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Potsdam-Mittelmark: Mit den Erwartungen gewachsen

8. „Rock in Caputh“ mit Jennifer Rostock, Loosavanna und 3000 Gästen

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Schwielowsee - Bei dieser Gruppe stehen nicht nur die Instrumente unter Strom: Energiegeladen wirbelt Jennifer Weist über die Bühne. Wenn sie mit ihren Bandkollegen oder Fans kommuniziert, ist der Ton rotzfrech und manchmal maßregelnd. Wenn sie singt, wechselt ihre Stimme im Bruchteil einer Sekunde zwischen leisen Tönen und hysterischem Kreischen. Die zierliche Frontfrau von „Jennifer Rostock“ versteht es, sich Gehör zu verschaffen. Beim diesjährigen „Rock in Caputh“ hält sie die Gäste über eine Stunde lang in Atem.

Die charismatische Sängerin spielt mit ihrem Publikum, ebenso wie mit Klischees. Denn so wie Stimme und Gestus einem zwangsläufig Namen wie Nina Hagen oder Annette Humpe ins Gedächtnis rufen, erinnert auch der Kleidungsstil der Musiker an die „Neue Deutsche Welle“ und Bands wie Nena oder Ideal. Alles schon mal da gewesen? Nein, denn wo diese Gruppen vor über 20 Jahren aufgehört haben, setzen „Jennifer Rostock“ an: unbändiger, lauter und dabei gezielt unverschämt – mit Texten wie „Wir haben Blut geleckt, wir haben Dreck am Stecken!“ oder „Die Zigarette danach rauch ich lieber allein“.

Dass sie auch zahm sein können, zeigen Jennifer und Keyboarder Joe im Interview. Sie berichten über die Karriereanfänge auf der Insel Usedom und von ihrer Teilnahme am „Bundesvision Song Contest“. Dort hatten sie für Mecklenburg-Vorpommern Platz fünf belegt – ein Karriereschub? „Das wird sich erst zeigen – die Auftritte in diesem Sommer hatten wir schon vorher in der Tasche.“ Ein fleißiges Team: Vier Konzerte pro Woche seien zurzeit das Minimum.

Den Veranstaltern von „Rock in Caputh“ ist es mal wieder gelungen, erstklassige Musiker an den Schwielowsee zu holen. Seit acht Jahren wächst die Veranstaltung kontinuierlich: Wo einstmals 370 Jugendliche auf einer samstagnachmittäglichen Gartenparty gerockt haben, tummeln sich heute 3000 Musikfans aus ganz Deutschland – und das über zwei Tage auf einem großen Festival-Gelände. Gerade die einheimischen Sponsoren machen es möglich. Die Erwartungen werden von Jahr zu Jahr größer, und der Cooltour 05 e.V. um Manager Sven Lehmann schafft es trotzdem jedes Mal, noch einen drauf zu setzen. Das Programm in diesem Jahr hat mit Rock, Punk, Raggae und sogar Hip-Hop für jeden Musikgeschmack etwas geboten und dabei noch Überraschungen bereitgehalten. So spielten die Spaß-Rocker mit dem etwas unkonventionellen Namen „Hasenscheiße“ am Samstag nicht etwa auf der Bühne, sondern mitten im Publikum.

Dass die Berliner Band „Jennifer Rostock“ am Freitagabend auf gute Stimmung trifft, ist auch das Verdienst der Potsdamer Musiker von „Loosavanna“. Eben noch standen die vier Mädels Anke, Elli, Katja und Marie sowie Schlagzeuger Benno auf der Bühne und legten mit ihrer facettenreichen Musik aus melodischen Liedern und härteren Songs einen mitreißenden Auftritt hin. Die fünf haben gerade ihr erstes Album „Razzledazzledoubletrouble“ auf den Markt gebracht.

Loosavanna gibt es seit mittlerweile acht Jahren, mit allen Höhen und Tiefen, die in der Branche so typisch sind. Die Musiker studieren, lernen, oder arbeiten nebenbei, „aber irgendwann wollen wir von unserer Musik leben“, sagt Keyboarderin Katja. Dafür haben sie die „Ochsentour“ auf sich genommen: Von kleinen Konzerten in Potsdamer Clubs über größere Open-Airs in der Region. Im Herbst spielen sie in Prag. Eine bewusste Entscheidung, wie sie sagen: „Wenn man bei einem großen Label einsteigt, muss man zu viele Kompromisse eingehen“, erklärt Gitarristin Elli.

Währenddessen geht es draußen vor der Bühne zurück zu den Wurzeln: die „Toten Ärzte“ spielen Punk-Klassiker, welche sogar das jüngere Publikum mitsingen kann. Mit Stage-Diving, schnellen Gitarrenriffs und Feuerspucken wird der Abend abgerundet. Und passend zum Titel der Toten Hosen „Wünsch Dir was!“ wird über die Zukunft von „Rock in Caputh“ philosophiert. „Mein Traum wäre es, hier mal die Band Placebo zu sehen“, so Mitveranstalter René Christ. Sein Kollege Sven Lehmann formuliert erstmal kleinere Ziele: Am Freitag länger als bis 22 Uhr spielen zu dürfen – und noch mehr einheimische Erwachsene zu begeistern.

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