Potsdam-Mittelmark: Michael Succow – Schmied des „Tafelsilbers der deutschen Einheit“ Ostdeutschland hat dem Ökologen und Träger des alternativen Nobelpreises das Nationalpark-Programm zu verdanken
Von Martina Rathke Am liebsten isst der Ökologe Michael Succow Biogemüse aus dem eigenen Garten in Wackerow bei Greifswald und wandert dann durch die nahen Ryck-Wiesen. Der 63-Jährige ist ein leiser Mensch, der die Zwiesprache mit der Natur liebt.
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Von Martina Rathke Am liebsten isst der Ökologe Michael Succow Biogemüse aus dem eigenen Garten in Wackerow bei Greifswald und wandert dann durch die nahen Ryck-Wiesen. Der 63-Jährige ist ein leiser Mensch, der die Zwiesprache mit der Natur liebt. Um sein Tun macht er wenig Aufhebens. Dabei hätte Succow allen Grund dazu. Brachte er doch mit den ostdeutschen Nationalparken das „Tafelsilber der deutschen Einheit“ in den Einigungsvertrag ein, wie es der damaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) formulierte. Nur wenige Minuten vor dem Ende der letzten DDR-Volkskammersitzung am 12. September 1990 beschloss die de Maiziere-Regierung das vom stellvertretenden Umweltminister Succow vorbereitete Nationalpark-Programm. Damit wurden sieben Prozent des ostdeutschen Territoriums unangreifbar unter Schutz gestellt. Ein Geniestreich, der wohl nur in den Wendewirren der ehemaligen DDR möglich war. Seitdem gilt Succow als Architekt der Nationalparke. Für seine nationale und internationale Naturschutzarbeit erhielt er 1997 in Stockholm den Alternativen Nobelpreis der Right Livelihood Award Foundation. Mit dem Preisgeld gründete er 1999 die Michael-Succow-Stiftung zum Schutz der Natur, die nun seit fünf Jahren weltweit erfolgreich wirkt. Nationalparke sind Succows Thema und Credo. Bis heute. Der Mann mit dem voluminösen weißen Vollbart mag auf den ersten Blick wie ein Eremit wirken. Ein Wissenschaftler im universitären Elfenbeinturm ist er keineswegs. Er fährt zu den ökologischen Brennpunkten der Welt. Dorthin, wo der Raubbau an der Natur am größten ist – wie in China – oder wo sich die Landschaft in noch unberührbarer Schönheit zeigt. Drei Nationalparke sind seit 2000 mit Hilfe der Michael-Succow- Stiftung in Aserbaidschan entstanden. Sie nehmen rund drei Prozent der dortigen Landfläche ein. In Deutschland setzt sich seine Stiftung für die Schaffung von zwei weiteren Nationalparken ein, die als Stiftungs-Nationalparke völlig neue Rechtsformen haben sollen. „In einer von Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit geprägten Welt, in einer Zeit der menschlichen Verwahrlosung ist es wichtig, Gutes zu tun“, sagt Succow mit leiser Stimme, ganz ohne Pathos. „Ich will Zeichen setzen.“ Der „leise Rufer“ verfügt über eine penetrante Hartnäckigkeit und ist erfolgreich damit. An dem von ihm geleiteten Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Greifswalder Universität sind mittlerweile vier Stiftungsprofessuren eingerichtet worden, die sich mit Umweltethik, Landschaftsökonomie, Biodiversität und internationalem Naturschutz deutschlandweit völlig neuen Schwerpunkten widmen. Succows Motto: „Erhalten und Haushalten“. Succows Biografie hat ihre Wurzeln in Lüdersdorf, einem kleinen Ort in der Mark Brandenburg. Der junge Mann studiert Biologie, wird wissenschaftlicher Assistent an der Universität. Weil er 1968 aber offen Sympathie für die Reformprozesse in der damaligen Tschechoslowakei zeigt, muss Succow aus dem Wissenschaftsbetrieb ausscheiden und sich in der Produktion, im Meliorationskombinat, bewähren. „Ein prägendes Erlebnis, das mir den Raubbau an der Natur offen vor Augen geführt hat“, sagt er. Succow promoviert dennoch, geht als Bodenerkundler in die Mongolei, bevor er Fuß in der Akademie der Landwirtschaften der DDR fasst und dort als Professor arbeitet. Auf Drängen der Bürgerbewegung wird Succow 1990 schließlich stellvertretender Umweltminister. Nach dem Fall der Mauer trägt der Wanderprediger in Sachen Nationalparke seine Ideen ins Ausland, nach Russland, China, Kirgisien und Aserbaidschan. „Kapital ist vermehrbar. Die Natur nicht. Deshalb wird sie für die Menschheit immer wertvoller“, gibt Succow zu bedenken. Weiteres im Internet unter: www.succow-stiftung.de
Martina Rathke
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