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Kontrahenten in einem sachlichen Wahlkampf: Reinhard Mirbach (links) und Christian Maaß.

© Manfred Thomas

Potsdam-Mittelmark: Mission Neuanfang

Die Herausforderer Christian Maaß und Reinhard Mirbach wollen die Kommunikation in der Gemeinde verbessern

Stand:

Am 11. September ist Bürgermeisterwahl in Michendorf. Die Amtsinhaberin und dritte Kandidatin Cornelia Jung ist seit März dieses Jahres wegen Krankheit nicht im Dienst und hat in den vergangenen Wochen nur mit schriftlichen Mitteilungen am Wahlkampf teilgenommen. Wie gehen Sie mit dieser Situation um?

Maaß: Ich will nicht mit Fehlern und Abwesenheit der Bürgermeisterin Wahlkampf machen, sondern mit eigenen Themen überzeugen.

Mirbach: Ich bin bereits im Dezember vergangenen Jahres nominiert worden. Bei der Aufstellung meines Wahlprogramms hat diese Situation somit keine Rolle gespielt. Allerdings ist es schwer, Wahlkampf gegen eine Bürgermeisterin in Abwesenheit zu führen, weil natürlich auch Dinge aus der Vergangenheit angesprochen werden müssten. Eine offene Diskussion darüber wäre besser gewesen. Doch daran ist nichts zu ändern.

In den vergangenen Wochen ist deutlich geworden, dass viele Michendorfer einen Neuanfang wünschen. Was muss sich ändern in der Gemeinde?

Mirbach: Die Kommunikation ist zu verbessern, die Bürger müssen zeitiger beteiligt und bei den Entscheidungen mitgenommen werden. Ein Beispiel ist die Straßenreinigungssatzung. Sie ist in den Gemeindegremien intensiv diskutiert worden. Bei meinen Rundgängen habe ich jedoch festgestellt, dass viele Einwohner jetzt von den Gebührenbescheiden überrascht werden. Ein ergänzendes Info-Blatt würde viele Fragen sofort beantworten.

Maaß: In Gesprächen werden mir von den Einwohnern immer wieder Kommunikationsdefizite im Ordnungs- oder Baubereich genannt. Da geht es manchmal um ganz einfache Dinge wie das Aufstellen einer Laterne. Zudem braucht die Gemeinde eine starke Stimme nach außen. Hier müssen wir bei bestimmten Dingen besser gehört werden. Ein Beispiel sind die Flugrouten.

Also auch frischer Wind im Michendorfer Rathaus?

Maaß: Ich werde mich vor die Mitarbeiter stellen und will ihnen die Möglichkeit geben, vernünftig zu arbeiten. Dabei ist auch die Qualifikation anzupacken. Auf der zweiten Führungsebene mit den vier Amtsleitern muss es personell wieder mehr Kontinuität geben. Entsprechend ist der Ordnungsbereich neu zu besetzen.

Mirbach: Die Mitarbeiter der Verwaltung haben Enormes geleistet. Ich erinnere daran, dass seit Monaten der Ausfall der Bürgermeisterin und teilweise der Stellvertreter zu kompensieren ist. Meine Aufgabe als Bürgermeister wäre es, die Mitarbeiter richtig zu motivieren und zu führen. Vielleicht brauchen wir beispielsweise nur drei Amtsleiter, doch das möchte ich zuerst gemeinsam mit den Mitarbeitern besprechen. Mein Ziel ist es, durch Umstrukturierung die Stelle eines Kulturbeauftragten zu schaffen. Er oder sie soll Ansprechpartner für Vereine und alle ehrenamtlich Tätigen sein. Zudem plane ich die Schaffung eines Servicezentrums für die Bürger. In der Gemeinde Nuthetal funktioniert ein solches Modell bereits gut. Hier können die Einwohner konzentriert ihre Dinge erledigen und finden auch telefonisch einen Ansprechpartner.

Maaß: Wichtig ist, die Erreichbarkeit der Verwaltung zu verbessern und für die Bürger einen zentralen Anlaufpunkt einzurichten, wie auch immer das Modell dann aussehen wird.

In der Vergangenheit hat es oft noch Spannungen zwischen den Ortsteilen gegeben, schließlich war die Gemeindefusion auch keine Liebeshochzeit. Wie wollen Sie das Zusammenwachsen der Gemeinde weiter befördern?

Maaß: Beim Höfefest am vergangenen Wochenende in Langerwisch habe ich erlebt, wie gut die Einwohner verschiedener Ortsteile inzwischen zusammenarbeiten und gemeinsam etwas auf die Beine stellen. Diese positiven Ansatzpunkte gilt es zu stärken, auch in Bereichen, wo es noch ein wenig hakt, zum Beispiel bei der gemeinsamen Nutzung von Sportstätten.Der Blick zurück ist müßig.

Mirbach: Als Vorsitzender der Gemeindevertretung habe ich in den vergangenen drei Jahren erlebt, dass Differenzen mehr und mehr in den Hintergrund treten. So wurde mit den drei Sportvereinen aus Michendorf, Stücken und Wilhelmshorst jetzt eine Arbeitsgruppe gegründet, die die Nutzung der Sportstätten koordinieren will. Sehr gut fand ich auch, wie die Kinder und Erzieherinnen aus Wilhelmshorst während der Baumaßnahmen an ihrer Kita in Michendorf aufgenommen wurden.

