Potsdam-Mittelmark: Mit dem Staubsauger auf Jagd
Schädlingsbekämpfer zerstören gut geschützt die Nester des Eichenprozessionsspinners
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Schwielowsee - Kräftig stochert Frederik Thierschmann mit einem Schlauch hoch oben zwischen den Ästen einer Eiche. Blätter fallen, feine Härchen rieseln auf die Bundesstraße bei Geltow. Komplett in Schutzkleidung gehüllt fängt Thierschmann mit dem Industriestaubsauger eine Schmetterlingsraupe nach der anderen ein. Die Raupen des Eichenprozessionsspinners müssen weg – noch bevor sie sich verpuppen und weiter vermehren. Schon jetzt sind zahlreiche Bäume in Brandenburg von dem Schädling befallen.
Auf der Hebebühne eines Baufahrzeugs schwebt Thierschmann langsam zu Boden. „Wir machen keinen Tierschutz“, sagt der Schädlingsbekämpfer etwas undeutlich durch sein Atemgerät. Die weißen Brennhaare, die Nesselgift Thaumetopoein enthalten, könnten Allergien und Atemnot verursachen. Eigentlich habe er die Tiere schon nach ihrem Schlüpfen im Mai vor dem dritten Larvenstadium einfangen wollen, als sie noch keine Haare hatten. „In diesem Jahr ist es aber sehr schnell warm geworden“, sagt er. Da sei kaum Zeit dafür geblieben.
Angst vor Hautreizungen hat Thierschmann bei der Arbeit nicht. „Der Anzug ist ein guter Schutz“, sagt er und deutet auf die weiße Kleidung und die Abklebungen an den Gelenken. Bereits seit sieben Jahren entferne er für die Firma Rentokil die eiförmigen Raupennester, in denen sich manchmal hundert bläulich-schwarze Tiere tummelten. Ein Kollege steuert die Technik am Baufahrzeug, ein weiterer lenkt die Hebebühne im Baumwipfel.
Thierschmann kreuzt auf einer Liste einen weiteren Baum mit Schädlingsbefall an. Das Blatt ist mit Markierungen übersät. „In dieser Straße haben wir schon 40 Bäume kontrolliert“, sagt Kollege André Hubein. Die Hälfte davon sei befallen gewesen“. „In dem ersten Baum waren allein 20 Nester. Da seien sie zwei bis drei Stunden beschäftigt gewesen.
„Häufig sind die Nester schlecht zu erkennen“, sagt Hubein. Sie klebten meist an der Unterseite des Astes. „Die Raupen scheuen die Sonne und wandern nur in der Nacht zum Fressen in die Eichenblätter.“ Dann könne ein Baum schon einmal kahl gefressen werden. Thierschmann tritt unterdessen an einen Baum heran – er hat ein Nest entdeckt. Häufig würden die Schädlinge von Anwohnern oder Spaziergängern entdeckt und gemeldet, sagt er und schwingt sich auf die Hebebühne.
Hubein zieht an der Leine eines Stromaggregats, das auf dem Baufahrzeug steht. Der Staubsauger zieht daraufhin tosend die Luft ein. Teile des Nestes rollen raschelnd den langen Schlauch herunter. „Alles, was wir im Container haben, wird verbrannt“, sagt Hubein.
„Das Problem ist unterschätzt worden“, sagt der Fachbereichsleiter des Landesbetriebs Forst, Jörg Ecker. Seit 2006 habe sich der Eichenprozessionsspinner im Land Brandenburg stetig vermehrt. In diesem Jahr seien vor allem auch Waldgebiete um Niemegk und Ferch betroffen (PNN berichteten). Eigentlich habe der Betrieb die Tiere mit Pflanzenschutzmittel bekämpfen wollen. „Das war aber nicht überall möglich“, sagt Ecker. In der Nähe von Wohngebieten fürchte das Bundesamt für Risikobewertung, dass der Einsatz des Mittels Allergien auslösen könnte. „Auch rund um Berlin sind viele Bäume befallen“, berichtet Thierschmann. „Da ist noch einiges an Schädlingen zu erwarten“, sagt er und verschwindet wieder zwischen den Ästen.
Sandra Hottenrott
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