
© Johanna Bergmann
Feuerwehr Schenkenhorst: Mehr Bengel als Engel
Steffi Pietzner leitet die Feuerwehr Schenkenhorst. Sie fühlt sich wohl in der Männerdomäne.
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Stahnsdorf - Sie hat immer gern im Dreck gewühlt, spielte lieber mit Jungs. Später fasste sie in einer Männerdomäne Fuß, die noch immer nur wenige junge Frauen begeistert: Steffi Pietzner wurde Feuerwehrfrau. Seit sechs Jahren ist sie Chefin der Schenkenhorster Ortswehr, seit dem letzten Jahr stellvertretende Gemeindewehrführerin. Eine ungewöhnliche Karriere und das vorläufige Ende einer anfangs irrwitzigen Idee. Denn Steffi Pietzner ist dort, wo sie nie hinwollte.
Als die Freiwilligen Feuerwehren Sputendorf und Schenkenhorst in den 90er-Jahren zusammengelegt worden waren, gab es in Sputendorf, wo sie wohnte und ihre Mutter Gabriele Bürgermeisterin war, plötzlich keine eigene Feuerwehr mehr. „Das fanden die Sputendorfer nicht so lustig“, erzählt die hochgewachsene junge Frau. „In meinem kindlichen Wahn beschloss ich: Ich gründe eine Feuerwehr.“
Damals war sie zwölf. „Ich habe auch Handball und Gitarre gespielt, das hat nicht gehalten. Aber die Feuerwehr, das war meins.“ Und blieb es. Mit 16 wechselte Steffi Pietzner von der Jugendfeuerwehr in Stahnsdorf zu den „Aktiven“ nach Schenkenhorst. „Das war schwer.“ Von vielen Freunden, mit denen sie zuvor Zeit bei Ausflügen und in Zeltlagern verbracht hatte, musste sie sich trennen. „Ich wusste nicht, was mich erwartet, kannte die Leute kaum.“
Es hätte sie kaum besser treffen können, sagt sie heute. Dass sie über die Jahre die einzige Frau geblieben ist, stört sie nicht. Es sei ein Hobby, das sich nicht für jeden eigne. „Wir wollen Feuer löschen. Da musst du auch mal eine 50-Kilo-Pumpe anheben. Da interessieren keine langen Fingernägel oder wie die Frisur sitzt“, erklärt sie.
Steffi Pietzner hatte damit nie ein Problem, war schon immer mehr „Bengel als Engel“, erzählt die 30-Jährige. Eine Sonderbehandlung gab es nicht. „Ich habe genau wie alle anderen meine Ausbildung gemacht, musste Kraft und Schweiß investieren“, sagt sie. Auch von anderen Frauen in der Wehr würde sie das verlangen. „Wenn ich in eine Männerdomäne gehe, sind vielleicht leichte Veränderungen möglich, aber letztlich muss ich sie so nehmen, wie sie ist“, meint Pietzner. „Selbst wenn ich die Feuerwehr rosa anmalen würde, es würde nichts bringen.“
Über viele Jahre drückte Steffi Pietzner die Schulbank, absolvierte Ausbildung um Ausbildung. Fast überall war sie allein unter Männern. Es gibt einige Initiativen, die bemüht sind, die Situationen von Frauen in den Wehren zu verbessern und sich etwa für frauenfreundlichere Uniformen einsetzen. Der blaue Anzug, den Steffi Pietzner trägt, hat keinen extra Schnitt. Sie stört das nicht. Eine eigene Umkleide hat sie auch nicht. „Die Jungs gehen raus.“ Manchmal zieht sie auch schon vor der Wache um. „Ich gehe ja auch im Bikini ins Schwimmbad.“
Ab dem Sommer wird alles anders sein. Die neue Feuerwache an der Sputendorfer Landstraße steht schon. Ist das Inventar eingebaut, soll sie eröffnet werden. Neben einer getrennten Umkleide werden Pietzner und ihren 15 Kameraden dann Schulungsräume, Küche und Werkstatt zur Verfügung stehen. „Der pure Luxus.“ Darauf freut sie sich.
Seit sechs Jahren leitet die Sputendorferin die Wehr in Schenkenhorst nun schon. Vorher war sie stellvertretende Ortswehrführerin, bis ihr Vorgänger die Segel strich, um sich seiner Familie zu widmen. Feuerwehr ist ein Rund-um-die-Uhr-Betrieb. „Du musst nachts hochspringen, wenn andere sich noch mal umdrehen.“ Der Pieper hängt stets an ihrer Hose oder liegt neben ihrem Bett. Das Wichtigste sei, dass ihr Mann, der früher selbst einmal bei der Feuerwehr war, sie unterstützt.
Auch ihr Job verlangt ihr viel ab. Ausnahmsweise wählte sie einen typischen Frauenberuf. Sie arbeitet im Nauener Krankenhaus auf der „Intensiv“ als Krankenschwester. „Ich habe keine Scheu vor kranken Menschen, weiß damit umzugehen“, erklärt sie. Das hilft ihr bei Einsätzen mit der Wehr. Trotzdem gebe es Situationen, die auch Steffi Pietzner lange beschäftigen. Einige haben sich tief eingebrannt, wie ein Großbrand im Reglerwerk in Teltow oder im Wald bei Güterfelde. „Da war nur Qualm und Nebel“, erzählt sie.
Mehr als 40 Einsätze fährt sie pro Jahr, im letzten waren es sogar gut 90. Besonders erinnert sie sich an das große Sturmtief. Angst kennt die junge Frau nicht. „Wenn ich Angst habe, passieren Fehler“, sagt sie. Mehr als um sich selbst treibt sie manchmal die Sorge um die Kameraden um. „Wir sind wie eine kleine Familie, für die ich die Verantwortung trage.“
Den Respekt, der ihr heute entgegengebracht wird, musste sich sich lange erarbeiten. Befehle mehrfach wiederholen, bis die Männer sie annahmen. „Als Frau muss man schon manchmal die Krallen ausfahren“, sagt sie. Vollends anpassen will sie sich aber nicht, legt auf ihre sensible Seite großen Wert.
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