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Potsdam-Mittelmark: Mit kleinen Gesten die Welt erklären Gebärdensprach-Kurs für Eltern im Ekiz Werder

Werder (Havel) - Immer wenn es Lillemor zu dunkel war, hat sie ihre kleinen Hände gehoben und die Finger gespreizt. Es war eine verblüffende Beobachtung, die Anna-Kristina Mohos an ihrer Tochter gemacht hat: Das damals neun Monate alte Mädchen redete mit ihr – in Gebärden.

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Werder (Havel) - Immer wenn es Lillemor zu dunkel war, hat sie ihre kleinen Hände gehoben und die Finger gespreizt. Es war eine verblüffende Beobachtung, die Anna-Kristina Mohos an ihrer Tochter gemacht hat: Das damals neun Monate alte Mädchen redete mit ihr – in Gebärden. „Die deutsche Gebärde für Licht geht ganz ähnlich“, sagt die junge Mutter. Dabei hebt sie die Hand an die Stirn und spreizt mehrmals die Finger. Mohos ist Gebärdensprach-Dolmetscherin und ihre Tochter hat ihr gezeigt, dass sie ihre Kenntnisse auch zu Hause anwenden kann. „Hunger“, „Mehr davon!“, „Müde“ – der Wortschatz eines Kleinkindes kann bis zu 80 Zeichen betragen, sagt sie.

Die Potsdamerin hat sich belesen und Erfahrungen mit Berufskollegen ausgetauscht. Nun bietet sie im Werderaner Eltern-Kind-Zentrum einen Kurs in Baby-Gebärden an: Die „Wichtelhände“. „Für Kinder ist es schön, wenn sie sich mitteilen können und merken, dass sie verstanden werden“, sagt Jessica. Sie ist eine von vier Müttern, die an dem siebenwöchigen Kurs teilnehmen wollen. Auf ihrem Schoß sitzt Tamia. Das Kleinkind blickt interessiert in die Runde und geht auf Tuchfühlung mit den anderen Knirpsen. Die sind in der entspannten Atmosphäre im Ekiz ebenfalls alles andere als eingeschüchtert, sondern eher neugierig. Es wird gespielt, gerasselt und gekrabbelt.

Schon ab einem Alter von sechs Monaten können Kinder Zusammenhänge erschließen, sagt Anna Mohos. Aber Kehlkopf und Stimmbänder sind erst ab circa anderthalb Jahren soweit entwickelt, dass sie tatsächlich Worte bilden können. Mit Gebärden können sich Eltern früher mit ihrem Nachwuchs verständigen, erläutert sie. Das reicht dann vom Augenreiben (Ich bin müde) bis hin zur Hand an den Mund (Ich habe Hunger). Und da sich die Gebärdensprache im Laufe der menschlichen Evolution erst entwickelt hat, ähneln sich die kindlichen und die offiziellen Zeichen.

Die ersten lernen die jungen Mütter mit einem Lied. „Guten Morgen, Frau Sonne“, singt Anna Mohos vor und zeigt dazu gleich die passenden Gebärden. Für „Haus“ bilden die Hände ein Dach, für „Spatz“ geht die rechte zum Mund und bildet einen Schnabel. Die Kursteilnehmerinnen machen es nach, während die Knirpse vergnügt quietschen oder staunen – und dabei aufmerksam beobachten.

Die Gebärden sollen die Mütter einstreuen, wenn sie mit dem Kind reden und ein bestimmtes Wort dabei fällt. „Ihr sollt nicht üben“, sagt die Dolmetscherin. Denn es gehe nicht um Frühförderung, sondern um die Möglichkeit, sich zu verständigen. Doch Studien würden belegen, dass Kinder, die mit Gebärden aufwachsen, auch früher mit dem Sprechen anfangen. Sie können sich Worte leichter merken, wenn sie die Zeichen schon kennen. Und für die „Wichtelhände“ kommen ständig neue hinzu. Thomas Lähns

Mehr Informationen unter Tel. (0331) 73 04 510 oder auf www.wichtelhaende.de

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