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Potsdam-Mittelmark: Mit Blaulicht ins Bordell

Ein früherer Staffelleiter des Roten Kreuzes soll sein Dienstfahrzeug für private Fahrten missbraucht haben

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Potsdam - Schwere Vorwürfe gegen das Rote Kreuz: Der frühere Leiter der DRK-Rettungshundestaffel im Kreisverband Potsdam/Zauch-Belzig, Dieter S., soll ein Einsatzfahrzeug für Privatfahrten in ein Charlottenburger Bordell genutzt haben. Der 64-Jährige soll mit dem mit Blaulicht ausgestatteten Wagen auch zu Kneipen oder für sein Bauunternehmen unterwegs gewesen sein. DRK-Leute aus Berlin und Brandenburg hätten einige der Fahrten dokumentiert, sagte Michael Laube, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Rettungshundestaffel, gestern gegenüber den PNN. In manchen Monaten seien 500 Euro Spritgeld für Privatfahrten abgerechnet worden. Laube hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

„Dieter S. hat kein eigenes Auto, da hat er unser Einsatzfahrzeug für seine Fahrten genutzt“, so Laube. Das sei nicht das einzige Dienstvergehen gewesen. Einer neuen, jungen Mitarbeiterin habe Dieter S. einen Geschäftsführerposten in einem DRK-Ortsverein verschafft. „Er hatte sich in die verliebt. Die Stelle wurde nirgendwo ausgeschrieben.“

Ein zweiter DRK-Mitarbeiter aus dem Teltower Raum erklärte gestern, dass der ganze Kreisverband „in einer Schieflage“ sei. Zwingende Qualifikationsmaßnahmen seien verschleppt worden, vorgeschriebene Schutzausrüstungen nicht erneuert und ehrenamtliche Posten an Hauptamtliche vergeben worden. Auf der anderen Seite seien Konten der DRK-Gruppen für Prestigeprojekte zweckentfremdet worden.

Das bestätigt auch Michael Laube: Im Fall der Rettungshundestaffel gehe es um 88 000 Euro zweckgebundene Spenden, die im Kreisverband veruntreut wurden. „Wir haben nicht einmal das Geld, um unsere Einsatzkleidung zu erneuern.“ Wegen Veruntreuung hat er deshalb auch den früheren DRK-Kreisgeschäftsführer Wolfgang H. angezeigt.

Dieter S. und Wolfgang H. sind beide zum Jahreswechsel zurückgetreten, angeblich aus anderen Gründen. Michael Laube ärgert besonders, dass die Geschäftsführung und der Vorstand des Kreisverbandes nicht reagierten, als sie von Mitarbeitern mit den Vorwürfen konfrontiert worden seien. „Es stinkt und brodelt im ganzen DRK-Kreisverband.“

Die Potsdamer Staatsanwaltschaft bestätigte gestern ein Ermittlungsverfahren „aufgrund einer Anzeige gegen zwei ehemalige führende Verantwortliche des Deutschen Roten Kreuzes“. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue, so der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Christoph Lange. Er bestätigte, dass Geschäftsfahrzeuge für private Fahrten genutzt sowie Spenden der Rettungshundestaffel des Roten Kreuzes zweckentfremdet worden sein sollen. Beweise seien nicht mitgeliefert worden, sagte Lange. Inzwischen seien die ersten Zeugen vernommen worden. Bislang habe die Behörde die Ermittlungen nicht mit Hochdruck betrieben, da es sich um keine schweren Vorwürfe handele, so Lange.

Die private Nutzung der Geschäftsfahrzeuge könne durchaus legitim sein. Auch die Spenden könnten demnach lediglich umgenutzt, also nicht für die Hundestaffel, sondern für andere Ausgaben des Roten Kreuzes verwendet worden sein. Beiden Verdächtigen droht eine Geld- oder Freiheitsstrafe, sagte Lange.

Der Vorsitzende des DRK-Kreisverbandes, Peter Lehmann, nahm auf PNN-Anfrage seinen früheren Geschäftsführer in Schutz. Wolfgang H. habe seinen Posten zum Ende des Jahres aus gesundheitlichen Gründen geräumt. „Er hat mit der Sache meiner Meinung nach nichts zu tun“, sagte Lehmann. Der einzig denkbare Vorwurf gegen ihn könne lauten, dass er von den Verfehlungen von Dieter S. gewusst haben könnte.

Dieter S. habe als Kreisbereitschaftsleiter und früherer Leiter der Rettungshundestaffel mit einem Dienstwagen tatsächlich zu seinem Wohnort in Berlin fahren dürfen, um von dort jederzeit in den Einsatz fahren zu können, sagte Lehmann. Weitere Fahrten seien ihm nicht erlaubt gewesen. „Wir haben inzwischen Maßnahmen eingeleitet, dass das nicht wieder vorkommen kann.“

So müssen nun laut Lehmann Fahrtenbücher geführt und kontrolliert werden. Zudem müssen die Einsatzfahrzeuge immer wieder an einen festen Ort zurückgebracht und dürfen nicht mehr für die Heimfahrt genutzt werden. Dieter S. sei bereits im Februar nach Auseinandersetzungen in der Rettungshundestaffel von beiden Posten zurückgetreten.

Der Berliner habe die Staffel vor etwa 20 Jahren mitaufgebaut, so Lehmann. Seit knapp zehn Jahren war S. zudem als Kreisbereitschaftsleiter auch Sprecher der Sanitätsgruppen sowie der Wasserwacht im DRK-Vorstand gewesen. Er habe eine wichtige Vertrauensfunktion innegehabt, so Lehmann.

Er fürchte ein nachhaltiges Imageproblem für die ehrenamtlichen Retter: „Wenn einer so einen Mist macht, schadet uns das allen.“

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