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Potsdam-Mittelmark: Mietspiegel für Werder gefordert

Kritik von den Linken: Mittelmärkisches Jobcenter setzt Wohngeldgrenzen zu niedrig an

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Werder (Havel) – Die Vorgaben sind streng: Eine bescheidene Bleibe von höchstens 50 Quadratmetern, und die für nicht mehr als 225 Euro kalt im Monat – teurer darf man als alleinstehender Hartz-IV-Empfänger in Werder nicht leben. Das Problem: Kaum ein Vermieter stellt seine Wohnungen in der boomenden Stadt für diesen Preis zur Verfügung. „Die Wartezeiten sind lang“, sagt Ulrike Otto von der Tee- und Wärmestube. Und wenn es Angebote gibt, dann würden die sehr abgelegen sein, oft ohne Busanbindung, oder sich in den klassischen Neubauvierteln befinden.

Die Sozialarbeiterin betreut zurzeit 37 Menschen im Rahmen der Wohnhilfe der Einrichtung des Diakonischen Werkes. Dazu gehört unter anderem der Papierkrieg mit dem Jobcenter – denn das zahlt nur nach Vorgabe. Für die Betroffenen bedeute dies, dass sie aus eigener Tasche für die Miete draufzahlen müssen und so kaum noch etwas zum Leben bleibe. Sie könnten versuchen, mit dem Vermieter zu handeln. Sie könnten auch Zimmer untervermieten. Doch die vom Landkreis vorgeschlagenen Alternativen sind eigentlich keine, so Otto.

Die Linksfraktion im Landtag hat sich jetzt dieses Themas angenommen, gestern war Fraktionschef Christian Goerke in Werder und ließ sich die Auswirkungen des „Gesetzes zur Grundsicherung“ erläutern. Eines der drängendsten Probleme ist der Mangel an günstigem Wohnraum einerseits – und die niedrigen Wohngeldgrenzen des Landkreises andererseits. „Man kann sich nur schwer vorstellen, dass jemand in der privilegierten Lage Werders mit 4,50 Euro pro Quadratmeter zurechtkommt“, sagte er.

Anfang dieses Jahres hatte das Jobcenter als Fachbereich der Kreisverwaltung die sogenannte Angemessenheit von Wohnraum für Hartz-IV-Empfänger neu berechnet. Laut Ulrike Otto dürfe ein Alleinstehender nun nur noch 225 Euro für seine Wohnung ausgeben, vorher waren es immerhin noch 237,50 Euro. „Das ist völlig gegen den Trend“, so Otto.

Sie würde sich wünschen, dass die Stadt einen Mietspiegel erstellt – um gegenüber der Wohngeldstelle eine Argumentationshilfe zu haben. Den fordert auch der Mieterbund seit längerem. Allerdings sei so etwas bislang von der Verwaltung abgelehnt worden. „Es wäre wohl zu aufwendig“, so die Linken-Stadtverordnete Renate Vehlow. Immerhin: Das Potsdamer Amtsgericht hatte erst vor kurzem befunden, dass der Potsdamer Mietspiegel auch für Werder gilt – mit einem zehnprozentigen Abschlag. Hintergrund war ein Rechtsstreit um massive Mieterhöhungen im Werderaner Scheunhornweg (PNN berichteten). Was zu Ungunsten des Klägers gewesen ist, könnte für Wohngeldempfänger gut sein: Die Erkenntnis, dass Wohnen in Werder sehr viel Geld kostet.

Der Kreischef der Linken, Wolfgang Erlebach, kritisierte generell die Berechnung der Obergrenzen. So sei die Aufteilung nach Wohnmarkttypen nicht schlüssig. Während Werder mit Seddiner See und Belzig eine Gruppe bildet, in der die Einraumwohnung höchstens 4,50 Euro kosten darf – die Grenze sinkt bei größeren Wohnungen sogar noch –, liegen Groß Kreutz, Niemegk und Wiesenburg bei 4,52 Euro. „Dass das nicht hinhaut, sagt einem schon der gesunde Menschenverstand“, so Erlebach. Thomas Lähns

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