
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Mehr Wein aus Werder
Pünktlich zum heutigen Winzerfest hat Manfred Lindicke seinen Weißwein abgefüllt, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Um den auch verkaufen zu können, werben Brandenburgs Winzer um Gastronomen
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Werder (Havel) - Es wird bunt am Werderaner Wachtelberg. Rechtzeitig zum Winzerfest an diesem Wochenende haben sich die ersten Beeren rot gefärbt. „Der Bolero ist zwei Wochen früher dran als üblich“, sagt Winzer Manfred Lindicke. Das warme Wetter lässt den Wein schneller reifen und sorgt auch sonst aller Voraussicht nach für eine sehr gute Ernte. Allerdings klappe das nur, weil alle Reben künstlich bewässert werden. Lindicke zufolge ist das nicht nur für die diesjährige Ernte wichtig, sondern auch, damit der Rebstock genug Kraft für das kommende Jahr sammeln kann.
Am gestrigen Freitagabend wurde auf dem Wachtelberg das 15. Werderaner Winzerfest eröffnet, heute geht es ab 13 Uhr weiter (Programm siehe Kasten). „Wir haben inzwischen einen harten Kern von etwa zehn Winzern, der jedes Jahr wiederkommt“, so Lindicke. Abends gibt es etwas Musik, insgesamt ist es eher ein gemütliches Fest ohne viel Rummel. „Weintrinker sind ja ruhige, fröhliche Menschen“, so der Weinbauer.
Am Donnerstag hat er mit dem Saphira den letzten Weißwein vom Fass auf Flaschen umgefüllt, der Rotwein muss noch bis Ende August reifen. Die Preise liegen unverändert je nach Sorte um neun Euro pro Flasche. Da auch 2015 die Ernte gut war, kann Lindicke jetzt insgesamt 60 000 Flaschen abfüllen. Ein Drittel mehr als im Vorjahr. „Das hängt neben dem Wetter vor allem damit zusammen, dass wir 2012 den Weinberg umgebaut haben.“ Alte Reben der Sorte Müller-Thurgau kamen raus. Neue, unempfindlichere Sorten rein.
Die fangen jetzt an zu tragen. Für kommendes Jahr rechnet Lindicke sogar mit 65 000 Flaschen. „Der Umbau war damals nötig, da uns später Regen im September viel Fäulnis gebracht hat, wir deshalb teilweise nicht lieferfähig waren und etwa bei Edeka aus dem Sortiment genommen wurden.“ Inzwischen ist der Werderaner Wein dort wieder das ganze Jahr über zu haben, ebenso bei Kaufland und Rewe rund um Potsdam und Werder.
Dort laufe der Absatz auch gut, doch noch immer haben Hotels und Restaurants in Brandenburg den hiesigen Wein nicht im Programm. Dabei werde die Menge in den kommenden Jahren weiter steigen. So gebe es junge Anlagen in der Uckermark oder im früheren Tagebau Welzow Süd in der Lausitz, die in den kommenden Jahren ebenfalls gute Erträge bringen werden. „In zwei bis drei Jahren wird es sicher mehr als 100 verschiedene Weine aus Brandenburg geben“, schätzt der Werderaner Winzer. Konkurrenz sieht er darin nicht, schließlich leben in der nahen Umgebung vier Millionen Menschen. Die müssen jedoch besser erreicht werden.
Deshalb haben die Weinbauern im Landesverband Gartenbau eine Fachgruppe Weinbau gegründet, die gemeinsam mit dem Vermarkter Pro Agro und dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga mehr Brandenburger Wein in die Restaurants bringen will. „Wir haben bereits erste Gastronomen zu den Jungweinproben im Land eingeladen“, sagt Olaf Lücke, Hauptgeschäftsführer von Dehoga Brandenburg, den PNN. Nach der Ernte soll es im Herbst in Cottbus und Potsdam Präsentationen mehrerer Winzer speziell für Restaurantbesitzer geben, im Oktober soll sich der Werderaner Winzer Lindicke auch auf dem Potsdamer Tourismustag präsentieren. „Der Brandenburger Wein hat eine sehr hohe Qualität und die Gäste fragen immer mehr nach regionalen Produkten“, so Lücke.
Derzeit führe die Dehoga in Potsdam und Umgebung Tests in der Gastronomie durch, bei denen auch geprüft werde, wie viele regionale Produkte im Angebot seien und was die Kellner über sie wissen würden – schließlich würden die Kunden auch erfahren wollen, woher ihr Glasinhalt stamme, so Lücke. Künftig wolle die Dehoga auch Schulungen anbieten.
Auch wenn die Weinberge nicht weit voneinander entfernt sind, wird jeder Tropfen vom Winzer unterschiedlich ausgebaut, und damit geschmacksoptimiert. Bei Lindickes passiert das seit 2012 in der eigenen Kelterei im Ortsteil Plessow. Warum auf den Flaschen trotzdem noch Saale-Unstrut steht? „Die Weinberge gehören hier alle zu diesem Anbaugebiet, daher muss es laut Gesetz auf der Flasche stehen“, so Manfred Lindicke. Für ein eigenes eingetragenes Anbaugebiet seien die rund 30 Hektar, auf denen in Brandenburg Wein angebaut werden darf, einfach zu klein.
Wie unterschiedlich der Wein aus dem Anbaugebiet schmeckt, kann man heute noch auf dem Winzerfest erleben. „In Werder ist der Boden eher sandig, bei uns dagegen wachsen die Reben auf Muschelkalk“, sagt Winzer Eberhard Hage vom Weingut Hage in Freyburg (Unstrut). Dementsprechend sind auch unterschiedliche Mineralien im späteren Wein. Seit mehr als zehn Jahren kommt Hage schon zum Winzerfest auf den Wachtelberg.
Zwar endet das Fest heute Abend, doch kann man den Wein noch bis Oktober zwischen den Rebstöcken genießen. Freitag ab 14 Uhr und am Wochenende ab 10 Uhr ist die Weintiene geöffnet. Neben den sechs Sorten Weiß- und zwei Sorten Rotwein sowie Werderaner Sekt gibt es passende Snacks wie Zwiebelkuchen. Ab August ist die Tiene auch unter der Woche geöffnet, dann kann man dort auch bei der Weinlese zuschauen.
Zur Anreise empfiehlt sich eine Wein-Radtour von den Potsdamer Bergen rund um den Park Sanssouci über den Phöbener Weinberg und den Galgenberg an der Bismarckhöhe bis zum Wachtelberg. Ab dem kommenden Jahr wollen die Weinvereine aus Potsdam und Werder solche Touren als Gruppenerlebnisse organisieren.
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