Sie haben beide einen sehr sachlichen Wahlkampf geführt, bei dem es in vielen Dingen Konsens gab. Auch die Voraussetzungen sind ähnlich. Fachlich gelten Sie als Experten, Sie haben Erfahrung in der Kommunalpolitik und sind etwa im gleichen Alter. Wo sehen Sie selbst Unterschiede?

Maaß: Zunächst ist Krach im Wahlkampf kein Qualitätsmerkmal. Ein Unterschied ist sicher das Unterstützermodell. Ein Neuanfang ist gewünscht und ich kann ein Angebot unterbreiten, ohne Akteuren verpflichtet zu sein, die auch schon in der Vergangenheit auf bestimmten Positionen gestanden haben.

Sie sprechen damit an, dass Herr Mirbach von der Freien Bürgerliste und der UWG und damit auch von den meisten Ortsvorstehern offiziell unterstützt wird: Hatten Sie das von Anfang so erwartet?

Maaß: Ich gehe damit sehr entspannt um. Ich habe schon mehrmals erklärt, dass ich vor allem das Bündnis mit den Bürgern suche.

Mirbach: Als Bürgermeister würde ich nicht vorrangig Parteiinteressen vertreten, sondern eine möglichst breite Basis für die Arbeit suchen. Deshalb bin ich froh, dass ich schon als Vorsitzender der Gemeindevertretung viel Unterstützung bekommen habe und meine Neutralität geschätzt wird. So würde ich auch meine Rolle als Bürgermeister sehen. Dabei kann ich auch auf praktische berufliche Erfahrung bei der Personalführung verweisen – das ist wohl ein Unterschied zwischen uns beiden.

Maaß: Jeder betritt Neuland, wenn er die Führung eines neuen Hauses übernimmt, auch wenn er schon einmal auf einer anderen Verwaltungsebene tätig war.

Viele Michendorfer haben Angst vor Fluglärm vom künftigen Großflughafen Schönefeld. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat ein erweitertes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr bisher jedoch strikt abgelehnt. Auch von der CDU gibt es kein klares Bekenntnis. Landeschefin Saskia Ludwig hat jüngst erklärt, die Fraktion werde sich enthalten, wenn ein entsprechender Antrag im Landtag vorgelegt wird. Wie viel Unterstützung erhalten Sie von der Landesebene Ihrer Parteien?

Mirbach: Ich habe mich in einem Brief an den Landesverband der Partei eindeutig für ein erweitertes Nachtflugverbot ausgesprochen. Eine Enthaltung reicht mir nicht. Der Flughafen Tegel ist schließlich auch mit einem Nachtflugverbot erfolgreich. Im Landesverband gibt es dafür noch keine Mehrheit, doch meine Position wird akzeptiert.

Maaß: Unser Kreisverband wird explizit einen Antrag auf Einführung eines erweiterten Nachtflugverbots stellen. Wir müssen weitere Verbündete suchen, doch es ist noch ein hartes Stück Arbeit, das zur Mehrheitsmeinung in der SPD werden zu lassen. Ich sehe das realistisch und kann nichts versprechen. Persönlich stehe auf der Seite der Bürgerinitiativen.

Die Landesregierung plant, nach dem Modell der Inklusion Schüler mit ohne Behinderung künftig gemeinsam in Regelschulen unterrichten zu lassen. Jüngst wurde öffentlich darüber diskutiert, welche Auswirkungen das für die Förderschule am Michendorfer Sankt-Norbert-Haus haben könnte.

Maaß: Die Inklusion ist ein Standardthema der CDU auf Landesebene, das jetzt leider in den Michendorfer Wahlkampf getragen wurde. Wenn CDU-Landeschefin Ludwig erklärt, dass auch das Sankt-Nobert-Haus betroffen wäre, ist das falsch. Das Bildungsministerium hat mir mitgeteilt, dass das Norberthaus nicht betroffen ist und die Schüler in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können.

Mirbach: Die Zukunft wird zeigen, welche konkreten Auswirkungen die Inklusion hat. Wenn jedoch an den kommunalen Schulen bauliche Veränderungen oder personelle Ergänzungen notwendig sind und auf die Gemeinde als Schulträger entsprechende Kosten zukommen, ist das schon ein wichtiges Thema für den künftigen Bürgermeister.

Im Michendorfer Ortszentrum klafft auf dem einstigen Teltomat-Gelände eine offene Wunde. Die Papenburg AG als Eigentümer wollte dort ein neues Ortszentrum mit Wohnhäusern und kleinen Geschäften errichten, doch seit Jahren hat sich nichts getan. Sehen Sie einen Ausweg?

Maaß: Fest steht, dass dort unbedingt etwas passieren muss. Das ist jedoch kein Thema für einen Schnellschuss. Um das weitere Vorgehen zu bestimmen, brauchen wir Expertenhilfe, denn die Gemeinde hat in dieser Frage nicht viele Versuche frei.

Mirbach: Mein erster Schritt wäre es, noch einmal das Gespräch mit dem Eigentümer zu suchen. Kommt es zu keiner Einigung, muss die Gemeinde den Rechtsweg beschreiten und die Erfüllung städtebaulicher Verpflichtungen einklagen.

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