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KulTOUR: Meisterliche Jahreszeiten

Wieder opulent: Sechste Verkaufsausstellung in Nudower Dorfkirche

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Nuthetal - Allmählich fragt man sich, wie die Berliner Galeristin Ursula Hollop und der Nudower Kirchenvorstand in Gestalt von Thomas Engelhardt „das“ eigentlich machen. Bereits im sechsten Jahr gibt es in der nun weitgehend instand gesetzten Dorf- und Kronkirche diese opulenten „Bilderausstellungen“, zu deren Vernissagen Nudower wie Auswärtige gleichsam in Scharen kommen.

Bei diesen Anlässen sind schon mal ein Liebermann dabei, Corinth oder Zille, meist aber hat man es mit Künstlern und Werken des 19. und 20. Jahrhunderts zu tun, die eher durch stille Schönheit als durch Prominenz zu glänzen wünschen, wie etwa Eduard Lammerts „Weg mit blühenden Bäumen“ von 1926. Also kann man Picassos Lithographie „Friedensreigen“ oder Karl Hagemeisters „Frühherbst am Schwielowsee“ erst mal ganz entspannt seitab lassen, um sich Leuten zuzuwenden, die vielleicht nicht weniger gut malten und genauso viel von sich erzählten, wie die Sekte der Großmeister.

Formal fügt sich diese Schau in die Jahresfeierlichkeiten „650 Jahre Nudow – 275 Jahre Kronkirche“ ein, thematisch sind die etwa fünfzig Bilder nach dem Motto „Die Jahreszeiten im Spiegel der Kunst“ ausgewählt, die Kirchengemeinde erhält vom Verkaufserlös bis zu 20 Prozent für weitere Instandsetzungsarbeiten. Zugegeben, Hans Baluscheks sozialkritische Federzeichnung „Vorfrühling“, Eugen Nells „Sonnenblumen in Bauernkrug“ oder van Straatens um 1750 entstandenes Bild „Winterfreuden“ laden zu einer jahreszeitlichen Systematisierung geradezu ein, doch scheint eine Betrachtung nach Art von Mussorgskis „Bildern einer Ausstellung“ lohnenswerter, zumal der wieder gut gestaltete Katalog genügend zusätzliches Denk-Futter liefert.

Da wäre zum Beispiel Georg Arnold. 1896 in München geboren, nahm er das Künstlerpseudonym Grabroné an. Er studierte bei Heinrich Zügel und Max Liebermann, Bilder von ihm gehören der Familie Kennedy und dem japanischen Kaiserhaus. Ach ja, er gab sowohl Churchill als auch Eisenhower Mal- und Zeichenunterricht! Wie schaut man seine „Schneelandschaft mit See“ jetzt an? Von Erich Demmin gibt es eine genial-spartanische Pinselzeichnung zum Thema Venedig. Impressionistische Lichterflut erzeugt Wolfgang Stengel mit seinen aquarellenen „Herbstfarben“, er zählt zu den lebenden Künstlern dieser exquisiten Schau. Durch den prachtvollen Blumenstrauß von Kurd Albrecht scheint der Sommerwind selbst hindurchzupfeifen.

Vielleicht sollte man noch auf zwei wundervolle Maler hinweisen, auf Max Koch mit einer wahrlich „Sommerlichen Dorfidylle“ – und auf Herbert Kuron, der eine kleine Stadt unter den so weiten Himmel Brandenburgs setzte: Kuron gehört nicht nur zur Havelländischen Malerkolonie, er hat auch bei Christian Morgensterns Vater in Breslau studiert! Bezüglichkeiten solcher Natur lassen diese „Bilder einer Ausstellung“ lebendig werden.

Bleiben nun doch noch die Zugpferde dieser Exposition: Corinths gestochene Simultanszene „Der Neid des Bruders“, Zilles „Großstadttingeltangel im Herbst“, Liebermanns „Badende Knaben“ die Radierung „Im Biergarten“, die anonymen Werke des 18. Jahrhunderts aus England sowie eine farbige Tuschfederzeichnung Made in China, archaischer Charakter, aber voriges Jahrhundert. Nicht zu vergessen das vor drei Jahren verstorbene Berliner Original Kurt Mühlenhaupt, der sich hier mit originalen Freunden wie mit Zwergen umringte. Und so vieles mehr Wer noch was abhaben will, der eile, die Hälfte der Bilder ist weg!

Bis zum 11. Oktober Sa. und So. von 13 bis 18 Uhr, Kirche Nudow, Am Dorfanger

Gerold Paul

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