
© Andreas Klaer.
Potsdam-Mittelmark: Mit Gelassenheit alles durchstehen
Eine Kleinmachnower Ausstellung zeigt Bilder aus 101 Lebensjahren der Künstlerin Doris Nixdorff
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Kleinmachnow - Die Bilder von Doris Nixdorff strahlen Gelassenheit aus. Aquarelle und Landschaftszeichnungen in blauen, gelben, grünen Pastelltönen hängen seit Sonntag im Foyer des Kleinmachnower Rathauses. „Retrospektive auf ein Jahrhundert“ heißt der Titel der Ausstellung und er trifft in diesem Fall tatsächlich zu. Die Kleinmachnower Künstlerin Doris Nixdorff ist am 19. April 101 Jahre alt geworden – und damit zugleich die älteste Einwohnerin im Ort. Zur Vernissage am Sonntagvormittag ist die rüstige Frau auch selbst anwesend: Neben dem Malen kümmert sie sich immer noch gerne in ihrem großen Garten. „So gut das eben geht, wenn man Herzprobleme hat“, lacht ihre 70-jährige Tochter Heide Nixdorff, die ihre Mutter unterstützt. Immer wieder merke sie aber, dass ihre Mutter in ihrem Atelier am glücklichsten ist. „Wenn sie malt, vergisst sie oft sogar das Essen.“
Lange Jahre dürfte Doris Nixdorff aber nicht allzu viel Muße für die Kunst gehabt haben. 1941 fiel ihr Mann im Krieg, sie blieb 31-jährig als Witwe mit zwei kleinen Kindern zurück. Geheiratet habe sie nicht noch einmal, „dazu war gar keine Zeit“, erklärt Doris Nixdorff. „Es gab zwar immer wieder auch enge Freunde, sie hat aber ihre Freiheit sehr genossen, wollte sich nicht noch einmal ganz an jemanden binden“, ergänzt ihre Tochter Heide Nixdorff. Die junge Frau musste die Familie alleine durchbringen. Nach dem Krieg holte sie zunächst ihr Abitur nach und studierte Kunst und anthropsophische Pädagogik nach Rudolf Steiner an der Berliner Hochschule für Kunst und an der Freien Universität. Auch ihre beiden Kinder Peter und Heide schickt sie auf eine Westberliner Rudolf-Steiner-Schule.
In der DDR war das nicht gerne gesehen, bald zeichnete sich außerdem ab, dass die Grenzen geschlossen würden. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion flüchtete Doris Nixdorff im Januar 1952 mit ihren beiden Kindern in den Westen, den Berliner Stadtteil Lichterfelde. Erst 2002 kehrte sie nach Kleinmachnow zurück. Ernährt hat sie die Familie in diesen Jahren bis 1959 nur über verschiedene Stipendien, erst mit 49 Jahren trat sie als Lehrerin für Kunst, Geografie und Politische Weltkunde in den Schuldienst ein – in eben jene Waldorfschule, die auch ihre Kinder besucht hatten. Ein Jahr später machte ihre Tochter Heide dort das Abitur. „Als Lehrerin hat sie immer darauf geachtet, alle Kinder gleichermaßen zu fördern, Elitenbildung war ihr fremd“, erzählt Heide Nixdorff.
Wann ihre Mutter Zeit zum Malen fand, kann sie nicht genau sagen. „Man hat das nicht so gemerkt.“ Lange Zeit habe sich ihre Mutter als Malerin gar nicht richtig ernst genommen. Erst mit ihrer Pensionierung fing Doris Nixdorff an, ihre Leidenschaft stärker zu verfolgen. Trotz der Erfahrung von zwei Weltkriegen taucht deren Grauen nur einmal auf – in dem Kreide-Pastell „Kruzifix“ von 1931. Nixdorffs Thema war immer die Natur und ihre Kräfte: Licht , Luft, Wasser und Erde. 1987, damals lebte sie im Schwarzwald, illustrierte sie die Märchen „Sterntaler“ und „Feuervogel“ für den Rudolf-Gering-Verlag. „In Märchen sind die großen Mysterien der Menschheit erhalten“, sagt Nixdorff und ihre wachen Augen blitzen dabei. Wörtlich nehmen dürfe man die alten Erzählungen natürlich nicht, vielmehr gehe es darum, sie zu entschlüsseln.
Zur Feier der Ausstellungseröffnung erzählte deshalb Mathias Hellmann das keltische Märchen über das Durchhalten von „Tam Lin“. „Meine Mutter hat auch die schwierigsten Situationen immer mit großer Gelassenheit durchgestanden“, so Heide Nixdorff. Sie ist überzeugt, dass vor allem die Theorien Rudolf Steiners eine Stütze für ihre Mutter waren und sind. Freunde holen sich bis heute Rat bei ihr, auch von ehemaligen Schüler bekommt sie Besuch. Heide Nixdorff: „Ich bin sicher, dass sie auch den Weg in jene innere Welt gelassen gehen wird.“
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