
© dpa
Potsdam-Mittelmark: Mehr Imker in Werder
Die Bienenzucht bekommt wieder mehr Aufmerksamkeit. Doch Landwirtschaft und Varroamilbe bedrohen die Nutztiere noch immer
Stand:
Werder (Havel) - Mit den milden Temperaturen wird nicht nur die Blüte der Obstbäume in diesem Jahr früher als üblich einsetzen. Auch Bienen schwärmen deutlich eher aus, um sich den Nektar der Blüten zu sichern. „Die Tiere vertragen das bisher gut, nur ein später Kälteeinbruch könnte den Völkern noch zusetzen“, sagte der Vorsitzende des Glindower Imkervereins, Lothar Lucke, am Dienstagabend bei den Werderaner Gesprächen im Schützenhaus auf der Insel.
Da die Bienen die Temperatur im Stock für ihre Brut auf konstanten 35 Grad halten müssen, was sie allein durch Körperwärme schaffen, würde ein Kälteeinbruch über mehrere Tage die Energiereserven des Volkes stark aufzehren. Noch gebe es aber keinen Stress für die Bienen, die Lucke zufolge stark unterschätzt werden. „Nach Schweinen und Kühen sind Bienen das wichtigste Nutztier der Menschheit, etwa 30 Prozent unserer Nahrungsmittel sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen.“
Die Zukunft der Imkerei in Werder sieht Lucke zwar nicht rosig, aber es stehe nicht so schlimm, wie oft befürchtet wurde. So konnte der Rückgang an Imkern in der Region inzwischen gestoppt werden, der Verein berate viele Neueinsteiger. Landesweit gibt es aber noch immer zu wenig Imker, ihr Verband versucht dringend, junge Leute für das Hobby zu begeistern. Neulinge beginnen meist mit wenigen Tieren, weshalb im Land statt erwünschter vier Bienenvölker pro Quadratmeter nur ein Volk die Bestäubung übernimmt. Lucke selbst, seit 1985 Vorsitzender des Imkervereins, kümmert sich derzeit um 20 Völker.
Der Aufwand dafür habe sich in den vergangenen Jahren nahezu verdoppelt, da Imker die aus Asien eingeschleppte Varroamilbe bekämpfen müssen. Der etwa einen Millimeter lange Schädling saugt an den Bienenlarven, außerdem gelangen durch die Einstichwunden Viren in den Körper der Tiere. Würden Imker nicht eingreifen, wäre ein Bienenvolk so nach zwei Jahren tot.
Zwar gebe es chemische Mittel zur Behandlung der Milbe, doch würden sich deren Rückstände im Bienenwachs ansammeln. Lothar Lucke greift deshalb zur Ameisensäure. „Die richtige Dosierung ist jedoch immer eine Gratwanderung, da man die Milbe töten will, den Bienen im Stock jedoch nicht schaden darf.“ Seit mehr als zehn Jahren versuche man inzwischen, Bienenvölker so zu züchten, dass sie von der Milbe befallene Larven aus dem Stock entfernen und so die Verbreitung der Milbe von selbst eindämmen.
Neben dem Schädling sei der Mensch der größte Feind der Bienen. Durch den verstärkten Chemieeinsatz in der Landwirtschaft würden die Bienen langsam vergiftet. „Wir brauchen ein Umdenken bei den Bauern, um auf Dauer eine funktionierende Bestäubung und das Überleben der Bienen zu sichern“, so Lothar Lucke. Die Frage aus dem Publikum, ob inzwischen auch Chemierückstände im Honig enthalten sind, konnte der passionierte Imker jedoch verneinen.
Er forderte das Publikum zudem auf, die Macht als Verbraucher zu nutzen. „Ein Honig aus dem Supermarkt, der noch nach Jahren nicht kristallisiert, kann nicht ohne Zusatzstoffe hergestellt sein.“ Gartenbesitzer können auch direkt etwas für die Bienen tun, indem sie eine Ecke ihres Gartens für spät blühende Pflanzen reservieren. Das erleichtere den Bienen das Anlegen eines Nektarvorrates für den Winter. Enrico Bellin
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: