vom Gottesdienst heim, er macht die Würstchen warm und deckt den Tisch, dann Geschenkübergabe, ein Blick auf die Uhr, jeder setzt sich in sein Auto, kurze Zeit später stehen beide hinterm Altar. Juliane Rumpel und ihr Mann Thomas Thieme sind im Auftrag von ganz oben unterwegs. Sie als Pfarrerin in Langerwisch und Wilhelmshorst, er als Geistlicher seit Oktober in Caputh. Ihr Weihnachten gleicht einem Marathon.
„Wir haben die Freude, die frohe Botschaft den ganzen Tag zu verkünden“, sagt Juliane Rumpel und lacht. Sieben Gottesdienste hat die 36-Jährige über die Feiertage, davon allein fünf an Heiligabend. Ihr Mann, ebenfalls 36 Jahre alt, kommt auf drei Gottesdienste, dazu ein Krippenspiel, am zweiten Weihnachtsfeiertag besinnliches Singen.
Die Predigten schon lange im Kopf
Wer so viel predigt, muss auch was zu sagen haben. Eine Woche vor Weihnachten dreht sich im Langerwischer Pfarrhaus alles um die anstehenden Gottesdienste. Aus den Arbeitszimmern hört man das Klackern der Computertasten, dazwischen Pausen und Gespräche. Bei Juliane Rumpel sind die Predigten lange im Kopf, bevor sie aufs Papier kommen, bei Thomas Thieme stehen sie nach ungefähr vier Stunden. Der Feinschliff fehlt dann aber noch.
Gerade zu Weihnachten, wenn viele Predigten anstehen, hat es durchaus Vorteile, dass der Partner den gleichen Beruf hat. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen schaut sich das Paar kurz an, dann verrät sie: „Wir übernehmen auch Teile der Predigt vom anderen, wir nennen es das Ehe-Plagiat.“ Jetzt lacht auch ihr Mann mit den lockigen Haaren.
Bedürfnis nach Spiritualität
Zu Weihnachten ist der Druck besonders groß: Der Ablauf der Gottesdienste ist zwar klar, viel Neues müsse man sich da nicht einfallen lassen. Die Predigt aber, die sei dafür umso zentraler. „Ich weiß, da sitzen viele Menschen, die erreiche ich nur an diesem Abend“, sagt Juliane Rumpel, die ehemalige Pfarrerin der Garnisonkirche. In der Wilhelmshorster und Langerwischer Kirchengemeinde ist es nun ihr zweites Weihnachten.
Zudem hätten viele Kirchenbesucher zu Weihnachten ein Bedürfnis nach Spiritualität – als Geistlicher sei es wichtig, darauf richtig einzugehen. „Unser Pfarrer hat uns früher ein schlechtes Gewissen gemacht“, erzählt Thomas Thieme. Er betonte, dass die Kirche zum Festtag besonders voll sei – ein Hinweis darauf, dass er sich das unterm Jahr auch wünschen würde.
Die Weihnachtsbotschaft in die heutige Zeit bringen
Eine weitere Herausforderung bei der Predigt: „Die Atmosphäre muss man ernst nehmen, ohne kitschig zu werden“, sagt Juliane Rumpel. Ihr sei es wichtig, die Weihnachtsbotschaft ins Heute zu versetzen. Aber bei allem, was sich derzeit in der Welt abspiele, sei es gar nicht so leicht, die Friedensbotschaft zu verkünden. Ihr Mann ergänzt: „Es brodelt in Deutschland, es brodelt in den Menschen.“ Besonders zu Weihnachten, dem Fest der Familie, würde vielen Menschen bewusst werden, wie gut man es habe und wie es im Gegensatz dazu vielen Flüchtlingen geht, deren Familien oft entrissen sind.
Für den jungen Pfarrer sind die Gottesdienste der nächsten Tage sozusagen sein weihnachtlicher Einstand am Schwielowsee. Seit Anfang Oktober ist er der neue Geistliche in Caputh. Zuvor arbeitete er in der Kreuzkirchengemeinde in Berlin-Schmargendorf. Mit seinem Wechsel trete er in Riesenfußstapfen. 14 Jahre lang hat sein Vorgänger, Hans- Georg Baaske, das Leben in Caputh geistlich und weltlich mitgeprägt. Jetzt ist er Leiter des neuen Umweltbüros der Landeskirche Berlin-Brandenburg (PNN berichteten). Er kümmere sich dort um die Bewahrung der Schöpfung, so heiße es offiziell, sagt Thomas Thieme.
Vielfältiges Caputher Kirchengemeindeleben
Die freie Stelle in Caputh hat dem jungen Pfarrer vor allem wegen der Nähe zu seinem Wohnort in Langerwisch gut gefallen. „Je mehr ich mich mit Hansi Baaske unterhalten habe, umso mehr Lust habe ich bekommen.“ Und tatsächlich, Thomas Thieme ist mittlerweile begeistert, wie reichhaltig und vielfältig das Caputher Kirchengemeindeleben ist. Für einen Pfarrer ein Glücksfall, „einen Garten vorzufinden, der so gut angelegt ist“.
Es gebe in Caputh nicht – wie sonst oft üblich – nur einen Kirchenchor. Caputh hat auch einen Handglockenchor, einen Chimes-Chor – Chimes sind Klangstäbe –, einen Bläserchor, den Instrumentalkreis „Tee und Töne“ sowie die Band „Butter bei die Fische“, die neue geistliche Lieder spielt. Popmusik, ergänzt Thomas Thieme. Er hält kurz inne: „Jetzt habe ich bestimmt noch jemanden vergessen.“ Es gebe einfach sehr viele Interessierte und Engagierte, die den Gottesdienst gestalten wollen, „das ist sehr attraktiv für den Pfarrer und die Gemeinde“.
On the road
Künftig will Thomas Thieme die Zusammenarbeit mit der Caputher Kunst- und Kulturszene weiter ausbauen. Musik liegt ihm am Herzen, er plant Jazz-Gottesdienste und will Psalme, die er selbst zu Liedern verdichtet, in die Gottesdienste einbringen. Auch für Kunst soll es Platz geben in der Kirche. „Ich bin positiv überrascht, wie die Caputher mit dem Pfarrerwechsel umgehen.“ Man wüsste, er sei neu und anders, „und sie haben mir gesagt, dass sie von mir nicht erwarten, ein zweiter Hansi Baaske zu sein“.
Zurück nach Langerwisch. Während man in anderen Familien versucht, an den Weihnachtsfeiertagen Ruhe und Besinnlichkeit einkehren zu lassen, ist das Pfarrerehepaar im wahrsten Sinne des Wortes on the road. Das Fest mit der Familie gab es bereits vorab – am dritten Advent. „Auch den ersten Sonntag nach den Feiertagen haben wir offiziell frei.“
Endlich: stille Nacht
Weihnachten will Thomas Thieme nicht nur auf den 24., 25. und 26. Dezember beschränken. Ruhe und Besinnlichkeit kann man noch bis zum 2. Januar einkehren lassen, „Weihnachten geht eigentlich bis zu Mariä Lichtmess.“
Auf den Trubel der nächsten Tage freut sich Pfarrer Thomas Thieme. Gerade Weihnachten und Ostern seien für einen Pfarrer die tollsten Arbeitswochen, da mache man vor allem das, was einem Spaß macht – predigen. Und selbst am anstrengenden Heiligabend fällt spätestens beim letzten Gottesdienst zu Mitternacht die Anspannung von den beiden Geistlichen ab. „Für mich ist es der schönste Moment“, sagt Juliane Rumpel. Danach komme dann endlich die Stille Nacht.
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